POLARIS

Die zentrale Aussage des Drittwerks der MetalCore-Australier lässt sich in etwa so zusammenfassen: manche Dinge liegen außerhalb der eigenen Kontrolle. Wer das akzeptiert, hat es leichter. Das mag banal klingen, hat aber viel Wahres für sich. POLARIS präsentieren sich auf „Fatalism“ aufgeweckt, intensiv und motiviert.

Daniel Furnari weist direkt darauf hin, dass sich die Gruppe gerade nicht einer als unabänderlich anzunehmenden Schicksalsmacht, die alles Handeln bestimmt, ergibt: „Die Tatsache, dass wir das Album „Fatalism“ genannt haben, bedeutet nicht, dass es ein Konzept ist, an das wir als Band oder als Individuen glauben“, so der Schlagzeuger. „Ganz im Gegenteil. Der Titel spiegelt vor allem ein Gefühl aus bestimmten Momenten der letzten Jahre wider, in denen wir realisierten, dass wir keine Kontrolle über vieles hatten, was passierte. Wir sahen ein Unglück nach dem anderen, mussten einen Rückschlag nach dem anderen verkraften. Nicht nur für uns, sondern auch für viele andere Menschen in ganz unterschiedlichen Situationen, haben wir gesehen, wie falsche Hoffnungen immer wieder ausgelöscht wurden. Die einhergehenden Konflikte haben uns immer mehr beschäftigt. Irgendwann ging es uns dann darum, die Erwartung loszulassen, dass die Dinge wieder besser werden, und das Bedürfnis aufzugeben, zu versuchen, die Dinge in Ordnung zu bringen. Es bringt nichts, falschen Hoffnungen nachzuhängen. Stattdessen haben wir unseren Fokus dorthin gelenkt, wo er nützlich ist. Der Gedanke, die Dinge in Angriff zu nehmen, die wir kontrollieren können, hat uns motiviert. Während der Pandemie haben wir nach Wegen gesucht, individuell und als Gruppe produktiv zu bleiben, an neuer Musik zu arbeiten und zu versuchen, uns um uns selbst zu kümmern und unsere Leben während dieser beispiellos langen Zeit zu Hause ein bisschen in den Griff zu bekommen. Es ist eine echte Freiheit, loszulassen, was man nicht ändern kann.“

Hoffentlich hilft diese Einstellung POLARIS dabei, den jüngsten Schockmoment zu verarbeiten. Der seit längerer Zeit an psychischen Problemen leidende Lead-Gitarrist des Quintetts, Ryan Siew, ist am 19. Juni 2023 verstorben. Für das Interview waren Fragen in diesem Zusammenhang ausgeschlossen. Angesichts der existenziellen, grundlegenden Thematik von „Fatalism“ führt Daniel aber seine Sicht auf das Leben an sich aus: „Diesbezüglich kann ich nicht im Namen der Band sprechen, doch ein paar Gedanken dazu möchte ich äußern“, nähert sich der Australier an. „Keiner in der Gruppe ist religiös, aber ich weiß, dass wir alle klare Ansichten über Spiritualität und was sie für uns bedeutet haben. Die gemeinsamen Werte und ähnlichen Weltanschauungen, die wir in der Band teilen, lassen zwischen uns ein besonderes Vertrauen entstehen, das in jeder engen Freundschaft wichtig ist. Ich kann mit Bestimmtheit sagen, dass wir alle an einen freundlichen und mitfühlenden Umgang mit anderen, an Gleichheit, Fortschritt und den Schutz der Schwachen glauben – im Wesentlichen daran, dass das Leben, das wir hier haben, ein bizarres und wunderschönes Geschenk ist. Dass wir uns glücklich schätzen können, in das Leben und die Umgebung, die wir kennen, hineingeboren worden zu sein, und dass wir daran glauben, die Welt in einem so überschaubaren Zustand wie möglich für diejenigen zu hinterlassen, die nach uns kommen. All dies sollte nicht besonders umstritten sein, ist aber leider nicht so einfach.“

Auch wenn man es vermuten könnte, beschäftigt sich Daniel Furnari nicht kontinuierlich mit philosophischen Fragen: „Ich habe noch nicht allzu viele Bücher über Philosophie gelesen, obwohl das etwas ist, was mich interessiert“, erwidert der Schlagzeuger. „In der Schule habe ich ein wenig Philosophie studiert und vor einiger Zeit verschiedene Podcasts über Leute wie Sokrates und Nietzsche angehört. Jetzt, wo du mich daran erinnerst, muss ich sie mir vielleicht noch einmal vornehmen. Ich bin mit Religion aufgewachsen, habe mich aber in jungen Jahren von ihr abgewandt. Bis heute fühle ich mich zu Fragen oder Diskussionen über Existenz und Sinn hingezogen. Menschen in jeder Hinsicht interessieren mich sehr – was uns antreibt und motiviert, was uns eint oder trennt, was uns Angst macht oder erregt oder tröstet. Woher wir kommen und wohin wir gehen, aber auch Fragen des Bewusstseins und seiner Ursprünge sowie der einhergehenden Implikationen haben mich schon immer fasziniert. Auf dem Weg, den ich in dieser Band zurückgelegt habe, ist mir klar geworden, dass ich in gewisser Weise schon immer über den Zustand des Menschen geschrieben habe.“ Das Drittwerk von POLARIS spiegelt dabei die Umstände seiner Entstehungszeit: „Mein erster Instinkt ist, zu sagen, dass wir eine düster klingende Platte wollten, doch das fühlt sich zu simpel an“, leitet Daniel ein. „Von Beginn an baut sich ein Gefühl der Vorahnung und des Schreckens auf, ein Gefühl des bevorstehenden Untergangs, das durch die Musik vermittelt und durch die Texte verstärkt wird. Es gibt eine Menge Spannung und Angst, verpackt in Melancholie und Resignation. Diese Platte klingt wirklich nach ihrem Thema, worauf wir sehr stolz sind.“

POLARIS | FATALISM (polarisaus.com)