Die Mischung aus zurückhaltender Defensive und natürlichem Vorwärtsdrang hat es in sich und zeichnet „Prude“ aus. DRUG CHURCH sind eine Band, die ihre Hörer emotional abholt und mit starken Liedern an sich bindet. Den Mix aus Punk, Post-Hardcore, Emo-Anklängen, Grunge-, Alternative- und Indie-Rock hört man schlicht gerne.
Das Quintett aus Albany, New York trägt das Herz auf der Zunge und spielt grundehrlich auf: „Dahinter steckt Null Philosophie“, erwidert Frontmann Patrick Kindlon (Self Defense Family, End Of A Year). „Die meisten von uns könnten das Wort ohne die Autokorrektur auf unseren Handys nicht einmal buchstabieren. Die Idee der Band sind fünf Jungs, die den Musikstil, den sie spielen, lieben und das Glück haben, das vor Leuten tun zu können. Mehr ist da nicht. Wir machen einfach etwas, weil wir es mögen.“ Ob die seit 2011 bestehende Gruppe musikalisch bereits ihren Vibe gefunden hat, kann der Sänger nicht mit Bestimmtheit sagen: „Musikalisch gesehen, hat sich das Ganze für mich zum ersten Mal auf der „Swell“-EP (2015) richtig zusammengefügt. Doch ich bin mir sicher, dass es Hörer gibt, die denken, dass der Vibe bis hin zu „Cheer“ (2018) nicht richtig war oder vielleicht sogar bis heute immer noch nicht richtig ist für sie. Es ist also schwer, das mit Gewissheit zu sagen. „Swell“ hat zumindest uns gezeigt, dass wir verschiedene Arten von Songs schreiben können.“
Das ist eine Stärke von DRUG CHURCH, die mit eigenständigen und variantenreichen Nummern auffallen, die noch dazu charmant catchy daherkommen: „Es gibt dieses Sprichwort, das sagt: „Wer nicht plant, plant zu scheitern“, erwidert Patrick. „Dass es für die Kunst und Musik gilt, glaube ich jedoch nicht. Zu viel Planung macht es kaputt. Musik mag ich dann am Liebsten, wenn sie wie ein Lachen ist. Etwas, mit dem man nicht gerechnet hat, das aber eine körperliche Reaktion in einem auslöst, die man nicht kontrollieren kann.“ Mit „Hygiene“ ist zuletzt ein Album erschienen, das exakt das erreicht hat. Für das knapp halbstündige „Prude“ gilt Dasselbe. Der Fünfer spielt darauf mit größerer Reife und Selbstverständlichkeit auf: „Unsere Herangehensweise an die Songs ist seit dem ersten Tag dieselbe“, relativiert der Frontmann. „Die Jungs spielen sie zunächst ein. Dann höre ich sie mir ein paar Mal an, schreibe die Texte und nehme sie auf. Einige Hörer werden sicherlich sagen, dass meine Stimme mit der Zeit besser geworden ist, doch der Ansatz ist derselbe geblieben.“ So melodisch und eingängig die Lieder daherkommen, schwingt ihnen gleichzeitig eine spürbare Düsternis mit: „Das muss eine Art unterschwellige Orientierung sein, denn mein Leben ist wirklich gut“, überlegt der Sänger aus Albany. „Ich liebe meine Familie, bin gesund und die Band macht immer noch Spaß. Es gibt also eigentlich keinen guten Grund für mich, düster gestimmt zu sein. Was sich in unserer Musik widerspiegelt, ist ein angeborener Zynismus, der dazu führt, dass die lyrische Stoßrichtung der meisten unserer Werke so etwas ist wie „Das wäre schön, aber ich glaube nicht daran.“
Für Patrick Kindlon steht dabei die Beschäftigung mit sich selbst im Vordergrund: „Ich habe keine Verpflichtung, irgendetwas anderes zu tun, als mich vollständig auszudrücken. Tue ich das, kommt meine Weltanschauung in den Liedern ebenfalls mit zum Ausdruck. Für andere Leute mag es funktionieren, mit einem klaren Ziel in die Kunst zu gehen. Doch dafür ist das, was ich tue, zu zufällig. Alles Tiefgründige, das ich je gesagt habe, war unbeabsichtigt. Ich will mich einfach nur ausdrücken. Die Worte, die die Musik aus mir herausholt, entstehen ohne Plan oder Absicht.“ Das Mehr an Reife, das „Prude“ besitzt, hat dem Frontmann zufolge einen schlichten Grund: „Das ist ein Produkt des Älterwerdens und der Tatsache, dass ich genug eigene Fehler gemacht habe und nicht mehr das Gefühl habe, dass ich mit meinen Texten über andere Menschen urteilen kann“, so Patrick. „Als Kind hört man ständig, dass man dieses oder jenes getan hat und das schlimm sei. Wird man älter, merkt man, dass die Leute am Arsch sind, manchmal ihr Bestes geben und dies manchmal nicht tun. Gleichfalls erkennt man, dass es mehr wert ist, zu versuchen, die Menschen um sich herum zu verstehen, als sie zu verurteilen. Meinen Texten liegt der Wunsch zugrunde, zu verstehen.“
…aber auch, den Rest von DRUG CHURCH zu überraschen: „Meine Band-Kollegen haben immer Angst davor, dass ich die Songs ruiniere“, verrät der Sänger. „Deshalb ist es sehr befriedigend, wenn sie zugeben müssen, dass ich die Songs besser gemacht oder sie zumindest nicht zerstört habe.“ Dazu muss man wissen: „Diese Band scheint ihre miserablen Momente besonders zu genießen“, erklärt Patrick. „Normalerweise sind Gruppen unglücklich, wenn ein Veranstaltungsort schrecklich, eine Show nicht gut oder eine Person auf der Tour schwierig ist. DRUG CHURCH neigen jedoch dazu, diese Dinge sehr lustig zu finden. Deshalb erinnere ich mich eher an unsere Probleme als an die guten Sachen, weil die Schwierigkeiten für tolle Witze im Van sorgen. Große Ambitionen verfolgen wir ohnehin nicht. Wenn wir größere Räume füllen können, wäre das schön für unsere Familien. Aber ich denke nicht daran, in Werbespots aufzutreten. Wenn das Album für mich in zehn Jahren immer noch gut klingt, dann ist das ein Gewinn.“