BLOODRED HOURGLASS

Veränderung als Chance. Im Line-Up von BLOODRED HOURGLASS hat sich einiges getan. Die Finnen nutzen diese Gelegenheit, um ihren düster gestimmten Heavy-Sound zwischen Modern und Death Metal noch variabler und breiter anzulegen. Zusammen mit dem persönlichen Rahmen von „Your Highness“, dessen Texte sich um vergebene Chancen im Leben und in der Liebe drehen, entwickelt sich ein intensives, organisches und aufwühlendes Album.

„Der große Unterschied ist eine direkte Folge der Besetzungswechsel“, zeigt sich Gitarrist Lauri überzeugt. „Mit Antti ist ein Gründungsmitglied und zugleich unserer früherer Hauptsongwriter zur Seite getreten. Joni und Eero stießen als neue Gitarristen hinzu. Die beiden haben direkt Stücke geschrieben. Auch unser Bassist Jose und ich begannen, mehr Songs zu schreiben. Das bedeutet, dass wir nun zu viert Musik machen. Anfangs haben wir befürchtet, dass das Album nicht kohärent klingen würde. Schnell haben wir aber gemerkt, dass alles gut zusammenpasst.“ Frontmann Jarkko ist in den Entstehungsprozess des fünften Werks von BLOODRED HOURGLASS ebenfalls früh einbezogen worden: „Zum ersten Mal war ich schon beim Komponieren des neuen Song-Materials involviert, vor allem, wenn es um die Strukturen ging“, freut sich der Sänger. „Deshalb hatte ich das Gefühl, mich in dieser neuen Situation noch mehr einbringen zu müssen und war wirklich froh, zu sehen, dass meine Ideen ankamen und aufgegriffen wurden. Vielleicht fühle ich mich den Songs deshalb viel näher als früher. Das hat den Weg geebnet. „Your Highness“ ist die persönlichste Platte, die wir je gemacht haben. Als wir gemeinsam arbeiteten, haben sich die Dinge einfach zusammengefügt. Das war fast schon beängstigend.“

Die frische Dynamik und Energie im Band-Gefüge wirken sich hörbar positiv aus und führen zu Neuerungen: „Auf diesem Album habe ich angefangen, clean zu singen“, stellt Jarkko heraus. „Das ist auch etwas, was man von uns noch nicht gehört hat. Dieses Mal gibt es in den Songs so viel Kontrast und Vielfalt, dass ich einfach nicht durchschreien konnte. Ich wollte schon lange clean singen, war mir aber nie im Klaren darüber, wie sich der Gesang einfügen würde. Ob man es nun mag oder nicht: ich finde es toll, wie es geworden ist und dass ich mich endlich getraut habe.“ Nicht nur darin äußert sich das verständnisvolle, den Songs folgende Agieren des finnischen Sextetts: „Schon vor einigen Jahren haben wir uns gesagt, dass wir reif genug sind, die Dinge einfacher zu halten“, verrät Gitarrist Lauri. „„Heal“ und „Godsend“ waren schon viel weniger technisch als noch „Where The Oceans Burn“. Dennoch war es unvermeidlich, dass sich auf dem neuen Album wieder einige knallharte Riffs finden. Es gibt technisch versiertere Musiker, aber ich denke, der Trick ist, zu erkennen, ob etwas gut klingt oder nicht. Wenn ein cooles Riff oder Schlagzeugmuster doch etwas braucht, was man noch nicht spielen kann, muss man sich eben hinsetzen und üben. Ich denke, wir klingen heute vielfältiger als jemals zuvor, ohne dabei die Grundlagen unseres Sounds verloren zu haben. Vielleicht bin ich zu nah dran, um es objektiv zu analysieren, aber für mich funktioniert die Mischung aus schönen Melodien, eingängigen Refrains, interessanten Riffs und Rhythmen mit der bereits erwähnten Aggression und Brutalität wunderbar. Ich nehme an, dass man in unserem Songwriting über die Platten hinweg eine Entwicklung hören kann. Das ist definitiv etwas, was wir anstreben. Es ist kein absoluter Wert für sich, dass es immer etwas super Spezielles oder Neues geben muss. Doch wenn man versucht, sich von Album zu Album zu steigern und zu übertreffen, gibt es hoffentlich eine Art von Progression.“

Dem ist so. Dass die Finnen aus Mikkeli die Breite ihrer Einflüsse selbstbewusst zulassen und in ihren Stücken bestmöglich zur Geltung bringen, ist das große Plus von „Your Highness“: „Mir war es wichtig, dass wir wirkliche Abwechslung entwickeln“, gibt Frontmann Jarkko zu Protokoll. „Es wäre nicht wirklich inspirierend gewesen, genau den gleichen Sound abzuliefern, den man von unseren vorherigen Platten kennt. Egal, wie gut das funktioniert hat oder wie sehr die Leute das wollen. Für mich sind wir jetzt sehr nah daran, die BLOODRED HOURGLASS zu sein, nach denen ich diese Band immer klingen lassen wollte. Wenn man buchstäblich sein Herz und seine Seele für das ausschüttet, was man tut, ist das für mich das Einzige sein, was am Ende zählt.“ Hier spielt auch das Konzept der Lyrics des fünften Longplayers mit hinein:

„Textlich ist es das bei weitem persönlichste Album“, so der Sänger. „Es ist eine introspektive Reise durch Verlust, vergebene Lebenschancen und verlorene Liebe – alles gekrönt von Traurigkeit. Für diese Platte bin ich tief in meine Vergangenheit eingetaucht. Unterbewusst wollte ich wohl eine Art Abschluss für all das erreichen. Unser Schlagzeuger Jarkko, der ebenfalls einige Texte geschrieben hat, fühlte sich ähnlich. Es ist weder etwas Spektakuläres noch Traumatisches, sondern sind die Höhen und Tiefen, denen wir im Leben alle begegnen. Ich habe versucht, einen Teil des Materials so zu schreiben, dass die Leute sich damit identifizieren können. Und die Texte, die man nicht zwingend versteht, sind diejenigen, die mir am Wichtigsten sind. Die Entstehung des Albums war für mich eine riesige mentale Spielwiese inmitten der Pandemie, in der alles so richtig im Arsch war. Ich führe kein Tagebuch, doch es fühlt sich für mich dennoch so an, als sei die letzte Seite geschrieben. Nun ist das Buch geschlossen. Bis wir uns wiedersehen.“

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