Mit ihrer neuen EP „Siege Mentality“ melden sich BORN FROM PAIN eindrucksvoll zurück. Die
niederländische Hardcore-Institution präsentiert sieben kompromisslose Tracks, die in knapp 16 Minuten alles sagen, was gesagt werden muss – roh, wütend und voller Widerstandskraft.
Sechs Jahre nach „True Love“ und auf ihrem eigenen Label Black Gold Alliance zeigt die Band, dass sie nicht nur musikalisch, sondern auch strukturell wieder selbst das Ruder übernimmt. Ein klares Bekenntnis zur DIY-Mentalität, die sie seit ihren Anfängen 1997 begleitet. Der Name „Black Gold“ ist dabei mehr als nur ein Label-Titel. Er ist tief verwurzelt in der Geschichte ihrer Heimatregion. Frontmann Rob Franssen erklärt: „Den Namen gibt es bei uns schon sehr lange, unter ihm haben wir früher lokale Shows organisiert und andere Dinge gemacht. Es war immer eine Art Dachbezeichnung für unsere Aktivitäten. Als wir dann beschlossen haben, selbst etwas herauszubringen, lag es nahe, diesen Namen auch dafür zu verwenden.“ Die Kohle, das „schwarze Gold“, steht dabei sinnbildlich für die Bergbautradition der Region Heerlen – einer „Miniaturversion des Ruhrgebiets“, wie Rob sagt. „Unsere Großväter haben fast alle in der Zeche
gearbeitet. Man hört bis heute die Geschichten von damals.“ Diese Historie prägt nicht nur die Band, sondern auch ihre Musik. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Zechenschließungen in den 1970er Jahren sind noch immer spürbar.
„Früher war die Region wohlhabender. Die Arbeit im Bergbau war gefährlich, aber gut bezahlt. Als dann alles geschlossen wurde, entstand eine riesige Lücke.“ Die Region stürzte ab – Drogenproblematik, Prostitution und Kriminalität bestimmten die folgenden Jahrzehnte. „Das hat Spuren hinterlassen“, erzählt Rob. „Man wird durch seine Umgebung und die sozialen Umstände geprägt. Deshalb spielt das alles eine Rolle in unserer Musik und unseren Videos.“ Die Herkunft zeigt sich auch im Ethos von BORN FROM PAIN: harte Arbeit, kompromisslose Haltung, unermüdliches Touren. „Hier kriegt man nichts geschenkt. Das soll gar nicht traurig klingen, aber es ist die Realität“, so der Frontmann. „Wenn wir mit der Band etwas erreichen wollen, dann müssen wir uns unseren Platz erkämpfen. Das heißt: überall spielen und überall präsent sein.“ Die neue EP „Siege Mentality“ ist ein Ausdruck dieser Haltung und fällt direkter und kompromissloser als der Vorgänger „True Love“ aus. „Musik ist immer ein Spiegel der Zeit, in der sie entsteht. Und ja, es hat auch mit Veränderungen im Line-up zu tun“, stimmt Rob zu. „Aber es liegt vor allem daran, dass sich die Welt in den letzten Jahren nicht zum Besseren entwickelt hat. Das wirkt sich unterbewusst aus. Wenn wir im Proberaum stehen, kommt einfach etwas Härteres raus, denn es gibt mehr Frust und mehr Druck.“ Trotz ihrer ungebrochenen
Präsenz scheinen BORN FROM PAIN in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mehr denselben Stellenwert zu genießen wie früher. Der Sänger, der einst als Bassist der Band begonnen hat, sieht das ähnlich:
„Das Gefühl habe ich teilweise auch. Für mich liegt es daran, dass wir uns nie klar einer bestimmten Subszene zugeordnet haben. Wir waren nie eine klassische Oldschool-Hardcore-Band – dafür sind wir zu metallisch. Aber wir sind auch nicht Metal genug für den modernen MetalCore. Wir haben lange versucht, unseren eigenen Weg zu gehen und uns weiterzuentwickeln, ohne uns komplett einer Richtung zu verschreiben. Für viele Leute war das schwer greifbar. Sie konnten uns nicht so einfach ein Label aufkleben.“ Dabei war für Rob immer klar, wo die Wurzeln der Band liegen: „Selbst Bands wie KILLSWITCH ENGAGE wurden als MetalCore bezeichnet, aber das war eigentlich schon Metal. Als wir angefangen haben, gab es Bands wie MERAUDER, ALL OUT WAR und natürlich HATEBREED. Das ist für mich MetalCore: Hardcore mit einer gewissen Heaviness und Metal-lastigen Riffs, aber nie so metallisch, dass es wirklich Metal ist. Viele Leute brauchen eine klare Definition. Sie wollen wissen: Ist das jetzt
MetalCore, Deathcore, Thrash Metal, Hardcore, was auch immer. Wenn du das nicht klar benennen kannst, wird es für manche schwierig.“ BORN FROM PAIN hingegen bleiben sich treu:
„Auf der Bühne sagen wir ganz klar, dass wir eine Hardcore-Band sind. Auch wenn wir mit Bands wie SIX FEET UNDER oder NAPALM DEATH auf Tour waren, haben wir uns nie verstellt. Auf Festivals wie dem Wacken oder Summer Breeze haben wir nie versucht, uns anzupassen. Das sind wir einfach nicht.“ Trotzdem blickt der Musiker aus Heerlen zufrieden auf die eigene Karriere und Stellung: „Vor zwei Jahren haben wir auf dem Summer Breeze gespielt, das läuft alles noch. Aber du musst heute überall präsent sein: Spotify, Instagram, alles muss laufen. Wenn du nicht METALLICA oder IRON MAIDEN bist, kannst du nicht einfach zehn Jahre verschwinden und dann wiederkommen, als wäre nichts gewesen. Bis Corona hatten wir extrem viel gemacht, Stillstand gab es eigentlich nie. Als Corona zuschlug, hatten wir endlich mal eine Pause. Nicht, weil wir keinen Bock mehr auf
die Band hatten, sondern weil wir so tief drin waren, dass keiner uns uns mal die Reißleine gezogen hat. Es war befreiend, sich endlich mal auf das persönliche Leben zu konzentrieren. Auf Arbeit, Familie – Dinge, die sonst oft nur halb laufen.“
Erst mit der Zeit kehrte die Kreativität zurück. Mit neuem Gitarristen und frischem Material entstand schließlich „Siege Mentality“. „Wir wollten uns keinen Druck machen. Es musste kein Album mit 13 oder 14 Songs sein. Eine EP mit sieben Stücken reicht völlig aus, denn wir haben das rausgesucht, was wir für am stärksten halten.“ BORN FROM PAIN feiern in der Tat ein starkes Comeback. „Als Band denkt man, gerade wenn man älter ist und in einem Genre wie Punk, Metal oder Hardcore unterwegs ist, dass man vergessen oder überholt ist. Aber wenn du ein Festival spielst, und die ganze Wiese durchdreht, dann weißt du, dass du immer noch Wirkung hast – auch nach 28 Jahren noch. Deshalb liebe ich, was ich mache, selbst wenn nur zehn Leute da sind“, betont Rob zum Abschluss.
Born From Pain | Siege Mentality
Foto credit: Sascha Teschner
