Der Titel des fünften Albums knüpft unmittelbar an den aktuellen Zeitgeist an. Er geht dem Vernehmen nach auf die Aussage eines Polizisten zurück, der nach einem Unfall mit einem Tesla-Wagen, dessen Autopilot versagte, bemerkte: „No One Was Driving The Car“. Schon dieser Satz ist Sinnbild für die zentrale Thematik des Albums – das Spannungsfeld zwischen technologischem Fortschritt und menschlichem Empfinden, zwischen Maschinenlogik und der Fragilität des Lebens. Ein großer Teil der Texte kreist um diese Wechselwirkung, doch daneben geht es ebenso um Orientierung, Suche und das ständige Hinterfragen von Gewissheiten. LA DISPUTE treten dabei wie gewohnt kompromisslos und gefühlsecht auf. Ihre rohe Direktheit fordert den Hörer heraus und verlangt, dass man sich voll und ganz auf sie einlässt. Nicht jede Stimmung ist dafür geeignet. Der Trademark-Spoken-Word-Stil von Frontmann Jordan Dreyer ist mehr als ein Markenzeichen: Er ist ein literarisches Werkzeug, das Konzentration und Aufmerksamkeit einfordert, weil jede Nuance, jede Betonung Bedeutung trägt. Seit ihrer Gründung 2004 in Grand Rapids, Michigan verweigert sich die Band konsequent dem einfachen Weg. Wer bei LA DISPUTE nach gefälliger Unterhaltung oder „schönen Sounds“ sucht, wird enttäuscht. Stattdessen erschaffen sie einen intensiven Mix aus Post-Hardcore, Emo, Punk, Indie-Prog und Spoken-Word, der bewusst aneckt und fordert. Ihre Musik stößt mitunter sauer auf, weil sie unbequeme Wahrheiten ausspricht und Emotionen freilegt, die man sich nicht immer bereitwillig eingesteht. Nach einer sechsjährigen Album-Pause melden sich LA DISPUTE nun mit „No One Was Driving The Car“ zurück und präsentieren sich relevanter und treffsicherer, als hätte es die Unterbrechung nie gegeben. Das Album ist geprägt von starkem Storytelling, das sich wie ein roter Faden durch die Stücke zieht, und von einer bewusst reduzierten Instrumentierung, die den Texten Raum gibt und ihre Wirkung verstärkt. „No One Was Driving The Car“ ist kein Werk, das man beiläufig konsumiert. Es packt den Hörer auf der Gefühlsebene sofort und lässt ihn nicht mehr los. Gerade in seiner Unbequemlichkeit liegt die Kraft dieses Albums: Es zwingt zur Auseinandersetzung, es fordert Aufmerksamkeit, und es belohnt mit einer Intensität, die im heutigen Musikbetrieb selten geworden ist. Große Gefühle und Gedanken!
(Epitaph)
