TALLAH

JEDE/R LIEBT NUMETAL! Zumal dann, wenn er so experimentell, extrovertiert und unberechenbar wie von TALLAH serviert wird – schroff-brachiale Hooklines und manische Clean-Gesänge inklusive. Die Gruppe aus Pennsylvania trumpft auf ihrem Zweitwerk „The Generation Of Danger“ neuerlich groß auf.

Das seit 2017 aktive Quintett ist bereits mit seinem 2020er Debüt „Matriphagy“ aufgefallen und steht im Ruf, einen besonderen Extrem-Sound zu erschaffen, der noch dazu mutige Eigenständigkeit besitzt. Neben den bereits genannten Zutaten weist der musikalische Kosmos von TALLAH auch Monster-Grooves, furiose Tempo-Läufe, Mark erweichende Beatdowns und Turntable-Unterstützung auf. Das Quintett tut eine Menge dafür, nicht antizipierbar aufzuspielen und jederzeit nachlegen oder die stilistische Ausrichtung wechseln zu können: „Originalität ist für mich überall in der Musik möglich, solange sich die Songwriter selbst treu bleiben“, relativiert Frontmann Justin Bonitz. „Originalität verschwindet nur dann, wenn man versucht, so zu sein wie alle anderen. Wenn eine Person beschließt, sie selbst zu sein, bietet sie der Welt automatisch etwas, das niemand sonst je könnte. Das ist es, wo die eigentliche Kreativität und Phantasie herkommen. Um eine solche Leistung zu vollbringen, muss ein Mensch aber verletzlich und nackt sein und all den Hass, die Kritik, Liebe und Bewunderung – einfach alles – in sich aufsaugen und herauslassen. Man kann die Welt nicht mit Schild und Schwert bekämpfen und für das positive Feedback die Waffen strecken. Man muss mutig sein und alles annehmen.“

Dass in den Songs von TALLAH Extreme aufeinandertreffen liegt dabei in der Natur der Sache: „Wenn eine Band besonders heavy und technisch sein und Grenzen ausreizen will, finde ich das großartig und unterstütze es“, so der Sänger. „Gleichzeitig ist aber nichts falsch an einfachen Akkordfolgen und eingängigen Melodien. Was auch immer dir hilft, dein Ziel zu erreichen, ist der Weg, den du wählen solltest. Neuartige Musik entsteht dadurch, dass man die Grenzen des Menschseins auslotet. Wenn das alle tun, hebt sich der einfache Ansatz aber eher ab und umgekehrt.“ Das Quintett aus Pennsylvania wählt einen Ansatz, der das Erbe von SLIPKNOT, KORN und SYSTEM OF A DOWN mit Industrial-Core a la CODE ORANGE und Noise-Chaos-Core wie bei VEIN.FM verbindet: „Ungeachtet dessen, was einige Leute im Internet sagen, betrachten wir uns nicht als MetalCore“, stimmt Justin zu. „Wenn wir uns als Nucore bezeichnen, sagen wir damit, dass wir Nu Metal mit Hardcore und Deathcore verschmelzen. Wir haben nicht wirklich viele MetalCore-Einflüsse. Buchstäblich alle Bands, die unseren Sound inspirieren, sind NuMetal-, Hardcore- und Deathcore-Bands. Ich persönlich verstehe es nicht, wenn Leute sagen, dieser Sound oder NuMetal sei unvorteilhaft. Jeder liebt NuMetal! Die Leute geben vor, ihn zu hassen, aber wer sind die größten Metal-Bands in der Szene? SLIPKNOT, KORN, DISTURBED, LINKIN PARK, SYSTEM OF A DOWN: alles NuMetal-Bands, die jeder liebt, über die jeder spricht, die jeder streamt und live sehen möchte. Die Leute mögen es einfach, Sachen zu hassen und schwierig zu sein, weil sie gelangweilt sind.“

Das Zweitwerk von TALLAH bietet mit seiner furiosen Entwicklung das Gegenteil von Langeweile: „Wenn man seinen Sound auf die Spitze treiben will, muss man sich ansehen, was bereits gemacht wurde, und sich fragen: „Wie kann ich das noch besser machen? Wie kann ich mehr Angst, mehr Wut, mehr Leidenschaft, mehr Emotionen einbringen?““, umreißt der Frontmann den Ansatz seiner Band. „Künstler machen das seit den Anfängen der Musik. Deshalb stehen wir heute da, wo wir sind, also lasst uns weitermachen. Was TALLAH anbelangt, so denke ich, dass wir den alten und neuen Göttern huldigen. Wenn es um unseren Stil geht, bekommen wir gemischte Kritiken. Einige Leute lieben ihn, andere hassen ihn. Einige sagen, er sei erstaunlich und technisch. Andere halten uns für Nachahmer, die rohen, anstrengenden Trash spielen. Wegen dieser verstreuten Meinungen höre ich überhaupt nicht mehr hin. Wer uns mag, mag uns. Wenn nicht, werden wir dich vielleicht beim nächsten Mal begeistern. Kommentare werden unsere Denk- und Spielweise jedenfalls nicht ändern. Wenn es darum geht, wie extreme Musik gespielt werden soll, gibt es meiner Meinung nach keine beste Art und Weise, dies zu tun. Die Schwere der Musik ist ohnehin völlig relativ und für jeden Hörer subjektiv.“

Das stimmt, und die Earache-Kombo stiftet mit ihrem Zweitwerk bewusst Verwirrung: „Die meisten Songs von „The Generation Of Danger“ sind vor mindestens der Hälfte der Songs von „Matriphagy“ entstanden“, verrät Justin. „Jeder, der das Songwriting kritisiert und etwas sagt wie „Sie sind härter geworden.“, „Sie haben sich verkauft.“ oder „Das Songwriting ist nicht so roh wie auf dem ersten Album“ hat demnach nur eine voreingenommene, emotionale Bindung an unser Debüt. Musik wirkt auf jeden unterschiedlich, je nachdem, was in deinem Leben passiert ist, als du sie entdeckt hast. Das ist es, was Erwartungen schafft und der Grund dafür, dass man die Musik auf eine bestimmte Weise wahrnimmt. Wenn die Fans die Musik aber als das sehen, was sie ist, uns nicht auf ein imaginäres Podest stellen und nicht zu viel von uns erwarten, werden sie nie enttäuscht werden.“

Das kann schon allein deshalb nicht passieren, weil sich der Sound ständig verändert: „Wir sind eben TALLAH“, bekräftigt der Frontmann. „Jeder Song, den wir herausbringen, hat diesen „TALLAH-Sound“. Wir gehen nur verschiedene Wege zum Gipfel desselben Berges. Egal, wie viel wir experimentieren, TALLAH wird immer als TALLAH erkennbar sein. Was uns auszeichnet, sind die Persönlichkeiten von unserem Schlagzeuger Max und mir. Wir beide sind unverblümt wir selbst und setzen das konsequent um. Es gibt ausreichend Druck und gerade genug Reibung. Das macht uns zu einem starken Team.“

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