JINJER sind auf der Bühne in ihrem Element. Dabei ist es egal, ob es sich um die eines kleinen Clubs oder großen Festivals handelt. Die Modern-Metal-Band aus Donezk hat sich zunächst kreuz und quer durch Europa gespielt. Anschließend hat sie dasselbe auf globaler Ebene wiederholt – mit beeindruckendem Erfolg. „Live In Los Angeles“ zeugt davon, dass die vierköpfige Gruppe längst auch die USA erobert hat.
Was die Osteuropäer in den letzten Monaten getrieben haben, ist keine Überraschung: „Wir haben 2023 voll durchgezogen und sind das ganze Jahr auf Tour gewesen“, erzählt Bassist Eugene. „Es stimmt, dass wir kein neues Album aufgelegt haben, aber dazu gab es auch gar keinen Grund. Mit „Live In Los Angeles“ steht jetzt zumindest eine neue Veröffentlichung an, von der wir alle begeistert sind. An diesem Live-Zeugnis arbeiten wir schon ein ganze Weile und sind überzeugt davon, dass unsere Fans es lieben werden.“ Dass sich etliche Stücke mit der Setlist von „Alive In Melbourne“ überschneiden, stört den Musiker nicht: „Um ehrlich zu sein, habe ich die Track-Listen unserer beiden Live-Platten noch gar nicht miteinander verglichen“, so Eugene. „Natürlich gibt es einige Songs, die wir bei beiden Shows gespielt haben. Doch das kann eigentlich nicht mehr als allenfalls die Hälfte sein. Dabei handelt es sich dann um unsere Hits, die wir immer spielen und die auf ewig auf unserer Tracklist stehen werden. „Live In Los Angeles“ ist schon allein deshalb etwas anderes, weil die Show etliche Songs unseres letzten Albums „Wallflowers“ enthält. Und es gibt Stücke all unserer anderen Platten bis zurück zum Debüt „Cloud Factory“. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Weshalb die Veröffentlichung erst so spät erfolgt, lässt sich schnell erklären. Eigentlich gab es keinen Plan für ein DVD-Release.“ Auf die unvermeidliche Nachfrage führt der Bassist ausführlicher aus:
„Obwohl wir inzwischen eine etablierte und weltweit bekannte Gruppe sind, die ausverkaufte Shows spielt, sind JINJER in vielerlei Hinsicht nach wie vor eine DIY-Band“, erzählt Eugene. „Auch jenseits der kreativen Arbeit erledigen wir viele Dinge, die mit der Gruppe zusammenhängen, weiterhin selbst. Es gibt keinen Manager, der uns antreibt und sagt, was wir zu tun oder zu lassen haben. Wir entscheiden vieles selbst und darauf bin ich stolz. JINJER ist eine unabhängige Gruppe und bereit, Verantwortung zu übernehmen. Das tun wir gerne, nur manchmal dauert es dann. Ende 2022 ist gefühlt vor fünf Minuten gewesen. Da waren wir auf US-Tour mit P.O.D., Vended und Malevolence. Die Tour lief gut, weshalb wir eine der letzten Shows aufnehmen wollten. Das ist der Auftritt in Los Angeles. Wir wussten schon vorab, dass er ausverkauft sein würde und kannten das Wiltern als tollen Veranstaltungsort. Von JINJER gibt es nur aus den frühen Tagen eine Live-DVD. Seit 2015 ist keine unserer Shows gefilmt worden. „Alive In Melbourne“ zählt nicht, weil es keinen professionellen Video-Mitschnitt gibt. Deshalb haben wir die Show im Wiltern aufgezeichnet, doch wir wussten nicht, was oder ob überhaupt etwas dabei herauskommen würde.“ Die Hauptstadt des Entertainment hat den idealen Rahmen geboten:
„„Live In Los Angeles“ klingt dem Titel nach natürlich groß und wichtig“, erwidert der Bassist lachend. „Das Material hätte aber auch an jedem anderen Ort aufgezeichnet werden können. Es gab keinen langen Vorlauf und wenig Planung.“ Ausländische Bands haben in den USA oftmals keinen leichten Stand. Nicht so JINJER, die frenetisch abgefeiert werden: „Viele europäische Bands orientieren sich stark an amerikanischen Gruppen und dortigen Trends“, holt Eugene zu einer Antwort aus. „Musiker in Europa sind zudem konservativer. Das sind für mich die Gründe dafür, dass es europäische Gruppen in den USA zumeist schwer haben. Die Leute wollen frische, neue Sounds entdecken, doch solche bieten viele Bands nicht. Wir profitieren davon, dass wir nie Teil eines bestimmten Genres gewesen sind, sondern unseren eigenen Stil kreiert haben. Weil wir eigenständig klingen und etwas Neues bieten, überzeugen wir Hörer auf der ganzen Welt.“ Demnach verhält es sich so wie bei Electric Callboy: „Das ist ein weiteres gutes Beispiel“, stimmt der Ukrainer zu. „Persönlich freut es mich sehr, zu sehen, wie gut es für die Jungs derzeit läuft. Anfangs waren sie eine gute MetalCore-Band unter vielen, doch nichts Besonderes. Jahre später haben sie dann einen stilistischen Neustart hingelegt und überzeugen seither mit einem frischen Sound, der auffällt und die Leute umhaut.“
In Los Angeles sind JINJER ebenfalls fast umgehauen worden, berichtet der Bassist: „Ich erinnere mich vor allem an den brennenden Rauch in meinem Mund und den Augen. Wir hatten eine Rauchmaschine auf der Bühne, die irgendwann ein Problem hatte und die ganze Bühne in Rauch hüllte, so dass wir nichts mehr sehen konnten. Solch unvorhergesehene Ereignisse sind immer willkommen. Auf der DVD ist alles zu sehen, denn wir haben dieses Missgeschick nicht herausgeschnitten. So etwas passiert nun einmal.“
Pictures: linaglasirmusicphoto