Im Jahr ihres zehnjährigen Bestehens legen POLAR ihren vierten Longplayer vor. Couragiert und intensiv geht es auf „Nova“ durch leidenschaftlich vorgetragene Hardcore-Nummern. Auch, was das Touren anbelangt, zeigen die Briten sich unermüdlich. Der Veröffentlichung des Albums wird ein neuerlicher Live-Marathon folgen.
„Es begann damals mit der Idee, eine roh klingende Band zu gründen, die genügend Songs hat, um touren zu können“, erzählt Frontmann Adam „Woody“ Woodford. „Wir alle hatten uns in die Vorstellung verliebt, jeden Abend in einer anderen Stadt unsere Musik zu spielen und ein Leben als Nomaden zu leben. Das hat die Norm der 9-to-5-Arbeitskultur durchbrochen, die uns allen von klein auf beigebracht wurde und die viele unserer Freunde leben. Die Idee, kreativ zu sein, ist mit Freiheit gleich zu setzen. Es ist ein Leben ohne Regeln und Grenzen, das für uns auch heute noch den Reiz ausmacht. Die Motivationslage und Philosophie unserer Band haben sich im Laufe der Jahre verändert, als neue Mitglieder hinzukamen. Neue Köpfe bringen unweigerlich neue Perspektiven mit, doch diese haben dazu geführt, dass die Band gewissermaßen wiedergeboren wurde. Unsere Kreativität und den Hunger nach Musik haben wir dabei nie verloren.“
Dass man es im Falle der Londoner mit Hardcore zu tun hat, steht auch für Woody außer Frage: „Seit ich mich erinnern kann, liegt es in der menschlichen Natur, etwas beschriften zu wollen, weil es eine Möglichkeit bietet, etwas zu verstehen. Für mich sind wir schlicht eine Band; eine Gruppe von besten Freunden, die eine unzerbrechliche Bindung pflegen. POLAR mit einem bestimmten Genre in Verbindung zu bringen, stört mich aber nicht. Von den Bands um uns herum sind wir stark beeinflusst. Für mich ist es eine Ehre, mit Genres wie Post-Hardcore, Modern-Hardcore oder MetalCore belegt zu werden. Dennoch kann ich nicht so recht sagen, wo wir hinpassen, und das erregt mich, weil wir uns in meinen Augen von der Masse abheben.“ Die Triebfeder für die Band-Aktivitäten liegt im Persönlichen: „POLAR repräsentiert den Sound von fünf Männern, die all ihre Ohnmacht, Frustration und Wut durch diese musikalische Plattform ausleben“, stellt der Frontmann klar. „Unser Sound hat sich über die Jahre auf vielfältige Weise verändert und entwickelt. Ich hoffe, dass Fans und Kritiker das aufgreifen und es sie ebenso begeistert wie uns selbst.“
Wobei die Arbeit an diesem vierten Album kein Selbstläufer gewesen ist: „Nova“ zu schreiben, war ein harter Prozess“, bestätigt der Musiker. „Jeder von uns hat in seinem persönlichen Leben große Veränderungen erlebt, während wir viel getourt sind. Unsere Gitarristen Fabian und Tom haben den überwiegenden Teil der Platte geschrieben, auch wenn es ihnen teils sehr schwer gefallen ist, sich ob anderer Umstände darauf zu konzentrieren. Deshalb war es gut und richtig, dass wir uns irgendwann voll auf dieses Album konzentriert und zusammen in einem Raum gearbeitet haben. Das ist eine Lektion, die wir auch für zukünftige Alben gelernt haben. Ich gehe fest davon aus, dass wir mehr Zeit miteinander verbringen werden, um unsere Kreativität an ihre Grenzen und darüber hinaus zu führen. Wir alle sind sehr leidenschaftliche Menschen und das drückt sich in unserer Musik aus. Natürlich kann dies während des Songwritings zu Auseinandersetzungen führen, aber so ist das mit der Leidenschaft nun einmal. Und wir alle wollen das Beste für unsere Band.“
POLAR standen zwischenzeitlich dennoch auf der Kippe, glaubt man Woody: „Musik ist nicht alles. Auch wir haben ein Privatleben, auf das wir uns zuletzt wieder stärker konzentriert haben. Als Gruppe hatten wir einen Punkt erreicht, an dem wir eine Pause brauchten. Das hat uns erkennen lassen, wo unsere Prioritäten liegen und wie sehr wir uns gegenseitig und die Band schätzen und brauchen. In meinen Augen ist es gesund, gelegentlich auf Distanz zu gehen. Als ich in meiner Freizeit begonnen habe, wieder Musik zu hören, wurde alles für mich wieder spannend und inspirierend. Das brachte mich zu dem Geisteszustand, in dem ich unbedingt wieder live spielen und mit POLAR kreativ sein wollte. Wir alle sind besonnene, geerdete Kerle. Deshalb ist es gut, zu wissen, was uns wichtig ist.“
Das liegt aber auch daran, weil die Briten in ihren Songs voll und ganz aufgehen und sie sich vorbehaltlos öffnen und einbringen. Das wird insbesondere in den Texten deutlich: „Lyrisch geht es um persönliche Erfahrungen oder darum, zu erklären, wie wir uns fühlen“, nähert sich Woody an eine Erklärung an. „Die Platte transportiert ein starkes Gefühl der Verzweiflung. ,Midnight‘ dreht sich um mein sexuelles Erwachen im Alter von 15 Jahren, als ein Mädchen in mein Zimmer kam und es gegen meinen Willen zu sexuellen Handlungen kam. Das hat mich lange verfolgt und meinen Geist in dunkle Ecken getrieben. Der Song ,Cradle‘ thematisiert Fab‘s Schritt in die Elternschaft, während es sich bei ,Amber‘ um einen offenen Brief an einen alten Freund handelt, der während einer unserer Touren tragischer Weise Selbstmord begangen hat. All diese Gefühle haben wir in Liedern festgehalten. Das ist für uns die beste Therapie. Ich selbst bin in einem ständigen Kampf um meinen inneren Frieden gefangen. Die größte Erleichterung, die ich seit Jahren erlebt habe, war es, diese Platte zu machen. „Nova“ ermöglicht es uns, mit unseren Emotionen in Kontakt zu bleiben und alles Negative in etwas Positives zu verwandeln.“
Auch daneben leben die Briten eine Attitüde aus, die ihnen einiges abverlangt: „Immer vorwärts, nie rückwärts! Es ist in der heutigen Zeit nicht leicht, Teil einer tourenden Band zu sein. Doch wir sind so eigensinnig geblieben, dass uns nichts davon abhalten kann. Wir alle lieben heftige Musik. Eine solche zu spielen, ist der beste Adrenalinschub, den ich je erlebt habe. Als wir vor zehn Jahren begannen, wollten wir immer Melodien und Hooklines, die sich in den Köpfen der Menschen festsetzen. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass wir für das neue Album unsere größten Chöre und melodischsten Songs überhaupt geschrieben haben. Die heftige Schlagseite unseres Spiels hilft uns dabei, die Chor- und Melodie-Parts hervorzuheben.“