TESSERACT – War Of Being

Wundert sich jemand darüber, dass die Briten als erste Auskopplung ihrer neuen Platte den elfminütigen Titel-Track gewählt und dazu sogleich ein cineastisches Meisterwerk abgeliefert haben? Von einem gewöhnlichen Video-Clip kann schließlich keine Rede sein. Von einem Album im herkömmlichen Verständnis ebenso wenig. Dass seit der Veröffentlichung von „Sonder“ fünf Jahre ins Land gezogen sind, ist der Tatsache geschuldet, dass sich der Fünfer im Kreativprozess jeweils die Zeit nimmt, die er benötigt, bis der eigene Anspruch erfüllt ist. Qualität geht der Gruppe schon immer vor Quantität. Das hört man ihren Platten an, die musikalisch immer spannend und existenziell angelegt sind. „War Of Being“ trägt das dieses Mal bereits im Titel. TESSERACT spiegeln die Entstehungszeit des Materials, verarbeiten die schwierige Pandemie-Zeit und die Eindrücke des Kriegs in der Ukraine. Das Konzept weist eigentlich in eine andere Richtung, ist aber in viele Richtungen umzudeuten und – wie auch die Musik – größer, als es zunächst scheint. Ob man nun von Post-Rock, Prog-Metal oder Djent spricht, ist unerheblich und ändert nichts daran, dass die Briten eigenständig, freigeistig, feingliedrig und übergeordnet wertvoll in Erscheinung treten. Egal ob gerade viel oder wenig Input geboten wird, TESSERACT schinden in allen Lagen Eindruck. In den intimen, ruhigen oder atmosphärisch geprägten Momenten lädt das Quintett zum Eintauchen und Verlorengehen ein. Der Clean-Gesang ist wiederum herausragend. In den vertrackten, heftigen und aufgewühlten Passagen wiederum werden die Präzision und der Wagemut in den Fokus gerückt. „War Of Being“ mag zugänglicher und ausgleichender als seine Vorgänger komponiert sein, sorgt aber wiederum für ein Wechselbad der Gefühle und ist in jeder Hinsicht vorwärtsgerichtet. Und einmal mehr verhält es sich so, dass man TESSERACT so gebannt zuhört, dass man Ort und Zeit vergisst und nichts anderes mehr eine Rolle spielt oder von Bedeutung ist. Mehr können Bands nicht erreichen. Das neue Album der Briten fällt imposant und besonders aus.

(Kscope)