SELFFISH HATE

Die Freiburger Band hält sich an erprobte Muster und ein schnörkelloses, effektives Spiel. Der Old School-Hardcore von SELFFISH HATE klingt energisch und leidenschaftlich. „Face The Truth“ transportiert klare Positionen und Botschaften und ebensolche Sounds. Wütend, live-tauglich und animierend ist das Quartett sowieso unterwegs.

„Mit dem Klischee können wir grundsätzlich nichts anfangen“, erwidert Bassist Flo darauf angesprochen, dass die Breisgauer ihr drittes Album vorlegen, das landläufig gerne als besonders schwierig eingeordnet wird. „Jede Band wird immer am letzten Album gemessen und die Hörer erwarten, dass das nächste Album geiler wird. Daher ist jedes Album schwierig. Unser Fazit ist, dass „Face The Truth“ für uns das bisher beste Album ist. Der Arbeitsprozess war wie bei den anderen Alben auch. In der Regel bringen Lutz (Gitarre) und Manu (Schlagzeug) eine musikalische Idee ein, die dann gemeinschaftlich ausgearbeitet wird. Die Lyrics schreibt hauptsächlich Simon (Gesang). Für die Zukunft kann man sich darauf verlassen, dass das nächste Album irgendwann folgen wird. Wir wollen mit den neuen Songs touren und „Face The Truth“ promoten. So sieht der Plan erst einmal aus.“

SELFISH HATE ziehen ihr Ding demnach unaufgeregt, jedoch gewohnt ambitioniert durch: „Mit „Face The Truth“ ist ein Album entstanden, auf welchem wir unserem Stil treu geblieben sind und noch mehr Druck erzeugen wollten. Das ist unserer Meinung nach gelungen“, resümiert der Bassist. „Technisch haben wir uns, unserer Meinung nach, weiterentwickelt und noch eine Schippe an Härte draufgelegt. Unsere Ziele wurden komplett erfüllt. Wir wollten das Rad nicht neu erfinden, sondern eine solide Hardcore-Platte mit Wumms und Druck nach vorne rausbringen. Es sollte nicht viel Geschnörkel sein, sondern voll auf die Zwölf gehen.“

Das Drittwerk fällt in der Tat als rabiat und geradlinig auf. Der metallisch gefärbte Hardcore-Sound steht den Süddeutschen bestens zu Gesicht: „Unserer Meinung nach sind wir auf diesem Album wieder mehr in die punkige Richtung gegangen und haben weniger als noch bei „Today Tomorrow Forever“ die Metal-Kante mit einfließen lassen“, ordnet Flo ein. „Wir lassen uns von Sachen inspirieren, die wir aktuell selbst gerne hören. So ergeben sich die Sounds der jeweiligen Alben. Wir versuchen immer auch, unserem Stil treu zu bleiben. Das ist uns sehr wichtig, aber wir versuchen natürlich, diesen Stil immer weiterzuentwickeln. Egal, ob mehr Punk- oder Metal-Einflüsse – man wird immer hören, dass es sich um SELFISH HATE handelt.“ Insbesondere der Hardcore New Yorker Prägung scheint als große Inspirationsquelle immer wieder durch: „Wir lassen uns immer gerne von unseren aktuellen Hörgewohnheiten beeinflussen, wie gesagt. Dadurch ergibt sich in manchen Fällen ein Mix aus diversen Einflüssen, aber grundsätzlich würden wir unseren Stil eher NYHC-lastig bezeichnen“, stimmt der Musiker zu. „Wir sind aber nicht der Meinung, dass wir uns weiter festlegen müssen, da viele Einflüsse auch einen geilen und vielschichtigen Sound ergeben. Bauchgefühl und Instinkt besitzen in unserem Songwriting, welches so gut wie gar nicht auf Planung basiert, den größten Stellenwert. Dennoch ist es im Grunde schon auch ein bewusstes Vorgehen.“

Denn was die Breisgauer zu erschaffen suchen, wissen sie: „Unser Anspruch an die Songs und unsere Musik hat sich nie geändert. Die Devise heißt nach wie vor „kurz und knackig“, also dem Motto „je kürzer desto besser“ folgend. Wir wollen straighten Hardcore machen, der ohne Soli und mega-abgefahrene Riffs auskommt. Was wir auf jeden Fall immer wichtig finden, ist, unserem Stil treu zu bleiben und, auch wenn sich der Sound etwas verändert, immer noch als SELFISH HATE erkannt zu werden. So etwas schätzen wir auch bei anderen Künstlern sehr. Seinen eigenen Stil zu haben, ist unserer Meinung nach etwas in Vergessenheit geraten. Vieles hört sich nur noch nach Konserve an. Besonders spannend und eine wichtige Frage ist für uns immer, wie Songs mit einfachen Mitteln brachial gestaltet werden können.“

Mit der musikalischen Beantwortung beschäftigen sich die vier Freiburger seit knapp 15 Jahren: „2006 wollten wir einfach nur Spaß haben, was sich bis heute nicht geändert hat“, äußert der Bassist im Rückblick. „Wir kannten uns alle schon aus früheren Projekten und hatten den Drang nach einer etwas härteren Gangart, die sich anfangs zunächst in Richtung MetalCore entwickelte. Nachdem Manu ab 2010 unseren Drummer Michi ersetzte, haben wir unseren Stil weiter in Richtung Hardcore geformt, da wir der Ansicht waren, dass einfach, aber dafür auf den Punkt „Bääm“ geiler ist. Für uns war es immer wichtig, dass wir vor allem live die Energie und den Spaß weitertragen können. Hierfür haben wir sicher mehr investiert als in die musikalischen Dinge und das Songwriting. Das liegt wohl auch daran, dass wir alle scheiß Einzelmusiker sind und nur im Gesamtpaket richtig funktionieren, haha. Von selbstverliebten, arroganten Musikern wollten wir uns immer absetzen, für die ihr Können am Instrument im Vordergrund steht und die dies auf der Bühne und auch privat jeden wissen lassen. Hier sind wir sicherlich gebrannte Kinder aus der „Green City Freiburg“, in der vor allem Jazz, Blues und Schlicht-Rock ganz vorne mit dabei sind.“

Ihren Stil und die Ausrichtung haben die Musiker vor allem auf Konzerten und in der Interaktion mit anderen geformt: „Vorgänger-Bands gab es nicht wirklich, da wir bis auf ein paar wenige andere die einzige Hardcore-Band in Freiburg waren“, äußert Flo zum Umfeld, in dem sich die Gruppe anfangs bewegte. „Wir haben selbstverständlich mit vielen Bands gespielt, die uns gerade Show-technisch inspiriert haben. Andere haben uns aber auch gezeigt, was sicher der falsche Weg ist. SELFISH HATE ist allem eine Band von sehr guten Freunden, die nicht nur durch die Musik verbunden, sondern im Gesamten perfekt aufeinander abgestimmt sind. Für uns war immer klar, dass, wenn einer von uns die Band verlassen sollte, die Band dadurch Geschichte wäre, da wir nicht wie andere Bands einfach nur die Besetzung am Instrument hätten wechseln wollen. Wir haben in der langen Zeit viele Bands und deren Band-Mitglieder kommen und gehen sehen, was für uns so nie in Frage gekommen wäre. Heute sind wir einfach eine geile Live-Band, die Spaß vor sowie auf der Bühne, aber auch vor und nach den Konzerten, hat.“

In der Hardcore-Szene finden sich viele Vertreter, die die Dinge ähnlich angehen und immer Vollgas gehen: „Besonders beeindruckend für uns waren live immer solche Bands, die Power auf der Bühne hatten und diese auf das Publikum übertragen haben“, greift der Bassist den Gedanken auf. „Bands, die eine Show geliefert und sich auf der Bühne bewegt haben. Da gab es in den Jahren einige, wo wir uns Show-mäßig etwas abgeschaut haben. Was auch immer wichtig war, ist das Einbinden des Publikums. Da haben wir uns viele Anregungen bei den Konzerten gerade bekannterer Bands geholt. Herauszuheben sind hier First Blood, All For Nothing, No Turning Back, Death Before Dishonor, Ryker‘s und Risk It.“ In der Hardcore-Szene fühlen sich SELFISH HATE nach wie vor bestens aufgehoben: „Die Band und auch die Szene insgesamt ist ein großer Haufen Mädels und Jungs, die Bock haben auf die Musik, die Konzerte und die Kontakte sowie das Kennenlernen“, meint Flo. „Das zeichnet die Szene aus. Auf dem Weg gab es immer auch Idioten, die diese Attitüde nicht gelebt haben. Solche Leute werden dann schnell links liegen gelassen und sind ganz schnell raus. Solche gibt es ja in allen Bereichen. Aber auf Shows haben wir es noch nie erlebt, dass es Stress oder bewusste und aggressive körperliche Gewalt gab. Es ging immer freundschaftlich zu.“

Seine Rolle als Teile einer aktiven Hardcore-Kombo gibt dem Freiburger viel: „Als wichtigsten Punkt, was die Band uns allen gebracht hat, sehen wir die Kontakte, die wir knüpfen konnten. Wir haben viele tolle Leute aus allen Teilen der Welt kennengelernt, mit denen wir immer noch in Kontakt stehen. Viele sind inzwischen zu Freunden geworden. Außerdem bringt die Band uns allen Ablenkung, Entspannung und auch ein Abreagieren von den Fulltime-Jobs. Unter Freunden und Familie haben wir einfach eine geile Zeit und viele extreme Erfahrungen gemacht, an die man sich sein Leben lang erinnern wird und die man nicht missen will. Die größte Lehre: das eigene Bett und Klo gehören zu den wichtigsten Dingen eines glücklichen Lebens.“ Das ist eine Wahrheit, jedoch nicht die Wahrheiten, die auf „Face The Truth“ angesprochen werden:

„Man sollte heutzutage alles hinterfragen, da hinter so gut wie allem ein Kalkül von einzelnen Personen, Lobby-Gruppen, Politikern oder sonstigen einflussreichen Personen steht“, holt der Bassist aus. „Politiker entscheiden nur im Sinne ihrer Wiederwahl. Medien beeinflussen Menschen und so weiter. Uns ist vor allem die Konzentration auf die wichtigen Dinge im Leben wichtig, unsere Familien, Kinder und Freunde sowie nicht zum Spielball von Manipulation und Beeinflussung zu werden. Wir benötigen keine ,Influencer‘ (Anspiel-Tipp), um zu wissen, wie wir uns heute verhalten sollten. Im Blick auf die Zukunft und das Künstlerdasein ist dies identisch, da wir uns nur auf Bekanntes, Altbewährtes verlassen, weil wir schon auf einige Idioten reingefallen sind.“ Der Band-Name SELFISH HATE erlangt auch in diesem Kontext eine Bedeutung: „Er drückt so ein wenig die Art mancher unnötigen Leute in der Welt aus, die nur noch auf sich selbst schauen und Hass verbreiten. Es ist also sozialkritisch gemeint. Dies wird leider immer aktuell bleiben. Daher hat sich über die Jahre auch gar nichts an der Auslegung des Namens verändert. Wir sehen das immer noch genauso.“ Dass die Breisgauer von ihrem Band-Dasein vor allem intensive Konzerte erwarten, besitzt ebenfalls weiter Gültigkeit:

„Da ist definitiv was dran“, bestätigt Flo. „Wir bezeichnen uns selbst immer als Live-Band. Da wir alle die Dynamik auf der Bühne und dieses Auspowern während eines Gigs lieben und auch brauchen, um zu Höchstform aufzulaufen. Daher sind die Songs eigentlich alle live-tauglich. Im Studio schaffen wir es unserer Meinung nach zwar auch immer, ganz gut Power reinzubringen, aber live können wir doch immer eine Schippe drauflegen. Die musikalische Hardcore-Essenz der Gruppe äußert sich nach Ansicht des Musikers auf dem Drittwerk vor allem in drei Stücken: „Das sind definitiv ,I Don‘t Give A Fuck‘, ,Influencer‘ und ,Million Ways To Die‘. Die sind kurz, prägnant und voll auf die Fresse. Auf ein Release kommen bei uns die Songs, hinter denen wir voll und ganz stehen und die uns selbst gefallen. Hier denken wir ziemlich pragmatisch. Den Hörern wollen wir auf jeden Fall mit auf den Weg geben, sich der Wahrheit zu stellen und hinter die Nachrichten und Versprechungen von Politikern und Würdenträgern zu schauen. Und auf jeden Fall immer kritisch zu sein und zu bleiben und nicht einfach alles hinzunehmen. Bleibt ehrlich und steht zu euch selbst. Bleibt anderen gegenüber hilfsbereit und seid nicht egoistisch.“

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