Der Bandname BINGO CROWD ist ebenso ungewöhnlich wie die Musik, die dahintersteht – ein bewusstes Spiel mit Erwartung und Irritation. Wer sich dem norwegischen Projekt erstmals nähert, tut dies meist ohne vorgefertigte Bilder im Kopf. Auch das Artwork des Albums „Manners“ bleibt kryptisch und verweigert jede stilistische Einordnung. Gerade darin liegt eine doppelte Spannung: die Chance, unvoreingenommen einzutauchen und das Risiko, sich im Ungewissen zu verlieren. Doch schnell zeigt sich: Die zehn Tracks von „Manners“ bewegen sich im Spannungsfeld von Dark-Elektro, Wave und Synthie-Pop – einem Genre-Mix, der in seiner gefälligen Grundstruktur durchaus anschlussfähig ist. Die Stücke dürften daher eher auf offene als auf verschlossene Ohren treffen. Dennoch ist das Album kein Selbstläufer. BINGO CROWD operieren mit einer melancholischen Grundstimmung, die sich wie ein feiner Nebel über das gesamte Werk legt. Diese Melancholie ist nicht lähmend, aber sie fordert Aufmerksamkeit und emotionale Offenheit. Gleichzeitig erlaubt sich die Band immer wieder experimentelle Momente, die das Klangbild aufbrechen und mit unerwarteten Wendungen versehen. Nicht jeder Song folgt der klassischen Struktur, nicht jede Melodie will gefallen. Und gerade darin liegt die Stärke von „Manners“: Es ist ein Album, das sich nicht anbiedert, sondern seine eigene Sprache spricht – atmosphärisch dicht, stilistisch entkoppelt und in seiner Wirkung universell. Manches erinnert an den Synthie-Pop der 1980er Jahre, doch BINGO CROWD sind keine bloßen Epigonen. Sie nehmen sich die Freiheit, eigene Wege zu gehen, und schaffen dabei Soundscapes, die tief reichen und Raum greifen. Wer sich auf „Manners“ einlässt, verliert das Zeitgefühl und taucht ein in eine musikalische Welt, die zwischen Nostalgie und Neuerfindung pendelt.
(Crispin Glover)
