XAVIER RUDD

Für sein zehntes Studio-Album Jan Juc Moon zeichnet XAVIER RUDD wieder ganz allein verantwortlich. Der australische Singer/Songwriter und Multi-Instrumentalist hat alle Songs selbst geschrieben und umgesetzt. Anmut, Generalität und Größe sind ebenso wahrzunehmen wie eine selbstverständliche Spiritualität und – einmal mehr –Kritik, was den menschlichen Umgang mit der Natur und Minderheiten anbelangt.

„In meiner Kunst ist nichts erzwungen“, erwidert XAVIER RUUD darauf angesprochen, dass man zu seiner Musik sofort eine Beziehung aufbaut und sich abgeholt fühlt. „Ich lasse alles immer organisch und zu seiner eigenen Zeit fließen. Das war für mich schon immer so und kann auch gar nicht anders sein. Denn nur so bleibt der Geist der Musik erhalten.“ Das überträgt sich direkt auf die Hörerschaft und erklärt, weshalb sich die Songs des Aborigines, irischer und schottischer Abstammung, weltweit großer Beliebtheit erfreuen. Die stilistische Anlange zwischen Singer/Songwriter-Akustik, Indie, Folk und Reggae schafft eine breite Identifikationsbasis, doch erst der Einsatz eines Didgeridoo und die markante Stimme des Australiers lassen den besonderen Sound entstehen, für den XAVIER RUUD bekannt ist. Dass sich seine Texte auch um Umweltschutz und den Respekt vor indigenen Völkern und der Erde als solcher drehen, ist ebenfalls ein Grund dafür, dass der Singer/Songwriter Beachtung findet. Auf die Frage, ob er den breiten Zuspruch auf die „emotionale Intelligenz“ zurückführt, die Musik und Lyrics mitschwingt, erwidert der 43-Jährige:

„Nein, über so etwas mache ich mir keine Gedanken. Was ich suche, ist schlicht und ergreifend Ehrlichkeit. Ich halte die Dinge einfach und denke nicht zu viel darüber nach.“ Gleichwohl sind die Stücke von Jan Juc Moon mehr als nur zufällig entstanden. Sie sind Ausdruck einer bewussten Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Facetten des Lebens und Menschseins: „Ja, das tue ich, aber mein einziges Studium ist die Lebenserfahrung“, ordnet XAVIER RUUD ein. „Die Lektionen des Herzens tragen uns durch das Leben und helfen uns dabei, auf unserem Weg Weisheit zu erlangen. Wir alle tragen die Last unserer Vergangenheit und der Versprechen unserer Vorfahren, während wir versuchen, unseren Weg in der Welt zu finden. Für manche ist dieses Gewicht deutlich schwerer als für andere. So oder so ist der Weg lang, Herausforderungen sind unausweichlich – doch der menschliche Geist kann hier außerordentlich sein. Ich bin dankbar für diese Fenster der Weisheit, die sich uns bieten.“ Anders formuliert: der Australier ist mit sich und seinem Leben im Reinen: „Ich schätze die einfachen Dinge im Leben und die Gemeinschaft, aber auch unsere Verbindung als Menschen zur Erde. Alles andere ist mir nicht so wichtig. Ich denke unsere Wurzeln, Ursprünge und Geschichten, die uns formten, sind die wichtigsten Sachen. Ich schätze, ich werde diese Sachen immer in meiner Musik zelebrieren.“

Dem Künstler geht es nicht darum, anderen als Vorbild zu dienen oder ihnen den Weg zu weisen: „Nein, wirklich nicht. Ich beabsichtige auch nichts in dieser Richtung. Aber wenn jemand meine Musik in einem besonderen Moment oder bei einer Zeremonie verwendet, dann ist das für mich das größte Kompliment, das ich jemals bekommen könnte.“ Gleichwohl bietet das Intime und Persönliche in den Songs vielfältige Möglichkeiten, in den organischen Sounds und nachvollziehbaren Gedanken des Australiers aufzugehen. Der Künstler selbst nutzt die kreative Arbeit dafür, sein Leben und seine Emotionen musikalisch abzubilden oder nachzuzeichnen: „Ich habe schon immer Musik geschrieben“, so XAVIER RUUD. „Sie kommt einfach aus mir heraus. Es ist nicht so, dass ich irgendetwas versuche oder erzwinge. Ich lasse sie einfach kommen, wenn sie soweit ist. Alles hat seine Zeit und ist irgendwann fertig. Wenn nichts mehr aus mir herauskommt, kann und würde ich nichts erzwingen, sondern einfach etwas anderes machen. Jan Juc Moon ist für mich der Nachfolger meines Albums Spirit Bird von vor zehn Jahren und reflektiert die Welt, wie wir sie heute kennen.“

Da passt es, dass es sich wieder einmal um ein wirkliches Solo-Album handelt: „Jan Juc Moon ist das erste Album, bei dem ich seit Spirit Bird alles selbst gemacht habe“, so der Singer/Songwriter. „Alles kam natürlich und hat erst im Studio Form angenommen. Dieses Album ist organischer, aber auch ein wenig trippiger.“ Wie sich die neuen Tracks weiter entwickeln, werden die nächsten Monate und Jahre zeigen, wenn sie auf Konzerten und Touren eine Evolution durchlaufen: „Wenn ein Song einmal entstanden ist, höre ich mir die aufgenommene Version normalerweise nie wieder an,“ verrät XAVIER RUDD. „Die Energie oder Lebenskraft der Songs verändert sich durch die Live-Performance von Tag zu Tag. Ich stelle fest, dass meine Musik mir auf meiner Reise oft um circa sechs Monate voraus ist.“

Das Situative und sich Veränderliche der Lieder ist zweifelsohne auf die Intimität und Gefühlsbetonung zurückzuführen: „Ich habe immer Musik gemacht, die den rohen Geist der Musik ehrt“, erwidert der Multi-Instrumentalist. „Ich denke nicht darüber nach, wie sie vom Hörer wahrgenommen wird, aber ich freue mich immer, wenn ich die Erfahrungen der Leute mit der Musik später, wenn sie in die Welt hinausgeht, teilen kann. Meine Musik ist gezeitenabhängig, sie ist immer in Bewegung, fließt, verändert sich mit den Jahreszeiten und dem Mond. Nichts bleibt jemals gleich.“ Die Pandemie-bedingte Tour-Pause war dem Aborigine willkommen und nicht für ihn nicht so entbehrungsreich wie für viele andere Menschen: „Das Meer, die Familie, die Natur, meine Hunde, mein Land,… Ich liebe Australien und bin so gesegnet, dass ich meine Zeit zu Hause verbringen kann. Ich würde mir nicht aussuchen zu reisen, aber ich habe das Gefühl, dass ich das, was durch mich in Form von Songs herauskommt, teilen muss. Die Menschen brauchen Musik, denn sie ist wie Medizin.“

Die aufrichtige Einfachheit, aber auch die Wärme und das verbindende organische Moment von Jan Juc Moon wirken tatsächlich wie Balsam für geschundene Seelen. XAVIER RUUD gefällt das: „Ich möchte mein Energiefeld so gut wie möglich nähren, damit der Geist die Songs mit Kraft und Stärke durchfließen kann. Ich habe das Gefühl, dass es seit Covid nicht mehr anders sein wird, und weiß, dass die Menschen eine harte Zeit hinter sich haben und gerade jetzt Musik brauchen.“ Auf die Frage, was Hörer*innen von seinem neuen Album für sich mitnehmen können, antwortet XAVIER RUUD abschließend: „Was auch immer für sie bestimmt ist.“