DOWNSWING

Mit ihrem ersten Studio-Album „And Everything Was Dark“ schlagen DOWNSWING ein neues Kapitel auf. Das Quartett aus Albany, New York, das sich mit vier MCDs – darunter eine über Rise Records und weitere über Stay Sick Recordings – bereits früh einen Namen in der US-Szene erspielt hat, präsentiert nun ein Werk, das sowohl musikalisch als auch inhaltlich deutlich gereifter wirkt. Veröffentlicht über MNRK Heavy, zeigt das Album eine Band, die ihren Sound über Jahre hinweg geschliffen hat und nun mit kompositorischer Übersicht, persönlicher Offenheit sowie spürbarer Authentizität überzeugt. Es ist ein Vollzeit-Einstand, das nicht nur die musikalische Entwicklung der Gruppe dokumentiert, sondern auch ihre Haltung gegenüber dem eigenen Schaffen neu definiert.

Der düstere Titel des Debüts ist dabei weit mehr als bloße Stimmungsmache. Er spiegelt eine Weltanschauung wider, die sich aus der persönlichen Wahrnehmung des aktuellen gesellschaftlichen und internationalen Umfelds speist: „Die Lage der Welt hat mich beim Schreiben dieses Albums sehr beschäftigt, und das tut sie immer noch. Anfangs hatte ich das Gefühl, dass es jeden Tag schlimmer und trauriger und deprimierender wurde. Und leider ist das immer noch so. Daher auch der Name des Albums“, erklärt Frontmann Harrison Seanor. Diese Schwere und die damit verbundene Dunkelheit ziehen sich wie ein roter Faden durch die elf Songs, die sich thematisch mit Verlust, Schmerz, Selbstzweifel und innerer Zerrissenheit auseinandersetzen – mal kompromisslos herausgeschrien, mal melancholisch reflektiert. DOWNSWING gelingt es dabei, diese Themen nicht nur musikalisch zu transportieren, sondern sie auch atmosphärisch greifbar zu machen. Die Songs wirken wie Momentaufnahmen innerer Zustände, die sich in Klang und Text zu einem intensiven Gesamtbild verdichten. Musikalisch markiert „And Everything Was Dark“ einen Wendepunkt für die Band. DOWNSWING verabschieden sich spürbar von dem Anspruch, Erwartungen erfüllen zu wollen, und finden zu einem authentischen Ausdruck zurück:

„Es ist einfach so, dass wir aufgehört haben, zu versuchen, so zu sein, wie wir dachten, dass die Leute uns haben wollten. Stattdessen haben wir schlicht angefangen, Songs zu schreiben, die uns allen wirklich gefallen“, so Harrison. Diese kreative Freiheit zeigt sich auch in der Entstehung des Albums: „Als wir angefangen haben, für diesen Longplayer zu schreiben, hatten wir nicht wirklich einen bestimmten Sound im Sinn. Als die Songs dann entstanden, ging es uns mehr darum, dass wir sie alle mochten und hören wollten, als darum, was die Leute von uns erwarten könnten.“ Die neue Offenheit im Songwriting erlaubt es der Band aus Albany, sich auch musikalisch weiterzuentwickeln. Atmosphärische Dichte und melodische Klarheit treten stärker in den Vordergrund, ohne die Härte und rhythmische Komplexität aufzugeben, die DOWNSWING auszeichnet: „Wir haben uns mit diesem Album und unserem Songwriting bewusst selbst herausgefordert und Teile in Songs geschrieben, die wir in der Vergangenheit übersehen haben oder nicht angegangen sind“, sagt der Frontmann. Dabei bleibt die Band sich selbst treu, wie Schlagzeuger Nick Manzella ergänzt: „Wir halten immer noch an den Dingen fest, die uns zu der Band gemacht haben, die wir heute sind, aber wir scheuen uns nicht, Risiken einzugehen und neue Wege auszuprobieren.“ Diese Haltung spiegelt sich auch in der Produktion wider, die bewusst auf übermäßige Glättung verzichtet und stattdessen rohe Energie und emotionale Direktheit in den Vordergrund stellt.

Die Texte sind von einer schonungslosen Ehrlichkeit geprägt, die aufhorchen lässt. Stücke wie ,For What It’s Worth‘ oder ,Emptiness Remains‘ handeln von Verrat, Sucht und Trauer, also von Themen, die tief gehen, aber Raum für eigene Interpretationen lassen: „Viele dieser Songs sind sehr persönlich und verbinden sich auf verschiedenen Ebenen mit der Band. Wenn ich aktiv und intensiv darüber nachdenken würde, würde ich am Ende alles überdenken“, erklärt Sänger Harrison. Die emotionale Resonanz ist dabei ebenso wichtig wie die technische Umsetzung:. „Mit der Zeit haben wir gelernt, nicht zu viel darüber nachzudenken und zu versuchen, unsere Songs ganz natürlich entstehen zu lassen.“ In einer sich ständig wandelnden MetalCore- und Heavy-Hardcore-Landschaft sieht sich die Band als Teil einer Bewegung, die sich von Genre-Grenzen löst. „Die ständigen Veränderungen der Trends innerhalb des MetalCore- und Hardcore-Genres finde ich wirklich großartig. Das spornt Bands, einschließlich uns selbst, dazu an, mit unserer Musik und unseren Texten noch künstlerischer zu werden“, sagt Bassist Chris Arnold. Dabei spielt auch die zunehmende persönliche Komponente der Lyrics im Heavy-Sektor eine Rolle:

„Ich fühle mich auf emotionaler Ebene immer mehr mit einem Song verbunden, wenn ich mich mit den Texten oder der Geschichte, die der Song erzählt, identifizieren kann“, so Chris. Inspirierend sind für DOWNSWING vor allem jene Künstler, die sich über Jahre hinweg behauptet haben: „Es ist toll zu sehen, wie sie endlich in ihren jeweiligen Genres erfolgreich sind, und wir hoffen, dass wir nicht allzu weit hinter ihnen zurückliegen“, äußert der Bassist. Diese Einstellung spiegelt sich auch in der Live-Präsenz der Band aus dem US-Bundesstaat New York wider. Ihre Shows sind intensiv und emotional aufgeladen mit dem Ziel, eine starke Verbindung zum Publikum herzustellen: „Die Leute sollen das Gefühl haben, verstanden zu werden. Unsere Texte sind in irgendeiner Form für fast jeden Menschen auf diesem Planeten nachvollziehbar“, erklärt Gitarrist Anthony Salvaggio. Und diese Authentizität bleibt auch auf der Bühne erhalten: „Wenn man bei jedem Auftritt einhundert Prozent gibt, kann sich eine Band von den anderen abheben und zeigen, dass es um mehr geht als nur um 30 Minuten Musik.“ Der Vollzeit-Einstand „And Everything Was Dark“ ist ebenfalls mehr als nur ein Album. DOWNSWING zeigen auf, dass Dunkelheit viele klangliche Farben annehmen kann und dass musikalische Härte nicht zwangsläufig laut sein muss. Es ist ein Werk, das sich seinen Platz nicht durch Lautstärke, sondern durch Tiefe und Ehrlichkeit verdient – und das über die reine Musik hinaus eine deutliche Grundeinstellung transportiert.

Das Verhältnis der vier Musiker zu den eigenen Tracks hat sich mit der Zeit verändert. Nicht unbedingt durch das Feedback der Fans, aber durch die Wirkung, die dieses Feedback innerhalb der Band entfaltet. Frontmann Harrison beschreibt es als „demütigendes und bestätigendes Gefühl“, wenn Menschen ihm erzählen, wie stark seine Songs ihnen in schwierigen Lebensphasen geholfen und sie begleitet haben: „Zu wissen, dass ich sehr persönliche Texte schreiben kann, die direkt mit meinem Leben zu tun haben, und dass die Leute sie dennoch auf ihre eigene Weise interpretieren können, ist wunderschön.“ Diese Resonanz zeigt, wie universell DOWNSWING mit ihren Themen berühren, ohne ihre persönliche Perspektive zu verlieren. Im Rückblick auf die eigene Entwicklung erkennt die Gruppe, dass künstlerisches Wachstum nicht bedeutet, sich selbst zu verlieren:

„Es gab zahlreiche Fälle, in denen wir so viel Zeit damit verschwendet haben, intern gegen Veränderungen zu kämpfen, obwohl uns diese Veränderungen erst zu uns selbst gebracht haben“, reflektiert Schlagzeuger Nick. Diese Erkenntnis prägt inzwischen den Umgang mit Herausforderungen und die Sicht der Musiker gegenüber dem eigenen Schaffen. DOWNSWING haben gelernt, dass Veränderung nicht nur notwendig, sondern auch bereichernd sein kann. Wenn Gitarrist Anthony seinem jüngeren Ich einen Rat geben könnte, wäre es: „Verliert nicht aus den Augen, warum ihr überhaupt eine Band gründen wolltet.“ Das Albany-Quartett entstand aus dem Bedürfnis nach einem emotionalen Ventil, nicht aus dem Streben nach Erfolg. Doch gerade in einer Branche, in der kommerzielle Aspekte schnell dominieren, ist es wichtig, sich auf diese ursprünglichen Werte zu besinnen: „Es ist so wichtig, diese ursprünglichen Werte bei den Entscheidungen, die man für die Zukunft treffen muss, im Blick zu behalten, besonders wenn man weiter wächst.“ Diese Rückbesinnung auf den Kern der eigenen Motivation ist für die Band zu einem Kompass geworden, der sie durch kreative und persönliche Umbrüche trägt.

Was für DOWNSWING heute Erfolg bedeutet, ist weniger an Streaming-Zahlen oder Konzertbesucher als an Bedeutung geknüpft: „Das Gefühl, dass jede Show, jede Platte und jede Probe etwas bedeutet“, beschreibt es Schlagzeuger Nick. Es geht der Band nicht um oberflächliche Anerkennung, sondern um die Substanz hinter dem künstlerischen Ausdruck. Jeder Moment auf der Bühne, jede Zeile im Song, jede gemeinsame Probe ist für die Musiker ein Teil eines größeren Ganzen und eines Prozesses, der sie nicht nur musikalisch, sondern auch persönlich wachsen lässt. Mit zunehmendem Alter steigt dabei auch das Bewusstsein für die eigene Vergänglichkeit und damit die Entschlossenheit, jeden Moment voll auszukosten: „Spielt alles, als wäre es das letzte Mal“ ist zur Maxime geworden, die die Band antreibt. Dieser Grundgedanke verleiht ihrer Musik eine Dringlichkeit, die sich unmittelbar auf das Publikum überträgt. Es ist die bewusste Entscheidung, nicht nur zu performen, sondern zu kommunizieren. Kreative Herausforderungen bleiben dabei Teil des Weges. Nick beschreibt, wie die Band lange nach Wegen gesucht hat, ihren Sound so zu erschaffen, wie er nun klingt, ohne ihre charakteristische Schärfe zu verlieren:

„Aber es fühlte sich immer so an, als würden wir ein kleines bisschen zu kurz kommen.“ Mit „And Everything Was Dark“ scheint dieser Anspruch erstmals vollständig erfüllt: „Dies ist die erste Platte, auf der unsere gesamte Vision wirklich zum Leben erweckt wurde.“ Die Stücke des Albums wirken geschlossen, durchdacht und gleichzeitig roh genug, um ihre intensive Wucht zu entfalten. So ist das Vollzeit-Debüt des Quartetts nicht nur ein musikalischer Meilenstein, sondern auch ein Spiegel der inneren Reise von DOWNSWING – einer Band, die sich selbst treu bleibt, während sie sich weiterentwickelt. „And Everything Was Dark“ ist ein Werk das nicht laut sein muss, um gehört zu werden. Es reicht, dass es wahrhaftig und ehrlich ist.

And Everything Was Dark | Downswing

Picture credit: Cameron Perry