Mit „Bastard Hymns“ liefern EXCIDE ein Album ab, das seinem Titel alle Ehre macht: zwölf kompromisslose Hymnen, die rohe Energie, Wut und Groove in sich vereinen. Die Band aus Columbia, South Carolina hat sich seit ihrer Gründung 2020 hörbar weiterentwickelt und präsentiert auf ihrem Zweitwerk einen Sound, der eigenständig, dynamisch und emotional
aufgeladen ist. Zwischen Hardcore, Post-Hardcore, Grunge und Alternative-Rock gelingt dem Quintett eine kraftvolle Synthese, die nicht nur zündet, sondern auch Tiefe und Substanz zeigt.
Frontmann Tyler Washington beschreibt die emotionale und klangliche Ausrichtung des Albums als eine bewusste Suche: „In beiden Bereichen gibt es Spannungen, die noch effektiver sind als zuvor. Wir versuchen aktiv, Songs zu schreiben, die uns herausfordern. Wie können wir sie heavy und gleichzeitig melodisch gestalten? Wie können wir Dur-Tonarten einbauen und trotzdem die Wut der Texte vermitteln? Die Harmonie zwischen zwei Extremen zu finden, melodisch oder thematisch,
scheint der Punkt zu sein, an dem wir unsere besten Ideen haben.“ Auch der Entstehungsprozess war von unerwarteten Wendungen geprägt, etwa durch Waldbrände, die die Zusammenarbeit mit Produzent Austin Coupe beeinflussten:
„Wir wollten uns in Kalifornien treffen, um das Album fertigzustellen, aber wegen der Evakuierungen haben wir Austin zu uns fliegen lassen“, erzählt der Sänger. „Die ungewisse Lage gab uns mehr Zeit zum Experimentieren und Verfeinern. Am Ende hatten wir sogar mehr Songs als geplant und haben das Beste aus einer schlechten Situation gemacht.“ Der Blick zurück auf „Deliberate Revolver“ zeigt, wie wichtig dieser erste Schritt für die Band war: „Das Debüt-Album war wie ein Juckreiz, der gestillt werden musste“, zeigt sich Tyler überzeugt. „Wir haben einfach ein Album geschrieben, das aus der Zeit gefallen ist und es ganz bewusst und egoistisch so gestaltet, dass es zu all meinen Lieblingsalben des Post-Hardcore der 90er Jahre passt. Nachdem wir das erreicht haben, können wir von hier aus überall hingehen.“ Die musikalische Textur von „Bastard Hymns“ lebt von der individuellen Handschrift der Band-Mitglieder. „Jake (Bass), Gage (Gitarre) und ich teilen die Liebe zur rohen Energie der 90er-Hardcore-Alben“, verrät der Frontmann. „Gill (Gitarre) und Caleb (Schlagzeug) haben unserer
Musik eine neue Dimension verliehen. Besonders Fuzz-Gitarren haben uns dieses Mal begeistert. Viele unserer größten Momente sind damit unterlegt. Caleb bringt Grooves auf ein neues Level, setzt Becken auf Offbeats und fügt Akzente hinzu, auf die ich nie gekommen wäre.“
Bei der Auswahl und Weiterentwicklung ihrer Einflüsse geht die Band strategisch vor: „Dieses Mal haben wir mehr auf den Gesang geachtet“, freut sich Tyler. „Was ihm am meisten Raum lässt, entscheidet oft, was bleibt. Ich stelle mir das wie ein imaginäres Venn-Diagramm vor. Man muss über offensichtliche Anspielungen hinausgehen und die subtilen Gemeinsamkeiten finden. Manchmal hilft auch Recherche: Welche Band ist die Lieblingsband meiner Lieblingsband? Die Verbindungen überraschen oft.“ Ein zentraler kreativer Partner war Produzent Austin Coupe, der u.a. mit The Devil Wears Prada und Citizen gearbeitet hat: „Austin war großartig“, so der Musiker. „Anfangs dachte ich, wir brauchen jemanden, der unsere Ideen strafft, aber er hat sich unserer Energie angepasst. Keine Idee war zu groß oder zu verrückt. Er hat es geschafft, ein ordentliches und ausgefeiltes Produkt zu formen, ohne unser kreatives Element zu kompromittieren.“ Der Album-Titel „Bastard Hymns“ ist tief in Tylers Biografie verwurzelt: „Ich bin in einer kleinen Stadt im Süden aufgewachsen, umgeben von religiösen Familien, aber ohne Vaterfigur. Die Texte sind voller Ironie, verwenden Euphemismen aus dem Bible Belt und kritisieren gleichzeitig den Lebensstil der
Kleinstadt. Ich habe diese Ironie genutzt, um ein verdorbenes, südliches Gothic-Motiv zu zeichnen – „Bastard Hymns“.“
EXCIDE sind dabei mehr als nur eine Band mit einem markanten Sound – sie verstehen sich auch als Haltung, als kollektive Energie, die sich bewusst gegen äußere Erwartungen stellt. Auf die Frage, wie sie sich selbst definieren, antwortet der Frontmann mit entwaffnender Klarheit: „Unbeeindruckt und unerschütterlich – nicht beeinflusst von Trends, Zeit oder Wahrnehmung. Wir sind einfach fünf Typen, die Spaß haben und tun, was sie wollen. Ihr müsst es nicht lieben, denn wir tun es.“ Diese kompromisslose Haltung spiegelt sich nicht nur in der Musik wider, sondern auch in der Botschaft, die EXCIDE vermitteln wollen. Es geht ihnen nicht nur um Klang, sondern auch um die emotionale und intellektuelle Wirkung: „Mein größter Wunsch ist immer, dass jemand hört, was wir machen, und sich entscheidet, in seiner eigenen Kunst mehr kreative Risiken einzugehen“, formuliert der Frontmann. „Oder dass es meine weniger künstlerisch engagierten Freunde dazu inspiriert, beim Musikhören über den Tellerrand hinauszuschauen. Wenn wir diesen Effekt erzielen können, habe ich das Gefühl, dass wir unsere Freude an der Produktion dieses Albums mit allen teilen. Schätzt den Prozess, verliert euch darin. Entdeckt neue Gefühle und Klänge. Und lasst euch nicht von äußeren Einflüssen ablenken.“
