Die neueste Kollaboration von BELL WITCH (Dylan Desmond, Jesse Shreibman) und AERIAL RUIN (Erik Moggridge) trägt den Titel „Stygian Bough: Vol. II“. Die beiden Acts vertiefen ihre Zusammenarbeit und zelebrieren ein klangliches Ritual von beeindruckender Intensität und übergreifender Universalität. In vier ausladenden, fein nuancierten Kompositionen erforscht das Album die zyklische Natur von Verehrung, Macht und Transzendenz – inspiriert von den anthropologischen Konzepten aus James Frazers „The Golden Bough“. Dessen Gesetze der Kontagions- und Ähnlichkeitsmagie, wonach Berührung und Ähnlichkeit eine bleibende mystische Verbindung schaffen, bilden das konzeptuelle Fundament. Gut, dass die drei Musiker dies erläutern – doch auch ohne Kenntnis der zugrunde liegenden Theorie lässt sich dem Material viel abgewinnen. Jeder Song wirkt wie ein körperloser Kanal, der unsichtbare Nähte zwischen Künstler und Hörer, Vergangenheit und Gegenwart, Mythos und Realität zieht. „Stygian Bough: Vol. I“ muss man nicht zwingend gehört haben, denn „Vol. II“ funktioniert auch ohne Kenntnis der Bezüge und Weiterentwicklungen. Die Songs sprechen Hörer auf emotionaler Ebene an und entfalten eine tiefgreifende Wirkung. BELL WITCH & AERIAL RUIN verstehen sich auf das Spiel mit Andeutungen und bedächtiger, monolithischer Klangverdichtung, können aber ebenso kraftvoll und Doom-lastig in Erscheinung treten. Im Kern ist der Weg das Ziel. Ambient-Sphären und düstere Folk-Akustik gehören ganz selbstverständlich zum klanglichen Spektrum. Produziert wurde das Album erneut von Billy Anderson, dessen langjährige Zusammenarbeit mit BELL WITCH für eine intuitive Kohärenz sorgt. Das Ergebnis ist mehr als eine bloße Fortsetzung: „Stygian Bough: Vol. II“ steht eigenständig neben den Solowerken von BELL WITCH und AERIAL RUIN, bleibt jedoch tief mit ihrer gemeinsamen Geschichte verwoben. Es ist ein Werk voller klanglicher Magie, durchdrungen von Mythos, Mystik und jener unsichtbaren Kraft, die uns alle verbindet.
(Profound Lore)
