BAHNHOF MOTTE – Zeit fressen

Georg Fleischfresser übernimmt bei BAHNHOF MOTTE nicht nur die Rolle des Sängers, sondern prägt den Sound des Dresdner Quartetts ebenso durch Synthesizer und Saxophon. Was von ihm zu hören ist, bewegt sich selten im klassischen Gesang: Mal ist es Spoken Word, mal ein hybrides Zwischenstadium, das sich bewusst jeder klaren Kategorie entzieht. Diese Haltung zwischen den Stühlen ist kein Zufall, sondern Programm – auch musikalisch. Die Band selbst bezeichnet ihren Stil als Art-Punk. Dahinter verbirgt sich ein Ansatz, der vor allem auf Experiment, Konzept und intellektuelle Verdichtung setzt. Eingängigkeit oder Identifikation mit dem Hörer sind dabei erklärtermaßen Nebensache. Das Ergebnis: ein Album, das sich sperrig gibt und dessen Wirkung nicht auf unmittelbares Gefallen zielt. „Zeit fressen“ besteht aus acht Stücken, von denen sechs die Fünf-Minuten-Marke überschreiten. Doch die Länge ist nicht das eigentliche Problem. Vielmehr liegt die Herausforderung darin, dass BAHNHOF MOTTE unbedingt „anders“ sein will und dabei den Anspruch erhebt, künstlerisch wertvoll aufzufallen. Wer auf nachvollziehbare Strukturen, melodische Zugänglichkeit oder emotionale Nähe hofft, wird hier kaum fündig. Das Saxophon klingt bewusst schräg, der Gesang bricht regelmäßig mit Konventionen. Diese Freigeistigkeit soll nicht kaschiert, sondern demonstrativ ausgestellt werden. Im Vergleich zu radikaleren Experimenten wirkt „Zeit fressen“ fast moderat. Es ist zumindest kein Exzess um des Exzesses willen, sondern ein kalkuliertes Art-Punk-Happening. Doch gerade darin liegt die Schwierigkeit: Warum sollte man diesem Album Zeit schenken? Eine überzeugende Antwort drängt sich nicht auf.

(Tonzonen/Cargo)