Die Welt entdecken, sich ausprobieren, über die Stränge schlagen und einfach Spaß haben – das und noch viel mehr bestimmt die Kindheit vieler, muss aber nicht zwingend irgendwann vorbei sein. PAINKILLER PARTY wissen: „It’s Never Too Late To Have A Happy Childhood“. Dieser Maßgabe folgend entwickelt sich das Zweitwerk des Quartetts als musikalische Wundertüte zwischen MetalCore- und Elektro-/Trancecore-Sounds. Oben drauf gibt es Porno-Comedy-Lyrics.
Das expressive Auftreten der Gruppe erfordert Schlagzeuger Noel zufolge weder Selbstbewusstsein noch Mut: „Seit wann ist es denn mutig, man selbst zu sein?“, fragt er. Zur Grundhaltung von PAINKILLER PARTY ergänzt Josefine: „Wir sind einfach nur ein Haufen Nerds, die einander liebhaben.“ Dass man die Frontfrau leicht auf dem falschen Fuß erwischen kann, zeigt sich, wenn man dem Treiben ihrer Band eine gute Portion kalkulierter Provokation unterstellt und nach dem Grund fragt, weshalb die Musiker in ihren Songs derart überspitzen und dick auftragen: „Spatzi, ich werde im November 36 Jahre alt“, holt Josefine aus. „Andere Menschen in meinem Alter gründen Familie oder Firma, ich eine Band. Und die Band ist für mich beides in einem, hat also den entsprechenden Stellenwert in meinem Leben: PAINKILLER PARTY ist mein Lebenswerk. Und wenn ich mich entschieden habe, Porno-Comedy zu meinem Lebenswerk zu machen, dann muss das nicht jeder nachvollziehen können. Aber wenn ich eins nicht mache, dann ist es, bewusst provozieren zu wollen. Ich bin (!) PAINKILLER PARTY. Ich sehe 365 Tage im Jahr genauso aus. Ich sehe so aus, wenn ich im Supermarkt bin, auf der Arbeit, auch auf einer Beerdigung sehe ich genauso aus. In unserer Wohnung liegen Luftballons auf dem Boden. Das Bett trägt einen Party-Hut. Wie es schon auf dem ersten Album hieß und auf dem zweiten wieder aufgegriffen wurde: „We Are So Fucking True Because We Are What We Do““. Die Frage nach möglichen Risiken, falsch verstanden zu werden, führt ebenfalls zu einer emotionalen Erwiderung der Frontfrau:
„Wie man anhand deiner Fragen sieht, ist das Risikopotenzial wohl verdammt hoch! Leider kratzen die meisten Menschen nur sehr peripher an der Oberfläche, weshalb sich ihnen dann die ganze Tiefe einer Sache nicht erschließen kann und sie auch nur die Oberfläche beurteilen. Das führt in unserem Fall leider oft zu Hate, weil manche Menschen damit stark überfordert zu sein scheinen, dass etwas nicht in ihr bekanntes Weltbild passt. Damit haben wir nicht ganz gerechnet und es ist sehr schade.“ Die Wirkung von Kunst entsteht halt immer in der Interaktion mit dem Rezipienten. Ein richtig oder falsch gibt es dabei nicht, weil individuelle Wahrnehmung und Verständnis nun einmal subjektiv sind: „Auch wenn selbstverständlich nicht jeder unsere Musik mögen muss, hätte ich gern, dass einem Basis-Respekt des menschlichen Miteinanders entgegengebracht wird und dass allgemein öfter Leistung objektiv beurteilt werden sollte, ungeachtet des subjektiven Geschmacks.“ Diese aus seiner Sicht nachvollziehbare Position vertritt Schlagzeuger Noel. Bei Kunst geht es letztlich aber immer um Gefallen oder Nichtgefallen beziehungsweise darum, ob Hörer eine emotionale Beziehung aufbauen können oder nicht:
„Natürlich geht Feedback nicht spurlos an einem vorbei, aber wir sind Künstler und kein reines Marketing-Konstrukt“, äußert Josefine. „Ich mache keine Dienstleistung, ich mache Musik.“ Noel springt der Frontfrau bei: „Es gibt doch dieses Sprichwort: Viele Fliegen schwirren um Mist. Oder so. Ich glaube, ich würde mir die Kugel geben, wenn ich neben Cloud-Rap im Radio gespielt werde.“ Dabei bietet der breit aufgesetzte Sound von PAINKILLER PARTY zwischen Core und Elektro Anknüpfungspunkte in viele Richtungen: „Ich habe die Band gegründet, weil es mein großer Traum war, lustige Core-Musik wie ganz frühe We Butter The Bread With Butter oder Eskimo Callboy auf ihren allerersten EPs zu machen“, erzählt Josephine. „Demnach gab es nicht wirklich sowas wie eine Findungsphase. Ich weiß, was ich im Leben will. Da muss ich mich nicht finden. Der Sound auf unserem zweiten Album ist nun exakt das, was wir wollen. Auf dem ersten Album haben leider noch zu viele Menschen versucht, mitzumischen, um es verkaufbarer zu machen. Es ist Porno-Comedy – das wird niemals ein verkaufbarer Bestseller sein, haha! Deshalb haben wir alle, die uns geschadet haben, jetzt nicht mehr in unserem Umfeld. Dafür aber ein Album, das 100 Prozent ist, wie wir es wollen.“
Für Schlagzeuger Noel fühlt sich „It’s Never Too Late To Have A Happy Childhood“ ebenfalls stimmig und gewünscht an: „Ich finde es komisch, Vor- und Nachteile von unserer Musik oder auch anderen Genres abzuwägen. Aber wenn man wirklich objektiv rangeht, polarisieren so extreme Stile immer sehr stark. Was nicht heißt, dass man die Musik nur für das Polarisieren macht. Es hat natürlich sowohl positive als auch negative Auswirkungen, etwas Nonkonformes zu machen, aber besser krasse Reaktionen als gar keine Reaktionen.“ Auch wenn man anderes vermuten könnte: „Beim Songwriting gehen wir sehr strukturiert vor“, erzählt Noel. „Jedes Lied, das wir schreiben, landet auch auf dem Album. Wir haben keine Vorauswahl.“ Frontfrau Josefine verweist diesbezüglich auf die Umsetzung klarer Absichten: „Wenn man weiß, was man im Leben will, muss man nicht herumprobieren. Mich kickt ein Song, wenn er extreme Growls und lustige Elektronik hat. Deshalb mache ich extreme Growls und lustige Elektronik.“