GRIND

Mit „Uncontaminated By Dust Of Old“ erweiterten die Flensburger kürzlich den Erzählstrang ihres Zweitwerks „Grace And Misery“. Nun erscheint die aktuelle Drei-Track-EP auch als limitierte Vinyl-Pressung in einer Auflage von 200 Stück.

„Mit dem Bandnamen GRIND haben wir uns ein Eigentor geschossen – das hatten wir nicht bedacht“, antwortet Gitarrist René auf die häufige falsche Einordnung der Band als Grindcore-Formation. „Eigentlich sollte das Ganze ein Projekt alter Freunde aus der Teenagerzeit werden, das nochmal richtig kracht. Doch die Musik hat sich schließlich in eine breitere Richtung entwickelt. Nun stehen wir da und lesen in vielen Rezensionen zuerst eine Diskussion darüber, ob wir Grindcore sind oder nicht. Ich sehe uns eher als Progressive-Metal-Band, wenn nicht sogar noch weiter gefasst – verdammte Schubladen.“ Die Musik von GRIND verbindet Elemente etlicher Stile, die zu einem Extrem-Crossover verbunden werden:

„Die Brückenbauerrolle gefällt uns ganz gut, aber wir überschätzen unsere Strahlkraft nicht“, meint René. „Wir sind zu sehr Nischenmusik und nicht bekannt genug. Deshalb haben wir uns vor unserem zweiten Album gesagt: Wir orientieren uns an keinen Erwartungen, sondern lassen unsere Einflüsse komplett zu. Im Vordergrund stehen die Songs und ihre Emotionen. Wir sind in diversen und unterschiedlichsten Szenen unterwegs. Von Country-Armin (Bass) und Oasis-Bent (Gitarre) über Skurrilitäten-Jan (Vocals), Noiserock-René bis hin zu Grindcore/Death-Metal- und EDM-Ulf (Drums) – bei uns ist alles vertreten. Vielfalt ist uns wichtig.“ Im Zusammenspiel ergibt sich eine kraftvoll-intensive Mischung.

„Alles, was für uns spielbar ist und emotional berührt, ist erlaubt“, so René. „Unserem Schaffen muss eine gewisse Sinnhaftigkeit innewohnen. Aber einigen von uns ist es einfach nur wichtig, dass die Riffs nicht Riff-schwach sind und die Musik insgesamt energetisch ist und knallt.“ Besondere Bedeutung hat dabei ein Stück: „Darf ich etwas ausholen?“, fragt René. „Ich habe seit über zwanzig Jahren Multiple Sklerose und nutze aufgrund vieler unsichtbarer Einschränkungen seit Jahren einen Rollstuhl – im Alltag wie auch bei Konzerten. Ich begegne vielen pragmatischen Lösungen, aber auch struktureller und logistischer Diskriminierung und bin damit nicht allein. Da sich unsere Texte mit dem menschlichen Dasein und gesellschaftlichem Miteinander befassen, passt auch Inklusion hervorragend. ,CAPITAL LETTERS‘ hat durch die Vinyl-EP nun eine physische Heimat, war aber bereits als Stream verfügbar – inklusive Musikvideo.“

Auch mit diesem Song bauen GRIND Brücken: „Der Text stammt von Nathalie von MusInclusion und thematisiert explizit die Utopie einer inklusiven Welt. Durch zahlreiche Begegnungen mit Jugendlichen in unseren Workshops – ich gehöre ebenfalls dazu – habe ich viel über das Leben mit verschiedenen Behinderungen gelernt.“ Blickt René auf die Club-Szene, fällt sein Fazit gemischt aus: „Kleine Clubs geben sich Mühe, und gerade in AZ wird umsichtig gehandelt. Große Clubs hingegen verweisen Menschen mit Behinderungen oft auf festgelegte Plätze – sei es seitlich im Fotograben oder auf Podien weit entfernt von der Bühne. Natürlich gibt es Abstufungen. Aber, liebe Clubs, schreibt doch einfach mal in eure FAQ, wie wir bei euch zurechtkommen. Was erwartet uns als Rollstuhlfahrer bei euch? Neben baulichen Aspekten fehlt es oft an Empathie und Respekt – genauer gesagt an der Bereitschaft, sich in Menschen mit Behinderungen hineinzuversetzen. Finde ich beispielsweise unkompliziert eine saubere Toilette? Oder werde ich abgestellt und kann die nächsten vier Stunden meinen Platz nicht verlassen?“

Musik | GRIND

Photo Credits: Kai Kotzyba & Sebastian Haiduk