MISS MAY I

Bei der US-Band aus Ohio geht es textlich düster und emotional zu. Der Nachfolger des 2017er Albums „Shadows Inside“ heißt vielsagend „Curse Of Existence“. An ihrem markanten, lebendig inszenierten MetalCore-Stil halten MISS MAY I dabei natürlich fest.

„Der Titel spiegelt genau das wider, was „Curse Of Existence“ vorgibt und beschäftigt sich mit dem Fluch, den unsere bloße Existenz mit sich bringt“, bestätigt Frontmann Levi Benton. „Das ist nicht per se etwas Negatives und umfasst vom Konzept her die gesamte menschliche Existenz. Das meint also das Gute und das Schlechte, die Höhen und die Tiefen, das Leid und die Freude. Alles, was uns im Leben widerfährt, hat seinen Preis und ist als Lektion auszulegen. Diese Überlegungen und noch mehr haben wir in das neue Album gesteckt. Es erzählt von den Lektionen, die wir im Laufe unserer Leben absolviert haben. Erst sie sind es gewesen, die uns geformt und an die tiefsten Tiefen und höchsten Höhen unserer Leben gebracht haben. „Curse Of Existence“ ist aber natürlich auch eine Reaktion auf das, was wir alle durchgemacht haben, seit die Welt zum Stillstand kam. Die Corona-Erfahrung hat viele, eigentlich geschützte Emotionen ans Licht gebracht, so dass wir sie nun thematisieren und verarbeiten können.“

Die 2007 gegründete Gruppe ist dafür bekannt, sich niemals zu schonen oder zurück zu nehmen. Das galt schon für das 2009er Debüt „Apologies Are For The Weak“ und besitzt auch für den siebten Longplayer des Quintetts Gültigkeit. MISS I MAY verarbeiten mit „Curse Of Existence“ aber nicht allein die schwierige Zeit der Corona-Pandemie. Erst der daraus resultierende Freiraum hat es der Gruppe aus Troy ermöglicht, ihren Sound weiter zu entwickeln und nach all der Zeit nochmals zu schärfen: „Die Erfahrungen der Pandemie sind sicherlich der Ausgangspunkt gewesen und haben die Aggression ins Songwriting gebracht“, überlegt der Frontmann. „Schon allein deshalb, weil wir nicht wussten, wie lange das alles andauern würde. Die Zeit, die wir gewonnen haben, haben wir dazu genutzt, unsere Emotionen zuzulassen und zu schauen, was sie mit uns machen.“

Musikalisch bekommt man es wiederum mit dem Wechsel harter Strophen und zugänglicher, clean besungener Refrains zu, wobei die Gesamtanmutung dringlicher und heftiger ausfällt. Der Kreis zum konzeptionellen Ansatz von „Curse Of Existence“ und den Lektionen des Lebens schließt sich dabei wie folgt: „Wir versuchen, das andere Ende der Reise des Lebens zu sehen“, erklärt Levi Benton. „Doch natürlich erinnere und beziehe ich mich immer wieder an beziehungsweise auf meine Vergangenheit. Weil unsere Band schon so lange besteht und wir bereits etliche Platten geschrieben haben, verstehe ich jedes Album als Spiegel dessen, wer ich zu einer bestimmten Zeit gewesen bin und was mich interessiert und bewegt hat. Es hat für mich etwas Meditatives, von Zeit zu Zeit zurückzublicken und zu reflektieren. Erst das führt mir vor Augen, wie weit ich persönlich und wir als Band gekommen sind.“

Die besondere Beziehung der Musiker zueinander und ihr gemeinsamer Erfahrungsschatz wirken sich im kreativen Bereich positiv aus und sind die Grundlage der mutigen, kreativen Musikalität von MISS MAY I: „Was mir an unserer Band besonders zusagt und für mich den Schlüssel zu unserer Langlebigkeit darstellt, ist das familiäre Miteinander, das wir uns bis heute bewahrt haben“, zeigt sich der Frontmann überzeugt. „Wir sind als Freunde zusammen aufgewachsen und Skateboard gefahren, haben unsere Führerscheine gemacht und unsere Abschlüsse gefeiert. Wir kennen die Partner der anderen und haben alle Hochzeiten gemeinsam gefeiert. Irgendwann kamen dann auch Kinder dazu. All das haben wir zusammen erlebt – als Familie, die eng zusammensteht.“ Das vorab ausgekoppelte ,Bleed Together‘ etwa greift Eltern-Kind-Beziehungen auf:

„Dieser Song beschreibt die Verbindung, die Eltern zu ihren Kindern haben und greift zudem die Frage auf, wie weit man bereit ist, zu gehen, um für das eigene Kind da zu sein“, führt Levi Benton aus. „Es ist ein natürlicher Instinkt, sein Kind beschützen zu wollen. Für einige Eltern scheint das sogar noch immer etwas zu sein, das in ihren Leben gefehlt hat, bevor das erste Kind dann da ist. Dieser Song ist aus meiner Perspektive heraus getextet und eine emotionale Fortsetzung des Songs ,Hey Mister‘, der das Fehlen einer Vaterfigur im Leben eines Menschen beschreibt.“

Diese persönlichen und emotional gefärbten Erfahrungen und Gedanken werden mit einer variablen Mixtur aus melodischem Death Metal und spröden Thrash-Riffs umgesetzt, die mit einer Hardcore-Attitüde, Breakdowns und – selten ein wenig – Beatdown-Anmutung verbunden werden. Im Ergebnis steht mit „Curse Of Existence“ einmal mehr ein MetalCore-Album, dass man klar mit MISS MAY I assoziieren kann. Das Quintett aus Ohio spielt seine eingeführten Qualitäten aus und erfindet sich sogar ein Stück weit neu. Anteil daran trägt auch Produzent Will Putney (A Day To Remember, The Amity Affliction, Every Time I Die), der dem Zehn-Tracker einen zeitgemäßen, drückenden Sound verpasst hat.

www.missmayimusic.com