Die sechsköpfige Band WE LOST THE SEA meldet sich mit einem Werk zurück, das musikalisch komplett überzeugt. „A Single Flower“ ist kein Album, das beiläufig gehört werden kann, es verlangt volle Aufmerksamkeit und emotionale Offenheit noch dazu. Die Australier fordern ihr Publikum heraus, sich auf eine intensive, introspektive Reise einzulassen, die sich über sechs Stücke erstreckt. Während der kürzeste Track mit 3:07 Minuten noch kurz läuft, entfalten sich die übrigen Kompositionen ungleich raumgreifender: Jeder Song dauert mindestens 7:42 Minuten, und das monumentale Finale ,Blood Will Have Blood‘ bringt es auf stlze 27:11 Minuten. Diese ausgedehnten Spielzeiten sind kein Selbstzweck, sondern Ausdruck eines künstlerischen Selbstverständnisses, das sich Zeit nimmt, um musikalische Ideen zu entwickeln, Spannungen aufzubauen und schließlich in auflösenden Momenten aufzugehen. Die Band aus Sydney bewegt sich stilistisch zwischen Progressive Rock, Post-Rock, Ambient und experimentellen Klanglandschaften. Dabei gelingt es ihr, diese Einflüsse nicht nur zu kombinieren, sondern zu einem ganzheitlichen, universellen Ausdruck zu formen. Mit „A Single Flower“ legen WE LOST THE SEA ihren fünften Longplayer vor, der als Nachfolger des gefeierten Albums „Triumph & Disaster“ aus dem Jahr 2019 eine neue Tiefe erreicht. Das instrumentale Spiel ist überwiegend nach innen gerichtet, von melancholischen Farben durchzogen und von einer emotionalen Ernsthaftigkeit getragen. Gerade diese introspektive Qualität verleiht dem Album seine nachhaltige Wirkung. Doch „A Single Flower“ ist keineswegs ein durchgehend ruhiges Werk. Immer wieder brechen aufgewühlte, heftige Passagen hervor, die die emotionale Bandbreite des Albums unterstreichen. Die Songs sind von allen menschlichen Gefühlslagen durchdrungen ist – von Trauer und Wut über Angst und Hoffnung bis hin zu Momenten der Erleichterung. Der gezielte Einsatz von Klavier und Synthesizern verstärkt die atmosphärische Dichte und verleiht den Kompositionen zusätzliche Tiefe. Besonders hervorzuheben sind die clever gestalteten Spannungsbögen und das narrative Geschick, mit dem die Band ihre musikalischen Geschichten erzählt. Der Titel ,A Dance With Death‘ scheint die Grundhaltung des Albums am prägnantesten zu verkörpern: eine tänzerische Auseinandersetzung mit Endlichkeit, Verlust und innerer Stärke. Trotz der thematischen Schwere und der intensiven Klangwelten hinterlässt das Album nach über 70 Minuten Spielzeit ein überraschend positives Gefühl. Es ist, als würde man aus einem dunklen Tunnel treten und feststellen, dass man nicht gebrochen, sondern gestärkt daraus hervorgeht.
(Bird’s Robe/dunk!/Translation Loss/New Noise)