Mit „Overpower“ erscheint ein Album, das eine nahezu perfekt inszenierte Balance aus Härte und Zugänglichkeit transportiert. Die Gelsenkirchener ANY GIVEN DAY spielen auf ihrem Drittwerk sowohl die Erfahrungen von zahllosen Konzerten aus als auch ihr untrügliches Gespür für wirkungsstarke Songs aus.
„Auf jeden Fall sind wir extrem stolz auf unser neues Album“, bestätigt Gitarrist Andy Posdziech. „Es war ein langer Entstehungsprozess. Wir können es kaum erwarten, „Overpower“ endlich auf die Menschheit loszulassen.“ Eine wesentliche Stärke, von der die Band seit nunmehr sieben Jahren profitiert, ist die Geschlossenheit der Musiker: „In allererster Linie ist es die Freundschaft untereinander, die uns verbindet und das Fundament von ANY GIVEN DAY darstellt“, so Andy. „Wir kennen uns alle schon ewig und haben zusammen viel erlebt und durchgemacht. Wir sind fünf Kumpels, die das lieben, was sie tun, und gemeinsam ihren Traum leben dürfen.“ …und daraus zieht die Gruppe aus dem Ruhrpott ihre Motivation. Erfolge und Aufmerksamkeit nehmen die Musiker nicht für selbstverständlich und bleiben daher gelassen: „Wir stehen alle mitten im Leben und sind neben der Band alle berufstätig“, gibt der Gitarrist zu bedenken. „Das erdet ungemein und lässt einen seinen Fokus nicht verlieren. Wir wissen, wo wir herkommen und wohin wir wollen, ohne uns zu überschlagen.“
Im musikalischen Bereich wirkt es bisweilen aber schon so, als würden ANY GIVEN DAY die große Bühne zu schätzen wissen, denn sie gehen selbstbewusst nach vorne. Gerade, wenn man sich den Einsatz der stark poppigen Stil-Elemente und Zuspitzungen anschaut, bei denen die Musiker keine Berührungsängste zu kennen scheinen: „Es war ein ganz natürlicher Entstehungsprozess“, relativiert Andy. „Wir haben diese Elemente eigentlich schon immer in unserer Musik genutzt. Wir machen gerne harte Musik, die aber nicht zu vertrackt sein muss – starke Refrains mit tragenden Melodien. Ein Song muss sich für uns einfach gut anfühlen.“ Das führt zurück zur geerdeten Grundhaltung des Quintetts: „Wir machen einfach die Musik, die uns Spaß macht, und müssen niemandem irgendetwas beweisen. Wir stehen zu 100 Prozent zu dem, was wir tun, und stellen uns selbstbewusst allem, was kommt.“ Interessant ist, dass „Overpower“ trotz seiner offenkundigen Zugänglichkeit doch etwas Zeit braucht, um voll erfasst und verstanden zu werden. Ein Plan steckt dem Gitarristen zufolge nicht dahinter:
„Wir machen uns um so etwas im Voraus eigentlich gar keine Gedanken. Die Details in den Songs entstehen zufällig und auch meist erst ganz am Schluss. Im ersten Moment sind die Songs sehr zugänglich geschrieben, das stimmt. Zusätzlich möchten wir dem Hörer aber auch ein gewisses Hörerlebnis bieten. Hier und da wird man einige Instrumente tatsächlich erst später wirklich raushören und wahrnehmen. Das sind am Ende die Elemente, die den Song bzw. die Songs rund machen.“ Das korrespondiert mit den Ansprüchen, die ANY GIVEN DAY an ihre Arbeit richten: „Ich finde, eine Platte muss immer eine Eigenständigkeit aufweisen“, äußert der Gitarrist. „Als Musiker ist man in der Entstehungsphase komplett in seiner Arbeit gefangen. Man steckt viel Zeit, Energie und Herzblut rein und das sollte sich am Ende immer bemerkbar machen. Der Hörer wird immer checken, wie viel Mühe hinter dem Ganzen steckt.“
Das immense Eingängigkeitspotenzial im Spiel der Gelsenkirchener und die auf den Alben gebotene Variabilität sind aber nicht allein auf diese Erwägungen zurück zu führen: „Es kommt eigentlich immer drauf an, wie unsere Songs entstehen und welche Themen wir in unseren Lyrics ansprechen“, klärt der Musiker auf. „Wir lassen uns ausgehend davon leiten und entscheiden, was dann letztendlich passt. Das macht mega viel Spaß, und vor allem können wir mit unserem Sänger Dennis die Kontraste auch in höchster Qualität verwirklichen.“ Mit weniger als einem Maximum geben sich ANY GIVEN DAY dabei nicht zufrieden:
„Die Ansprüche haben sich definitiv verändert“, bestätigt Andy. „Wir investieren viel mehr Zeit in die Songs und ändern einzelne Parts oft so lange, bis wir 110 Prozent zufrieden damit sind. Entweder hat der Song ein gutes Gerüst und man arbeitet solange daran, bis alles perfekt passt. Oder es gibt Songs, bei denen man von Anfang an merkt, dass sie nicht stark genug sind und uns nicht wirklich berühren. Meistens werden diese dann auch schnell verworfen.“ Die stilistische Bandbreite, die man auf „Overpower“ vorfindet, ist einer simplen Tatsache geschuldet: „Wir lieben die Musik und das Musikmachen!“, bekräftigt der Gitarrist. „Wir sind und bleiben im Herzen immer eine Metal-Band. Trotzdem haben wir Bock auf eine Reise durch die Musik, mit der wir aufgewachsen sind und die uns musikalisch beeinflusst hat. Wir machen das, worauf wir als Band Lust haben, und wollen uns nicht selbst limitieren.“
Das ist umso wichtiger, weil das Quintett am Ende auf seinen Konzerten begeistern will: „Beim Songwriting denkt man schon sehr oft an die Live-Situation. Schließlich möchte man damit ja auch live überzeugen und auf der Bühne Spaß haben. Live kommt natürlich auch nochmal eine ganze Menge mehr an Show-Details dazu, wie zum Beispiel eine geeignete Licht-Show oder Parts, in denen Leute durch Klatschen, Wall-of-Death oder Circle Pin interagieren können. Wir freuen uns immer sehr darüber, wenn die Leute bei so etwas mitmachen und ihren Spaß haben!“