ANGELS & AIRWAVES

Egal, was er tut – Tom DeLonge steht sofort im Mittelpunkt des Interesses und findet bei all seinen Aktivitäten mediale Begleitung. Mit der Rock-Gruppe ANGELS & AIRWAVES legt er nach sieben Jahren ein neues Album vor. „Lifeforms“ knüpft dabei auch an seine intensive Beschäftigung mit UFO-Phänomenen und dem Übersinnlichen oder Spirituellen an.

Die zweite Auskopplung aus dem sechsten Longplayer des Quartetts verdeutlicht es: „,Restless Souls‘ ist in vielerlei Hinsicht so etwas wie ein ehrlicher Brief Gottes an die Menschheit“, erklärt der Frontmann. „Denn das Leben an sich scheint immer wieder neue Wege zu finden, uns zu inspirieren, etwas zu klären oder zu lehren, wenn die Dinge schwieriger werden.“ Sänger und Gitarrist Tom DeLonge (Blink-182, Box Car Racer), Schlagzeuger Ilan Rubin (Nine Inch Nails, Paramore, Lostprophets), Gitarrist David Kennedy (Box Car Racer, Hazen Street) und Bassist Matt Rubano (Taking Back Sunday) haben die Tracks breit aufgesetzt: „Dieses Album ist für mich eine Reise durch verschiedene Beziehungen, verschiedene Sichtweisen und wie wir alle unseren eigenen Lebensweg haben und bewältigen müssen“, äußert der Band-Gründer vieldeutig. „Lifeforms“ ist eine passende Überschrift für all das, womit der kalifornische Musiker sich beschäftigt: „Es gibt so viele Lebensformen, die mit uns interagieren. Von einigen nehmen wir nicht einmal Notiz. Nicht nur UFOs, sondern auch Erscheinungen wie Geister oder Bigfoot. Das Universum ist im Grunde ein einziger riesiger Verstand – wie der Verstand Gottes – mit Billionen von gestapelten Gedankenfrequenzen. Nicht linear, sondern parallel: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft existieren alle in einem Augenblick. Aber es gibt auch eine Dualität, wie das Konzept der Macht in Star Wars, wo es Licht und Dunkelheit gibt. Materie und Antimaterie sind übereinandergestapelt. Jedes Teilchen hat sein Gegenteilchen; Protonen, Elektronen, Neutronen, was auch immer…“

Zuletzt hat sich Tom DeLonge – man ahnt es – weniger mit Musik als vielmehr mit UFO-Wissenschaft und Fragen der Existenz von Außerirdischen beschäftigt. Zu diesem Themenkomplex hat er Filme und Bücher mit-geschrieben oder -produziert und viel Zeit in die Erforschung derartiger Phänomene gesteckt. Damit einher gehen Überlegungen zum Platz der Menschheit im Universum und nach dem Sinn des Lebens schlechthin. All das drückt sich auf dem Nachfolger des 2014er „The Dream Walker“, dem bis dato letzten Album von ANGELS & AIRWAVES, aus: „Im Grunde ist es größer als du und ich“, sagt Tom. „Es ging immer darum, ein emotionales, spirituelles Statement abzuliefern, mit dem die Leute interagieren und von dem sie lernen können.“ Erkenntnis, Bewusstsein und Demut gehen mit den Songs Hand in Hand. Dazu gibt es wohlklingende, poppig zulaufende Alternative-Rock-Tracks mit der unverkennbaren Stimme des Frontmanns. Der Fokus liegt dabei wieder vermehrt auf erdiger Authentizität: „Als Band begannen wir mit atmosphärischem Rock, also machte es Sinn für uns, mit der Zeit rauer und punkiger zu werden und jetzt wieder mit mehr Gitarren aufzuspielen“, so Tom. „Computer haben es so einfach gemacht, Songs um eine eingängige Hooks herum aufzubauen. Doch manchmal will man etwas, das einen so trifft und mitreißt, wie uns die Punk-Bands erreicht haben, als wir jünger waren.“

„Lifeforms“ trägt auch dieser Überlegung Rechnung. Die Songs kommen entsprechend Gitarren-lastig daher. Die Stärke im Songwriting von ANGELS & AIRWAVES liegt darin, tolle Breitwand-Hymnen zu setzen, die kompatibel und wohlklingend daherkommen, aber auch Charakter und Belastbarkeit aufweisen: „Es ist das erste Album seit sieben Jahren, dass die Aufmerksamkeit der Leute verdienen soll“, gibt der Frontmann aus. „Wir haben versucht, etwas Besonderes zu schaffen – eine Standortbestimmung dafür, wo wir zu diesem Zeitpunkt unserer Karriere stehen.“ Das Fazit des Kaliforniers mit Blick auf die neue Platte fällt geradezu überschwänglich aus: „Alle Songs sind radikal unterschiedlich. Es ist der Höhepunkt all der verschiedenen Dinge, die ich im Laufe meiner Karriere musikalisch gemacht habe.“ ANGELS & AIRWAVES lassen sich in ihrer aktuellen Aufstellung ein Stück weit als generell inszenierter Pop-Punk begreifen, was Anhänger von Blink-182 freuen wird und den früheren Betätigungsfeldern aller Beteiligten Tribut zollt. Nicht nur in Hinsicht geht es dem Quartett und ihrem Frontmann um Generalität und das Leben an sich:

„Auf einer grundlegenden Ebene dreht sich die Platte um die Beziehungen, die man mit sich selbst, mit Gott, mit der Person, die man liebt, und mit jemandem, mit dem man nicht einverstanden war, hat.“ Anders formuliert: alles ist offen für Interpretation und abhängig vom Moment oder den Umständen, die Hörer gerade bewegen: „Bei dem ganzen Projekt geht es darum, neugierig zu sein und sich zu hinterfragen, warum wir hier sind. Heutzutage hat sich so viel Musik in Pop verwandelt. Ich bin es gewohnt, dass Songs von Punk Rock-Bands auch eine Bedeutung haben. Wir schreiben Musik, weil wir uns etwas von der Seele reden müssen.“

In Kombination mit der sphärischen Raumgriffigkeit von „Lifeforms“, den rhythmischen Spielereien und anreichernden Synthie-Flächen entstehen auf dem neuen Album von ANGELS & AIRWAVES abermals große Rock-Ohrwürmer. Die Vocal-Arbeit mit ihren mehrstimmigen Chören ist dabei bemerkenswert und fördert das hymnische Potenzial der Lieder. Nicht anders hat man es sich erhofft.

www.angelsandairwaves.com