Natürlich bleibt es dabei: wo MISERY INDEX draufsteht, ist vor allem brachialer Death Metal drin. Um den Ansatz des Quartetts aus Baltimore, Maryland aber wirklich zu verstehen und zu durchdringen, muss man auch ihre Affinität für Grindcore und (Crust-)Punk sehen und in die Gesamtbetrachtung einbeziehen. Letztere drückt sich nicht allein in den stets gesellschaftskritischen, politisch gefärbten Texten aus, sondern auch musikalisch. „Complete Control“ stellt diesbezüglich keine Ausnahme dar. Die seit 2001 aktive Gruppe setzt sich mit Fragen von Macht, Kontrolle, Gewalt und Machterhalt auseinander. MISERY INDEX deklinieren ihre Ansichten bis hinunter auf die Individualebene des Einzelnen herunter. Weil sie das tun, werden die Probleme und Missstände greifbar. Denn natürlich hat jede:r einzelne einen Handlungs- und Aktionsspielraum, der genutzt werden könnte. Die breite Masse macht davon keinen Gebrauch, ermöglicht und akzeptiert dadurch „Complete Control“. Das ist eine unbequeme Wahrheit, mit der das Quartett den Finger in die Wunde legt. Die Musiker präsentieren sich auf dem Nachfolger des 2019er „Rituals Of Power“ so bissig und engagiert wie eh und je. Die Attitüde bleibt punkig-kritisch. Die Songs werden eher klassisch und geradlinig aufgesetzt, wobei der Brutalo-Death dominiert und Grindcore-Attacken bereichernd mit hineinspielen. MISERY INDEX ziehen schnörkellos durch und setzen ihre Punkte. Der siebte Longplayer reiht sich nahtlos in die Veröffentlichungshistorie der Musiker aus Maryland und zeigt einmal mehr deutlich auf, dass zu wenige Extrem-Gruppen ihre Band als Plattform dafür nutzen, klare Kante zu zeigen und sich politisch einzumischen. Das Mehr an Atmosphäre, das bisweilen zum Tragen kommt, passt dabei gut ins Gesamtbild.
(Century Media)