„Merciless Destruction“ folgt auf „Infinite Punishment“. Die Titel der Alben von GET THE SHOT haben es in sich, sind aber stets ein guter Spiegel der brutalen Musikalität und schonungslosen Texte der Kanadier. Die Gruppe aus Québec setzt weiterhin auf tough und aggressiv adressierte Songs zwischen Hardcore, MetalCore, Beatdown und Thrash Metal.
„GET THE SHOT haben sich seit 2009 in derselben Besetzung über alle Alben weiterentwickelt“, ordnet Bassist Dan auf die langwährende Historie der Band bei personeller Konstanz angesprochen ein. „Offensichtlich haben wir uns als Gruppe, aber auch als Individuen verändert. Dennoch sind alle Werte, die zur Gründung der Gruppe beigetragen haben, auch heute noch relevant. Im Laufe der Jahre gab es auf unserem Weg immer wieder Herausforderungen und Hindernisse, aber irgendwie haben wir immer einen Weg gefunden, sie zu überwinden. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich Bands in der Hardcore-Szene nach ein paar Jahren wieder auflösen. Ich bin davon überzeugt, dass wir auch dank unserer gemeinsamen Werte, unserer Freundschaft und des gegenseitigen Respekts, der innerhalb des Kollektivs herrscht, noch beisammen und aktiv sind. Bei künstlerischen Differenzen finden wir immer schnell eine gemeinsame Basis.“
Mit seiner Aufstellung zwischen Hardcore und Metal hat das Quintett auch andere zusammengebracht. Für den Bassisten ist dabei klar: „GET THE SHOT war schon immer eine Hardcore-Band und wird es auch immer bleiben. Ich glaube, dass wir aufgrund unserer tief verankerten Wurzeln auch immer als solche wahrgenommen werden. Obwohl wir uns auch stark von diversen Metal-Bands inspirieren lassen, wissen wir, dass die Hardcore-Szene unsere Heimat ist, dass wir dort hingehören. Diejenigen, die vor mehr als zehn Jahren bei unseren frühen Shows waren, werden vielleicht eine gewisse Nostalgie für eine vergangene Ära haben. Doch ich glaube, die Mehrheit unserer Fans folgt uns in unserer Entwicklung.“ Die Kanadier mit ihrem kompatiblen Crossover-Sound nehmen die Dinge, wie sie kommen:
„Es ist nicht ungewöhnlich, dass man Tour-Pakete mit Bands aus verschiedenen Bereichen des Heavy-Spektrums sieht“, führt Dan an. „Wir für unseren Teil haben schon immer etwas komplexere Riffs mit einem dynamischen Rhythmus bevorzugt. Obwohl wir uns auf Tourneen mit Hardcore- und Beatdown-Bands der alten Schule immer wohl gefühlt haben, denke ich, dass wir auch gut in ein traditionelleres MetalCore-Line-up passen würden. Wenn ich nur eine aktuelle Band anführen müsste, zu der wir gut passen, möchte ich MALEVOLENCE nennen. Die sind in Sachen Riffs ebenfalls ganz vorne mit dabei.“ Nach aktuellen Alben aus dem Feld zwischen Metal und Hardcore befragt, die GET THE SHOT beeindrucken, antwortet der Musiker: „Wir alle sind uns einig, dass „Malicious Intent“ von MALEVOLENCE mit auf der Liste steht. Ich möchte zudem „Menace“ von NASTY hervorheben, das während der Pandemie veröffentlicht wurde und kann es kaum erwarten, das neue Material von ihnen zu hören. Ganz klar gilt es auch PALEFACE als eine der derzeit härtesten Bands zu nennen und natürlich KNOCKED LOOSE, die dem Genre so viele Türen geöffnet haben.“
Das Quintett aus Québec fällt ebenfalls in diese Kategorie und wird mit „Merciless Destruction“ wiederum für Furore sorgen: „Wir verfolgen das Ziel, kein Album zwei Mal zu machen“, stellt der Bassist klar. „Außerdem vergleichen wir nie das, was wir machen, mit dem, was wir schon getan haben. Wir ziehen es vor, nach vorne zu schauen, ohne uns unter Druck zu setzen. Obwohl die Songs mit dem Wunsch entstehen, sie live explodieren zu sehen, machen wir keine Musik für jemand anderen als uns selbst. Während der Entstehung eines Albums experimentieren wir viel. Es ist nicht ungewöhnlich, dass es mehrere Versionen eines Songs gibt, bevor er seine endgültige Form findet. Unser Frontmann JP ist die treibende Kraft hinter den Strukturen. Wäre er nicht gewesen, würde „Merciless Destruction“ wohl weniger gelungen, kohärent und interessant klingen. Er zwingt uns, neue Wege zu gehen, und weiß, wohin er will. Unser Wunsch war es, so heavy wie möglich zu sein. Wir wussten, dass wir in der Lage sind, schnell zu spielen, aber wir wollten sehen, was wir zu bieten haben, wenn wir einige Tempi verlangsamen und tiefer stimmen. Es gibt mehr Struktur und Dynamik. Das führe ich auf die Beatdown-Einflüsse zurück. Nachdem wir fast zwei Jahre lang mit NASTY auf Tour waren, müssen wir zugeben, dass sie uns irgendwie inspiriert haben. Ich erinnere mich auch an eine Aftershow in Deutschland, wo der letzte Breakdown von MACHINE HEAD‘s ,Davidian‘ gespielt wurde und ich sofort das Gefühl hatte, dass GET THE SHOT genau in diese Richtung gehen müssen. Im Gegensatz zu früheren Alben, bei denen wir ein organischeres Ergebnis anstrebten, haben wir von Anfang an festgelegt, dass wir dieses Mal die größtmögliche Produktion wollen.“
Die Kanadier holen auch in ihren Texten groß aus: „Um JPs Worte zu paraphrasieren: dieses Album ist eine ursprüngliche Hymne für die desillusionierte Jugend, die in einer Gesellschaft gefangen ist, die auf Unterdrückung und Ungerechtigkeit aufgebaut ist“, fasst Dan zusammen. „Es ist eine primitive Antwort auf jahrelang aufgestauten Hass und Wut auf die niedrigsten Formen der Menschheit, die unseren Weg kreuzen. Der deutsche Philosoph Theodor Adorno fragte einmal, ob es möglich sei, in einem schlechten ein gutes Leben zu führen. Darauf antworten wir aus einem pessimistischen Blickwinkel. In dieser hoffnungslosen Welt ist jeden Tag Gewalt angesagt. In diesem permanenten Kriegszustand haben wir keine andere Wahl, als uns dem totalen Widerstand anzuschließen, auch wenn wir wissen, dass der Tod der einzige Ausweg aus diesem Chaos ist. Das Album ist nichts anderes als ein kathartischer Versuch, dieser Wut einen Sinn zu geben und sie in eine sich selbst erhebende Kraft zu verwandeln, anstatt in dekadente Schwäche.“