WITHIN THE RUINS

Picture Riamond Lomeli

Mit „Phenomena“ haben WITHIN THE RUINS 2014 ihren Trademark-Sound definiert. Auf seiner siebten Platte greift das Quartett aus Westfield, Massachusetts den Vibe und das Thema nun ein weiteres Mal auf. „Phenomena II“ steht ebenfalls für ausgiebige Spiel- und Experimentierfreude am extremen Ende der Modern-Heavy-Sparte.

Wer der US-Kombo auf Social Media folgt, hat vor einigen Wochen vielleicht den Post gesehen, der alle früheren und aktuellen Mitglieder der Band in einem Raum zeigt: „Das war ein toller Abend und nach einer unserer Shows mit Oceano“, erzählt Gitarrist Joe Cocchi. „Unser früherer Sänger lebt inzwischen in Brooklyn. Unser ehemaliger Gitarrist, ist gerade ebenfalls dorthin gezogen und kam vorbei. Unser Bassist von vor zehn Jahren lebt eine Flugstunde von Brooklyn entfernt und ist für die Show in die Stadt gekommen. Zuletzt hatten wir uns live rar gemacht, weshalb er die Chance genutzt hat. Das Aufeinandertreffen war nicht geplant, doch am Ende waren alle Personen in einem Raum, die in den letzten 15 Jahren Teil der Band gewesen sind. Wir haben einige Biere getrunken und hatten eine gute Zeit. Unsere früheren Mitglieder tun inzwischen andere Dinge, doch zumindest die aktiven Mitglieder von WITHIN THE RUINS dürfen sich weiterhin wie Rockstars fühlen.“ Joe kann das für sich selbst seit 2003 in Anspruch nehmen:

„Es ist verrückt, dass es inzwischen mehr als zwanzig Jahre sind“, entgegnet der Gitarrist. „Dafür gab es keinen Plan, es ist einfach so passiert. Unseren Schlagzeuger Kevin habe ich sogar schon davor in der Highschool kennengelernt. Zur Wahrheit gehört aber ebenso, dass wir die ersten Jahre damit verbracht haben, zu lernen, unsere Instrumente richtig zu beherrschen. Gleichzeitig waren wir damit beschäftigt, herauszufinden, was unser Stil sein soll. Mehr als einige Demos sind damals nicht zusammengekommen und die sind nicht einmal erschienen. Die Zeit bis 2006, als wir erstmals auf Tour gegangen sind, ist nicht der Rede wert. Richtig los ging es erst, als wir 2008 von Victory Records gesignt worden sind. „Creature“ war 2009 unser erstes Album. Dessen Erscheinen ging damit einher, dass wir alles auf diese Karte gesetzt und Vollzeit auf Tour gegangen sind. Daraus sind zehn tolle Jahre geworden, bis COVID kam und uns aus der Bahn geworfen hat. In der Zeit davor sind wir sukzessive größer geworden und konnten immer bessere Touren spielen. Die Pandemie hat dann alles verändert, auch wenn es schon davor nicht mehr ganz so rund lief. Unser Sänger Tim hatte die Band Anfang 2018 verlassen. Seinen Ersatz, Steve, hatten wir gerade eingearbeitet und eine tolle Tour mit As I Lay Dying gespielt, als die Welt plötzlich stillstand. Nach zehn Jahren war diese Pause durchaus willkommen, auch wenn ich anfangs nicht wusste, was ich mit mir anfangen sollte. Deshalb haben wir weitergearbeitet, Songs geschrieben und 2020 Black Heart“ herausgebracht, obwohl wir nicht touren konnten. Nun geht es nach der Pause wieder los.

Wir spielen hier und dort Shows und fahren unsere Aktivitäten nach vier Jahren wieder hoch. Unsere Leben haben sich in der Zwischenzeit verändert, was sich auch auf die Band auswirkt. Ich selbst habe Nachwuchs bekommen und mit meinem Bruder eine Brauerei gegründet. Beides erfordert viel Zeit. Natürlich beschäftige ich mich weiterhin jeden Tag mit Musik, aber während COVID habe ich mir ein ganz neuen Familienleben und einen neuen Broterwerb erschlossen, die ich nun nicht leichtfertig aufgeben werde. Das hat zur Folge, dass ich wohl nie wieder mehr als 30 Tage am Stück auf Tour sein werde. Mehr geht einfach nicht. Als Band versuchen wir, das Beste daraus zu machen und konzentrieren uns auf Festivals und Aktivitäten, die sich für alle von uns gut anfühlen. Wir können nicht mehr zu jeder beliebigen Zeit auf Tour gehen und werden WITHIN THE RUINS auf unsere Art und Weise fortschreiben. Die zehn Jahre unentwegten Tourens waren heftig. So ehrlich muss ich sein. Natürlich waren wir jünger und hatten kaum Verpflichtungen. Deshalb konnten wir das durchziehen und haben alles gegeben. Mir ist dabei wichtig, zu betonen, dass wir keine weitere Revival-Band sind, die gelegentlich auftritt und nichts Neues mehr zu sagen hat. Wir haben uns nie aufgelöst und knüpfen nun dort an, wo wir bedingt durch COVID aufhören mussten.“

Im Feld zwischen MeloDeath- und MetalCore, Djent und Deathcore sowie Prog-Metal und Stakkato zählte die Band von der US-Ostküste stets zu den spannenden Vertretern, doch der Zuspruch diesseits des Atlantiks blieb überschaubar. „Die Rezeption unserer Gruppe ist eigenartig“ antwortet Joe Cocchi auf die Situation in den USA angesprochen. „Als 2009 unser erstes Album herauskam, bewegten wir uns auf Augenhöhe mit dem, was zu dieser Zeit angesagt war. Es war noch die myspace-Zeit. Wir haben einen gehörigen Hype erfahren und waren mittendrin, haben uns aber alles selbst hart erarbeitet. Die Roadrunner-Gruppen hatten es viel leichter und wurden von ihrem Label massiv unterstützt und auf große Touren gebucht. Unsere Philosophie war DIY. Dass wir überhaupt so lange durchgehalten haben, ist für mich die eigentliche Überraschung. Viel Geld haben wir als Band nie verdient. Im Grunde genommen kam immer gerade so viel rein, dass wir weitermachen konnten und nicht Pleite gingen. Doch die Band war nun einmal das, was wir vorantreiben wollten. Ich sage dass, um mit der Illusion aufzuräumen, dass sich mit dieser Art von Musik Geld verdienen lässt. Neun bis zehn Monate im Jahr zu Tour zu sein, hat lediglich dabei geholfen, unseren Namen zu streuen. Hilfreich war es, dass wir stets Alben herausgebracht haben, die die Leute mochten. Das hat uns motiviert, weiterzumachen. Auf Konzerten und Festivals suche ich nur selten den Kontakt zu den Leuten. Doch es freut mich, immer wieder mal zu hören, dass Leute uns seit vielen Jahren kennen, hören und unterstützen. Das bedeutet für mich Erfolg, denn wir haben unsere Karriere aus eigener Kraft hingelegt. Auch wenn es hart und entbehrungsreich war, würde ich es noch einmal ganz genauso machen.“

Die Fortsetzung des erstes Erfolgsalbums passt zu dieser Aussage: „Nach der Veröffentlichung von „Black Heart“ habe ich mit dem Schreiben neuer Songs begonnen“, sagt Joe. „Über den Zeitraum eines Jahres habe ich mit verschiedenen Ideen herumgespielt, wusste aber nicht, in welche Richtung ich gehen wollte. Irgendwann bin ich an einen Punkt gelangt, an dem ich dachte, etwas Neues gefunden zu haben. Die Ideen habe ich mit unserem Sänger Steve geteilt, der in Texas lebt und ebenfalls Probleme damit hatte, frische Inspiration zu finden. „Black Heart“ war zutiefst persönlich, er hat wirklich sein Innerstes nach außen gekehrt. Deshalb wusste er nicht, worüber er schreiben sollte. Als ich ihm ,Demon Killer‘ zusandte, war seine Rückmeldung, dass der Song ihn vom Schreibstil her an „Phenomena“ erinnert. Das habe ich dann auch bemerkt. Bis zur Idee von „Phenomena II“ war es dann nicht mehr weit, zumal uns die Comics von Marvel und DC, von denen das Konzept abgeleitet ist, bis heute viel bedeuten. Je intensiver ich mich damit beschäftigt habe, desto besser wurde es. Derselbe Arbeitsmodus war schnell gefunden, zumal wir die Songs von „Phenomena“ nach wie vor mögen. Steve hat viel Zeit darauf verwendet, die Charaktere auszuwählen und sich von ihnen inspirieren zu lassen. Die Aufnahmen und Produktion haben dann im letzten Jahr stattgefunden. An dem Abend in Brooklyn, über den wir schon sprachen, haben wir es unserem ehemaligen Sänger Tim erzählt, von dem das Konzept ursprünglich stammte. Tim hat es begeistert aufgenommen, denn auch für ihn schwingen bei „Phenomena“ viele Emotionen mit.“

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