DYING WISH

Mit „Flesh Stays Together“ legen DYING WISH ein Album vor, das kompromisslos in menschliche Erfahrungen eintaucht. Die Band aus Portland, Oregon verwebt persönliche Geschichten mit gesellschaftlicher Kritik und erschafft ein Werk, das sich zwischen roher Aggression und schonungsloser Offenheit bewegt. Die Songs wirken wie ein Befreiungsschlag, getragen von einer Botschaft, die Trost spendet, ohne zu beschönigen.

Das Quintett beschwört den Zusammenhalt in Zeiten des Zerfalls, was sich bereits im Titel widerspiegelt. Für Gitarrist Pedro Carrillo war „Flesh Stays Together“ dabei zunächst ein Ausdruck der Verbundenheit innerhalb der Band: „Als ich diese Worte zum ersten Mal zusammen schrieb, dachte ich an meine Band-Kollegen und an all den Mist, den wir im Laufe der Jahre als Tour-Band erlebt haben.“ Doch mit der Zeit gewann der Satz an Bedeutung. „Er entwickelte ein Eigenleben, als mir klar wurde, wie er in so vielen verschiedenen Facetten des Lebens interpretiert und verwendet werden kann. Die menschliche Erfahrung ist komplex und nuanciert. Kunst sollte das auch sein.“ Frontfrau Emma Boster ergänzt: „Die übergeordnete Botschaft des Albums ist, dass wir nur einander haben. Das Einzige, was wirklich zählt, ist, wie wir unsere Mitmenschen behandeln.“ Ein zentraler Faktor für die Weiterentwicklung des Sounds von DYING WISH war die erneute Zusammenarbeit mit Produzent Will Putney. Pedro beschreibt den Prozess als herausfordernd, aber lohnend:

„Viele unserer Texte sind sehr persönlich. Sie wirken viel verletzlicher als die letzten beiden Alben. Je älter wir werden, desto besser können wir uns selbst und das, was wir als Menschen durchgemacht haben, akzeptieren und vergeben.“ Emma sieht in Putney sogar den Schlüssel zu einem neuen Selbstverständnis: „Will hat uns geholfen, ein fehlendes Puzzleteil für die Band zu finden, das auf diesem Album zum Vorschein kommt – einen Sound oder ein Element, das einzigartig für DYING WISH ist.“ Diese Entwicklung ist eng mit der Arbeit innerhalb der Band verknüpft. Emma betont, wie wichtig der gemeinsame kreative Austausch war: „Pedro und ich arbeiten seit der Serration-Split 2018 gemeinsam an den Texten. „Flesh Stays Together“ ist das Ergebnis unserer intensivsten Zusammenarbeit bisher: Wir haben sechs Wochen lang fast jede Sekunde Seite an Seite im Studio verbracht.“ Auch die Einbindung anderer Band-Mitglieder hat sich verändert: „Dies war das erste Album, bei dem unser Bassist Jon Mackey Musik geschrieben hat. Je länger wir zusammenarbeiten und uns aufeinander verlassen, desto einfacher wird das Leben in der Gruppe.“ Im Vergleich zu früheren Veröffentlichungen zeigt sich das Quintett heute selbstbewusster und reflektierter:

„Mit dem Alter kommt die Reife“, sagt Pedro. „Wir sind in eine Phase der Selbstsicherheit gekommen, in der wir wissen, wie wir klingen wollen.“ Emma beschreibt ihre persönliche Entwicklung als entscheidend für den neuen Sound: „Als wir das erste Album geschrieben haben, war ich 25. Ich war verletzt und musste viel loswerden. Seitdem bin ich erwachsen geworden und habe mich geheilt. Jetzt habe ich das Gefühl, dass ich aus einer anderen Perspektive schreiben kann.“ Das Drittwerk ist damit das musikalische Dokument einer Band, die sich selbst gefunden hat – und anderen hilft, sich nicht zu verlieren. Gleichzeitig mit der musikalischen Härte, die „Flesh Stays Together“ durchzieht, bleibt Verletzlichkeit ein zentrales Thema. Die Band versteht es, emotionale Offenheit und aggressive Core-Klänge in ein kraftvolles Gleichgewicht zu bringen: „Wenn man nicht sein Herz und seine Seele in die Kunst steckt, hat sie am Ende des Tages wirklich keinen Wert“, erwidert Pedro. Für ihn sind Wut und Angst natürliche Bestandteile der Musik. Emma sieht darin ein notwendiges Ventil: „Ich wollte nie in einer Band sein, die keine Botschaft hat. Es ist beängstigend, so sichtbar zu sein und sich der Kritik so vieler Leute auszusetzen, besonders als Frau in einer so männlich geprägten Gesellschaft.“ Doch sie hat gelernt, sich davon zu distanzieren: „Die Leute kennen das, was ich präsentiere, aber das bedeutet nicht, dass sie mich als Person kennen.“

DYING WISH konfrontieren in ihren Texten oft mit unbequemen Wahrheiten. Pedro versteht das Songwriting aber auch als eine Form der Selbstkonfrontation: „Du sagst all die Dinge, die du gerne laut aussprechen würdest oder die tief in dir vergraben sind. Es kommt immer heraus, ob du willst oder nicht.“ Dabei geht es nicht um Lösungen, sondern um das Anerkennen der eigenen Realität. Emma ordnet das Album als Statusbericht ein: „Auf „Flesh Stays Together“ gibt es keine Lösung. Es ist eine objektive Momentaufnahme davon, wie verkorkst wir sind. Vielleicht sollten wir alles niederbrennen.“ Die Verbindung zwischen persönlicher Erfahrung und gesellschaftlichem Kommentar ist für die Band dennoch essenziell, wie die Sängerin ausführt: „Das ist alles miteinander verflochten. Meine persönlichen Kämpfe sind von einer kranken Gesellschaft beeinflusst. Sobald man die Verbindung hergestellt hat, dass alles zutiefst politisch ist, lassen sich die Zusammenhänge leicht herstellen.“ Was bleibt, ist die Hoffnung. Pedro formuliert es eindringlich: „Es sieht nicht schön aus, aber wir halten in diesem Müllcontainerbrand gemeinsam die Hände.“ Ein Bild, das die Essenz des Albums perfekt einfängt – und zeigt, wie viel Kraft in kollektiver Verletzlichkeit liegen kann.

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