CONSTRICT

Mit „Kadavergehorsam“ legt das Potsdamer Grindcore-Quartett CONSTRICT eine EP vor, die kompromisslos gegen die zerstörerischen Mechanismen des kapitalistischen Systems anschreit. Die Band bleibt ihrer DIY-Ethik treu und hat das Release vollständig in Eigenregie aufgenommen und produziert. Musikalisch pendelt die EP zwischen brachialer Härte und rasender Geschwindigkeit, textlich zwischen Anklage und Aufbegehren. CONSTRICT liefern keine versöhnlichen Botschaften – sie liefern Widerstand.

Der Titel selbst ist bereits ein Statement. Sänger Fabian erklärt, dass wie bei jeder der EPs des Quartetts ein übergeordnetes Thema im Zentrum steht, das sich vor allem in den Texten, aber auch in der Musik widerspiegelt. Schlagzeuger Matze ergänzt: „Der Titel symbolisiert diese blinde und mechanische Bereitschaft, sich unterzuordnen und Befehle zu befolgen – selbst wenn sie moralisch fragwürdig oder schlicht falsch sind.“ Die Schärfe von „Kadavergehorsam“ ist dabei kein Zufall, sondern wurzelt in persönlichen Erfahrungen. Fabian berichtet, dass der Textprozess begann, als sich abzeichnete, dass er seinen Job verlieren würde: „Der Investor meines damaligen Arbeitgebers hat seine Anteile an einen Mitbewerber verkauft. Viele haben deswegen ihre Jobs verloren – aus typisch kapitalistischen Gründen. Das hat mir wieder vor Augen geführt, wie abhängig wir alle von diesem kaputten System sind.“ Diese Erfahrung fließt direkt in die düstere Grundstimmung der EP ein, die zwischen dystopischen Bildern und Momenten des Widerstands balanciert. Für Fabian ist der Zustand der Welt ernüchternd:

„Der Planet ist irreversibel beschädigt, Faschismus ist weltweit auf dem Vormarsch und die soziale Ungleichheit wächst. Und trotzdem feiern Leute den Kapitalismus. Es gibt keinen Grund zur Hoffnung – und genau das macht einen so wütend. Wenn schon keine Kraft aus Hoffnung, dann vielleicht aus Wut. Vielleicht kann „Kadavergehorsam“ dabei helfen.“ Dass die EP ausgerechnet am 3. Oktober erscheint, dem Tag der Deutschen Einheit, ist laut Matze eher Zufall – oder ein kleines Augenzwinkern. „Simon von 7degrees hatte das Veröffentlichungsdatum in der Hand. Zufällig ist das auch mein Geburtstag – also ein ziemlich tolles Geschenk. Nationale Identität spielt für uns keine Rolle. Dass es aber immer mehr Idioten gibt, bei denen das anders ist, bereitet uns Sorgen.“ Auch musikalisch verortet sich das Material klar im politischen Spektrum des Grindcore. Fabian sieht darin eine direkte Kritik am kapitalistischen System: „Eigentlich wollte ich weniger politische Texte schreiben, weil es sich oft so anfühlt, als würde man zum Chor predigen. Aber das Thema lässt mich einfach nicht los.“

Gitarrist Sebastian ergänzt: „Kapitalismuskritik ist im Genre keine Überraschung. Aber wenn einen die Themen beschäftigen, tut es gut, sie rauszuschreien oder wegzublasten. „Kadavergehorsam“ ist unser Beitrag zu einer hoffentlich immer lauter werdenden Stimme gegen das vermeintlich alternativlose System.“ Die EP besitzt eine verbindende Klammer, zu der Sänger Fabian erklärt: „,Trapped‘ und ‚Rats‘ als Opener bilden zusammen mit dem letzten Song ‚Fight Back‘ den Rahmen des thematischen Konzeptes. Hier wird ja bereits eine Warnung ausgesprochen. ‚Wir sind mehr…‘ ‚Ihr braucht eigentlich uns…‘.“ Besonders in einem Song wird ein gesellschaftliches Phänomen aufgegriffen, das viele betrifft: „In ‚Cattle‘ ging es mir vor allem darum, dass wir als Menschen leider dazu neigen, uns ständig mit anderen zu vergleichen. Was natürlich Bullshit ist, weil jeder einen anderen Background hat und die Bedingungen so stark variieren.“ Mit den Songs ,Mammon‘ und ,Purgatory‘ öffnet sich die EP für spirituelle und moralische Dimensionen. Fabian bestätigt die bewusste Wahl: „Überreiche werden zum Teil vergöttert und haben einen immensen Einfluss auf unsere Gesellschaft und die Politik. ‚Mammon‘ beschreibt meine Sicht auf den Kapitalismus als Dämon und was ‚Purgatory‘ betrifft – also wenn das Leben im Kapitalismus (als Arbeiter) nicht dem Fegefeuer ähnelt,… dann weiß ich auch nicht.“

Den Abschluss bildet ,Fight Back‘, dessen emotionale Intentionen der Sänger heraushebt: „Der Song war von Anfang an als Abschluss gedacht. Ganz ehrlich – die Weltrevolution werden wir damit auch nicht starten. Ich kann aber hoffen, dass Hörer*innen unsere Wut fühlen. Das hilft eventuell, mit der eigenen umzugehen. Außerdem ist der Aufruf zur Solidarität extrem wichtig. Wir Ratten können nur überleben, wenn wir zusammenhalten.“ Die Tatasche, dass CONSTRICT auch ihre neue EP wieder komplett selbst aufgenommen, gemischt und gemastert haben, ist Ausdruck ihres Anspruchs auf kreative Kontrolle. Sänger Fabian betont: „Wir kommen zwar alle aus unterschiedlichen Ecken harter Musik, aber dieser DIY-Ethos gefällt uns. Es macht Spaß, Dinge zu lernen und sich von Aufnahme zu Aufnahme zu steigern.“ Gitarrist Sebastian sieht darin auch eine pragmatische Entscheidung: „Unsere Band-Kasse war nie prall gefüllt für eine professionelle Produktion. Mit der Zeit haben wir Gefallen daran gefunden, unser eigenes Tempo zu bestimmen und weniger Druck bei der Entstehung zu haben. Klar, beim Sound ist noch Luft nach oben – aber wir sind stolz darauf, dass alles auf unserem Mist gewachsen ist.“

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