ALLEGAEON

Der technische Death Metal hat es ALLEGAEON angetan. Auf seinem fünften Album erreicht das Quintett aus Colorado eine Vehemenz und Brillanz, die aufhorchen lässt. „Apoptosis“ verbindet gehobenes Handwerk mit einem nachdrücklich wirkenden Hörgenuss. In jeder Beziehung ist von einem Werk zu sprechen, dass ebenso extrem wie verspielt und vorwärts gerichtet angelegt ist.

Anders, als erwartet, ist der Gruppe die Kreativarbeit trotz eingeführter Trademarks nicht leicht gefallen: „Es war eine absolut harte Zeit“, stellt Gitarrist Greg Burgess klar. „Mit dem neuen Album habe ich ordentlich zu kämpfen gehabt. Doch es scheint, dass mich gerade erst dieses Kämpfen in kreative Richtungen getrieben hat, die ich sonst wohl nicht versucht hätte. Unser anderer Gitarrist Michael Stancel hat kreativ großen Einfluss auf die Ausgestaltung von „Apoptosis“ genommen. Sein komplett eigener Song ist der beste, den er je geschrieben hat. Ich bin so stolz auf ihn. Michael ist in seinem Spiel und Schreiben so weit gekommen, seit er im Jahr 2013 zu uns gestoßen ist. Das ist wirklich erfreulich zu sehen.“ Auch daneben hat das Line-Up von ALLEGAEON in den letzten Jahren einige Veränderungen erlebt. Eine neue musikalische Identität hat sich nach Einschätzung von Greg, dem einzig verbliebenen Gründungsmitglied von 2008, aber nicht herausgebildet:

„Ich glaube nicht, dass eine neue Identität das richtige Wort ist“, so der Musiker. „Ich würde eher sagen, wir agieren heute konzentrierter. Als Ryan damals ging, nahm er seinen Schreibstil mit, also versuchte ich, in diesem Vakuum etwas von seinem Stil zu bewahren und in meinen zu integrieren. In etlichen Songs habe ich darauf abgestellt, den Geist seines Schreibens intakt zu halten. Doch da ich eine eigene Persönlichkeit bin und wir am Ende als Gruppe arbeiten, verwandelten sich die Stücke. Michael stieß als neuer Gitarrist erst sehr spät zum Schreibprozess von „Elements Of The Infinite“ dazu. Seine Arbeitsweise ist der meinen sehr ähnlich, so dass es dennoch eine fokussierte Platte wurde. Dann, als Riley 2015 als neuer Frontmann in den Mix kam und Michael eine volle Hälfte von „Proponent For Sentience“ übernommen hatte, wurde die Evolution unseres Sounds weiter verfeinert und wir konnten mehr experimentieren. „Apoptosis“ markiert nun das nächste Kapitel. Wir haben uns aber nicht hingesetzt und ein Ziel für diese Platte definiert. Letztlich versuchen wir stets, die bestmögliche Aufnahme zu einem Zeitpunkt umzusetzen. Wir sind schlicht darauf aus, in der jeweiligen Besetzung gute Musik zu schreiben.“

Entsprechend ist der Gitarrist vor allem auf der Suche nach einer Sache: „Wenn ich musiziere, will ich Spaß haben“, formuliert Greg. „Für jegliches Lernen und jede Entwicklung ist es von größter Bedeutung ist, dass man es bereitwillig tut und dass man Spaß hat. Wenn sich Menschen intensiv mit uns beschäftigen und etwas vom Hören unserer Songs für sich mitnehmen, ist das für mich unglaublich. ALLEGAEON ist sowohl meine Leidenschaft als auch meine Karriere. Ich liebe es, genau das zu tun – selbst nach sechs Wochen, in denen ich in einem Van ohne zu duschen kurzzeitig unglücklich und pleite bin. Doch ich liebe es wirklich. Die Chance, meiner größten Leidenschaft zu frönen und damit Leute zu erreichen, bedeutet mir alles.“ Da Ausgangslage und Einstellung stimmen, kann sich der Gitarrist austoben. Das fünfte Album der Gruppe aus Colorado profitiert aber auch von seinen Individualisten, die sich mehr trauen:

„Für mich klingt „Apoptosis“ klar nach ALLEGAEON, auch wenn wir Kleinigkeiten verändert haben“, so der Kreativkopf. „Ich weiß, dass Riley auf „Proponent For Sentience“ versucht hat, gesanglich einen Mittelweg zu finden, damit die Leute nach dem Ausstieg von Ezra Haynes nicht verärgert wurden. Jetzt, da wir gemeinsam viel getourt sind, wissen die Leute, dass er als Frontmann perfekt zu uns passt. Also hat er sich auf dem neuen Album so ausgelebt, wie es seinem Naturell entspricht. Nach dem Einstieg von Booboo Money, damit meine ich Brandon Michael, haben wir versucht, ihn möglichst oft glänzen zu lassen, weil er ein unglaublicher Bassist ist. Das hat zur Folge, dass der Bass vielen Leuten besonders auffällt.“

Obwohl die Metal Blade-Formation regelmäßig prominente Tour-Slots besetzt – im Februar ist die Gruppe etwa neben OBSCURA, FALLUJAH und FIRST FRAGEMENT als Teil der „Diluvium Europa Tour 2019“ zu sehen gewesen – sind ALLEGAEON nach wie vor ein Geheimtipp. Greg nimmt es sportlich: „Ob die Leute den Kern unseres Ansatzes durchschauen, ist wirklich schwer zu sagen. Zumindest denke ich nicht, dass wir so akzeptiert sind, wie wir es sein sollten, aber das könnte ein gemeinsamer Gedanke der meisten Bands sein, die nur leidlich erfolgreich sind. An welchem Punkt hörst du auf, dir Sorgen darüber zu machen, wie groß du bist, und genießt einfach, was du in deiner eigenen Musik getan bzw. mit ihr erreicht hast? Ich will irgendwann auf dieser Seite sein, denn die andere ist frustrierend und deprimierend.“ Mit „Apoptosis“ hat das Quintett alle Argumente auf seiner Seite. Den Wettbewerb scheut es ohnehin nicht: „Von anderen Bands lasse ich mich nicht einschüchtern“, so der Gitarrist. „ALLEGAEON mache ich nun schon seit über einem Jahrzehnt. Alles, was wir bisher erreicht haben, ist das Ergebnis unserer eigenen Leistung und darauf bin ich stolz. Wir gehen in die Welt hinaus und geben das Beste, was uns möglich ist. Das tun aber wohl alle Bands.“

Mit Blick auf das fünfte Album hebt der Musiker nochmals den Wert der wieder festen Besetzung hervor, aber auch den Vorteil guter Planung: „Als Band sind wir zusammen gewachsen. Das hilft sehr, denn so ist es einfacher, miteinander zu kommunizieren, Ideen auszutauschen und diese zu entwickeln. Ich bin mir nicht sicher, ob alles schon völlig stimmig ist, doch wir arbeiten mehr denn je als eine Einheit. Das ist natürlich auch eine Folge des Tourens, wo wir uns gut kennen gelernt haben. Was das Songwriting anbelangt, ist dieser Umstand für mich weniger von Bedeutung. Hier kommt es eher auf das Drumherum an, das optimal sein muss. Bei den letzten Alben fehlte am Ende immer Zeit, weshalb wir überstürzt fertig werden mussten. Ist man am Ende mit dem Ergebnis zufrieden, ist das nicht so schlimm. Allerdings war es stressiger, als es hätte sein müssen.“

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