MySpace und die Ära des Deathcore

Der Popularitätsschub für das Extrem-Genre Deathcore fällt in den 2000er Jahren mit dem Aufstieg und Erfolg der damals führenden SocialMedia-Plattform zusammen. MySpace war ein wichtiger Wegbereiter für die heutige digitale Musiklandschaft. Die Plattform hat vielen jungen Musikern den Weg für eine bis heute andauernde Karriere geebnet und gezeigt, dass es möglich ist, unabhängig erfolgreich zu sein. Die Plattform hat die Musikindustrie nachhaltig verändert und den Grundstein für die heutige Vielfalt und Kreativität in der Musik gelegt. MySpace revolutionierte die Art und Weise, wie Musik seither entdeckt, geteilt und konsumiert wird.

Eine der bedeutendsten Veränderungen war die erhöhte Sichtbarkeit für aufstrebende Deathcore-Bands. Vor MySpace waren Musiker oft auf traditionelle Medien wie Radio, Fernsehen und Plattenfirmen angewiesen, um ihre Musik einem breiten Publikum vorstellen zu können. Durch die Nutzung von SocialMedia konnten sich fortan selbst Extrem-Gruppen von der etablierten Musikindustrie absetzen. Sie waren nicht länger von teuren Marketing-Kampagnen oder der Unterstützung großer Labels abhängig. Stattdessen nutzten sie die virale Natur von MySpace, um ihre Musik zu verbreiten und eine globale Fangemeinde zu erreichen. Die neuen technischen Möglichkeiten ergänzten die in der Szene vorherrschende DIY-Mentalität perfekt. Die Bands nahmen ihre Musik oft selbst auf, produzierten ihre eigenen Musik-Videos und organisierten ihre Tourneen selbst. Diese Unabhängigkeit ermöglichte es ihnen, kreative Kontrolle über ihre Musik und ihr Image zu behalten. MySpace ermöglichte es Deathcore-Gruppen, ihre Songs direkt auf ihren Profilen hochzuladen und so ohne Zeitverlust einem globalen Publikum zugänglich zu machen. Dies senkte die Eintrittsbarrieren erheblich und ermöglichte es vielen talentierten Bands, entdeckt zu werden, die sonst möglicherweise unbemerkt geblieben wären.

JOB FOR A COWBOY etwa entfachten zunächst einen stilechten Hype und waren im Handumdrehen von allen großen Metal-Labeln umworben: „Die Aufregung um unsere Band ist der helle Wahnsinn, und noch immer haben wir uns daran nicht gewöhnen können“, erzählte Gitarrist Ravi 2007 nach der Veröffentlichung des MetalBlade-Debüts „Genesis“. „Denkt man an die Phase zurück, in der wir noch keinen Plattenvertrag in der Tasche hatten, ist die Hälfte der Angebote noch immer ein Schock. Innerhalb kürzester haben wir die Aufmerksamkeit der größten Metal-Label und unzähliger Metalheads auf uns gezogen. Das zu begreifen ist sehr sehr schwer, fühlt sich allerdings durchaus gut an.“

Hier ist ein weiterer wichtiger Aspekt angesprochen: Die Interaktion mit den Fans. Deathcore-Musiker konnten über MySpace ohne Wartezeit direkt mit ihren Anhängern kommunizieren, Feedback erhalten und sich eine loyale Fangemeinde aufbauen. Dieser persönliche Kontakt förderte eine engere Bindung zwischen Künstlern und ihren Fans und ermöglichte es den Musikern ebenfalls, ihre Karriere unabhängig von traditionellen Medien und Plattenfirmen voranzutreiben. Und MySpace bot zusätzlich auch die Möglichkeit der Netzwerkbildung unter Musikern. Die frühen Deathcore-Bands konnten sich untereinander vernetzen, zusammenarbeiten und voneinander lernen. Dies führte oft zu neuen Projekten oder Kooperationen, die ohne diese Plattform möglicherweise nie zustande gekommen wären. Die Chance, sich mit anderen Musikern auszutauschen und zu vernetzen, war besonders für junge Künstler, die noch am Anfang ihrer Karriere standen und häufig minderjährig waren, wichtig.

Ein weiterer Vorteil war die kreative Freiheit, die MySpace den Musikern bot. Deathcore-Bands konnten ihre Profile individuell gestalten und so ihre Persönlichkeit und Kreativität ausdrücken. Dies half ihnen, sich von der Masse abzuheben und für die eigene Gruppe eine einzigartige Marke zu entwickeln. Auf diese Art und Weise konnten sie ihre Musik und visuelle Identität selbst gestalten. Künstler hatten dadurch sowohl die Kontrolle über ihre eigene Karriere und konnten ihre künstlerische Visionen ohne Einschränkungen verwirklichen. Namhafte Beispiele für Deathcore-Bands, die durch MySpace bekannt wurden, sind vor allem BRING ME THE HORIZON, SUICIDE SILENCE und WHITECHAPEL.

Die Briten von BRING ME THE HORIZON nutzten MySpace anfangs intensiv, um ihre Musik zu verbreiten und sich eine große Fangemeinde aufzubauen. Oli Sykes & Co. entwickelten sich in späteren Jahren von einer Deathcore-Band zu einer der größten und vielseitigsten Rock-Bands überhaupt, die für ihre Experimentierfreude und Innovationskraft bekannt sind. SUICIDE SILENCE aus Kalifornien promoteten über MySpace ihre Musik und fanden so zu ihrer treuen Anhängerschaft. Trotz des tragischen Unfalltodes von Frontmann Mitch Lucker im Jahr 2012 ist die Band bis heute eine feste Größe in der Deathcore-Szene. Die Karriere von WHITECHAPEL ist ebenfalls auf MySpace gestartet, auch wenn die Gruppe aus Tennessee schnell in der realen Welt Fuß fasste.