KETY FUSCO – Bohème

Im historischen Kontext wurde der Begriff „Bohème“ im Frankreich des 19. Jahrhunderts geprägt, um jene Künstler, Schriftsteller, Musiker und Intellektuellen zu beschreiben, die ein unkonventionelles, oft prekäres, aber kompromisslos freies Leben führten. Diese Definition liefert eine befragte KI – und sie passt erstaunlich gut zu dem, was KETY FUSCO auf ihrem zweiten Longplayer musikalisch entfaltet. Dass moderne, zugängliche Musik auch mit ungewöhnlichen Instrumenten entstehen kann, ist längst keine Überraschung mehr. Dennoch gelingt es der in Italien geborenen und heute in der Schweiz lebenden Musikerin, der Harfe eine neue Rolle zuzuweisen – jenseits klassischer Konnotationen. KETY FUSCO hat das Instrument nicht nur studiert, sondern es auch dekonstruiert und neu gedacht. Ihre klassische Ausbildung verbindet sie mit zeitgemäßem Storytelling, klanglicher Experimentierfreude und einem feinen Sinn für Ironie. Schon der Opener ,Hi, This Is Harp‘ macht deutlich, dass hier keine gewöhnliche Harfenmusik zu erwarten ist. Der Titel ist programmatisch und augenzwinkernd zugleich. Und wenn Iggy Pop als Feature-Gast auftaucht, wird klar: Es geht um kulturelle Reibung, um das Aufbrechen von Genre-Grenzen und um das Spiel mit Erwartung und Identität. KETY FUSCO arbeitet mit elektrischen Harfen, schichtet sie übereinander, verfremdet sie und verfolgt einen klar nach vorn gerichteten Ansatz. Die entstehenden Tracks klingen weder klassisch noch eindeutig nach Harfe – und gerade das macht ihren Sound so faszinierend. „Bohème“ ist ein Album, das sich dem Instrument zwar verpflichtet fühlt, es aber nicht als stilistische Einschränkung begreift, sondern als Ausgangspunkt für klangliche Entgrenzung. Bis hin zum abschließenden Bonus-Stück ,Für Therese‘ – einer Neuinterpretation von Beethovens ,Für Elise‘ – gelingt es KETY FUSCO, immer wieder zu überraschen. Ihre Musik bleibt unvorhersehbar, vielschichtig und emotional aufgeladen.

(A Tree In A Field)