BONG-RA

Der Titel „Black Noise“ kommt nicht von ungefähr. Das Drittwerk von BONG-RA klingt in jeder Hinsicht bedrohlich, destruktiv und roh. Breakcore, Jungle und Noise treffen auf Industrial, Doom und Black Metal, um experimentelle Anti-Sounds ganz eigener Güte zu erschaffen.

Dass Kreativkopf Jason Köhnen (The Lovecraft Sextet, The Kilimanjaro Darkjazz Ensemble, Celestial Season) nach der Veröffentlichung von „Meditations“ im Jahr 2021 kurz pausiert hat, ist kaum aufgefallen. Mit neun kompromisslosen Tracks nimmt er nun wieder die Arbeit auf: „Aufgeschlossen, neugierig, experimentierfreudig und ohne Angst vor Fehlern“, so beschreibt der aus Utrecht stammende Musiker seinen Ansatz. „Um meine Kunstfertigkeit zu beschreiben, verwende ich gerne eine Kochmetapher: Viele Musiker ziehen es vor, sich an ein Rezept mit den gleichen Zutaten zu halten und daran zu arbeiten, ihr Gericht zu perfektionieren. Meiner Meinung nach ist das ein Handwerk für sich, das Hingabe und Disziplin erfordert. Ich wiederum experimentiere gerne mit vielen Gewürzen, verschiedenen Texturen, Zutaten und Kochstilen und arbeite an seltsamen und wunderbaren Fusionen. Was ich kreiere, ist manchmal ein erlesener Geschmack, oftmals aber nicht für den allgemeinen Verzehr geeignet. Dennoch ist es seltsam gut.“

Mit dieser Einschätzung steht Jason nicht alleine da: „Die Tatsache, dass dieses Projekt ein musikalisches Chamäleon ist, überrascht mich ebenso wie die Tatsache, dass die Leute immer noch in der Lage sind, all den Wendungen zu folgen, die ich damit nehme. Die überwiegende Mehrheit der Anhänger genießt die verschiedenen Blickwinkel, die ich mit BONG-RA einnehme, solange es heavy und dreckig bleibt. Mir geht es darum, mich frei ausdrücken zu können. Bei diesem Projekt kann ich mich nicht auf eine Richtung festlegen. Es muss seine Flügel ausbreiten und immer neuen Horizonten entgegenfliegen.“ Einer der Gründe dafür ist die musikalische Sozialisation des Niederländers: „Mit der Musik habe ich ohne Ziele angefangen, aber jung, rebellisch und gegen die Gesellschaft aufbegehrend“, erzählt der Künstler. „Ich bin Mitte/Ende der 1980er Jahre mit Metal und Punk aufgewachsen und habe den kruden Punk-Lebensstil übernommen, auf alles und jeden zu scheißen. Wir hörten alles von Slayer bis The Accused, von Extreme Noise Terror bis Bolt Thrower. Tolle Zeiten mit vielen großartigen Ideen und Ausdrucksfreiheit. Anfangs wollte ich einfach nur laute und schnelle Musik machen. Daran hat sich auch nach über 35 Jahren nichts geändert. Ich habe mir nie Ziele gesetzt, denn mein Lebensmotto lautet: Carpe Diem – nutze den Tag, denn morgen könntest du schon tot sein. Das ist vielleicht nicht die beste Langzeitstrategie, aber das ist mir egal, denn es ist nicht mein Ziel, Musik zu einem Geschäftsmodell zu machen.“

Das Drittwerk von BONG-RA basiert wie seine Vorgänger auf unterschiedlichen Inspirationsquellen: „„Black Noise“ wird hauptsächlich von literarischen Werken beeinflusst, insbesondere von Cormac McCarthys „The Road“, aber auch von den Klassikern von Aldous Huxley und George Orwell, Filmen wie „Brazil“ von Terry Gilliam, George Lucas‘ „THX1138“ – all den dystopischen Büchern und Filmen, die mich mein ganzes Leben lang stark beeinflusst haben. In gewisser Weise wird diese Dystopie, von der ich immer dachte, dass sie Fiktion bleiben würde, langsam Realität“, überlegt Jason. „Musikalisch sind die wichtigsten Einflüsse definitiv Godflesh, (frühe) Pitch Shifter, Ministry, GGFH, Fall Of Because, Joy Division, Will, Ultraviolence und Optimum Wound Profile, um nur einige zu nennen.“ Bei BONG-RA kommen aber auch moderne Stile vor: „Mir gefällt, wie ,Blissful Ignorance‘ geworden ist“, erwidert der Musiker darauf angesprochen. „Der Basspart wurde vom Dubstyle von Bill Laswell beeinflusst und mir gefällt, wie das Dub-Bass-Element funktioniert hat. Es hat sich auch als ein emotionaler Song herausgestellt, zumindest innerhalb der Grenzen des Albumstils.“ Dieser verändert sich jedes Mal, wenn das Outlet etwas veröffentlicht. So unbequem wie auf der neuen Platte hat man Jason aber selten gehört:

„Ich habe einen klaren Weg gefunden, um meine kreativen Ziele zu erreichen und weiß, wo in mir ich suchen und diese Quelle der Kreativität anzapfen muss“, gibt der Kreativkopf zurück. „Ich habe in so vielen Genres mit so vielen Instrumenten und Elektronik gearbeitet, dass die Palette für die Ideenentwicklung sehr breit und immer verfügbar ist. Deshalb habe ich das Glück, dass ich in diesem Bereich nicht viel Zeit verliere und mich darauf konzentrieren kann, die Ideen in meinem Kopf in die physische Welt zu bringen.“ Für „Black Noise“ bedeutet das konkret: „Ich wollte das Album in den Bereich Glitch/Electronica/Industrial Metal bringen, also habe ich mir selbst musikalische Grenzen gesetzt, um die Musik als Teil des umfassenderen Konzepts zu schaffen“, so Jason. „Um auf die Kochmetapher zurückzukommen: Für dieses Projekt gab es eine Reihe von Zutaten und Gewürzen, mit denen ich das Gericht zubereiten wollte, das mir vorschwebte.“

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