MENTAL CRUELTY

Das Quintett aus Karlsruhe tourt nach wie vor mit seinem vierten Longplayer „Zwielicht“ – und das international. Der Blackened Deathcore von MENTAL CRUELTY findet überall Fans, weil die Deutschen mit einem eigenen Zungenschlag und unterhaltsamen Extrem-Tracks unterwegs sind.

Als kurzen Abriss der gerade laufenden Tour in Nordamerika gibt Frontmann Lukas Nicolai zu Protokoll: „Es läuft echt großartig. Wir sind jedes Mal total dankbar und überwältigt, wie viele auch langjährige Fans wir in den USA und Kanada auf unseren Shows begrüßen können. Auf den Konzerten oder am Merch-Stand schlägt uns oft regelrecht eine Euphorie entgegen, weil wir endlich mal wieder über den großen Teich gekommen sind. Gestern haben wir im kanadischen Calgary gespielt. Ein Pärchen war sage und schreibe 14 Stunden unterwegs, nur um auf unser Konzert zu kommen. So etwas zu hören, ist echt beeindruckend.“ Die deutsche Band hat sich ihr Ansehen mit tollen Platten verdient, wobei insbesondere das 2021er Album „A Hill To Die Upon“ und dessen Nachfolger „Zwielicht“ mit einem eigenständigen Blick auf den Deathcore überzeugten: „Bei mir hat das schon mit 16 Jahren angefangen“, erzählt Lukas zu seinen ersten Berührungen mit dem Extrem-Genre. „Damals habe ich auf einer gemischten CD durch Zufall ein paar Tracks vom Suicide Silence-Album „No Time To Bleed“ entdeckt. Ich glaube, das waren ,Lifted‘ und ,Wake Up‘. Das war damals das mit Abstand Extremste, was ich bis zu dem Zeitpunkt jemals gehört hatte. Für mich als Jugendlichen hatte das etwas Faszinierendes und Verbotenes, weil man weiß, dass die eigenen Eltern bei solcher Musik denken, dass man komplett eine Schraube locker hat. Doch ab diesem Punkt war es für mich klar: „That’s The Shit“. Ich war automatisch im Rabbit Hole von Youtube oder Myspace gefangen und habe mir alles reingezogen – von Carnifex bis As Blood Runs Black.“

Dem heutigen Frontmann von MENTAL CRUELTY ging es wie vielen anderen: „Das Genre ist einfach sehr flashy und extrem“, weiß der Sänger. „Deshalb spricht diese Musik besonders viele junge Hörer an. Und da kommen dann automatisch viele junge, hungrige und kreative Bands nach, die das Genre am Leben erhalten und mit neuen Einflüssen für Abwechslung sorgen. Dazu waren sicherlich auch populäre Figuren wie damals Mitch Lucker wichtig, die mit ihrem Charisma für viel Aufmerksamkeit gesorgt haben.“ Welche Platte Lukas als Referenz-Werke des Deathcore erachtet und bis heute abfeiert, überrascht angesichts dieser Einlassung nicht: „“The Cleansing“ von Suicide Silence ist für mich der Urknall des Deathcore: Absolut wegweisend für das Genre, irre Vocal-Performance und so viele catchy Songs, dass man das Ding einfach von vorne bis hinten durchhören kann. Die „Self Titled EP“ von Chelsea Grin aber auch. Alleine der Fakt, dass Chelsea Grin nach wie vor auf Tour gehen mit dem Slogan, dass sie die „Self Titled EP“ komplett spielen werden, sagt für sich schon viel aus. Diese EP ist damals wie heute für viele Leute einer der ersten Berührungspunkte mit dem Deathcore. Wer bei dem Intro-Riff von ,Recreant‘ nicht komplett nostalgisch wird, dem kann ich auch nichtmehr helfen. „Dead In My Arms“ von Carnifex ist für viele vermutlich eines der eigentlichen OG-Alben. Denn besonders Carnifex haben meiner Wahrnehmung nach sowohl den Sound als auch den Look von Deathcore stark beeinflusst. Dieses Album ist einfach zeitlos und hat nach all den Jahren nichts an Härte eingebüßt.“

Sowohl die genannten Gruppen als auch MENTAL CRUELTY wissen, worauf es ankommt, um fesselnde Tracks abzuliefern: „Wichtig ist, dass man nicht einfach nur versucht, einen Song zu schreiben, der völlig übertrieben ist, um den nächsten viralen Hit zu landen“, stellt der Frontmann klar. „Der perfekte Deathcore-Song kann extrem hart sein und trotzdem catchy Riffs oder einen guten Singalong-Refrain haben.“ Im aktuellen Szene-Umfeld fühlt sich Lukas gut aufgehoben: „Man kommt nicht umhin, festzustellen, dass sich der Deathcore heutzutage immer schwieriger eingrenzen lässt“, freut er sich. „Das ist auch gut so. Scheiß auf irgendwelche Genre-Grenzen. Guter Deathcore kann auch gern Pop- oder Black Metal-Einflüsse haben und den eingefleischtesten Metal-Elitist trotzdem zum Headbangen bringen. Auf unserem letzten Album „Zwielicht“ haben wir Songs, von denen viele sagen, dass es eigentlich Black Metal oder Symphonic Metal sei. Genau so wurden die auch geschrieben.“

Für die kommenden Wochen stehen für MENTAL CRUELTY weitere Shows auf dem Plan. Danach startet die Arbeit am fünften Album: „Dieses Jahr waren wir viel auf der Straße unterwegs, zwei Mal Nordamerika und als krönender Abschluss demnächst die EU-Tour mit Cradle Of Filth im November und Dezember“, fasst der Shouter 2024 zusammen. „Drei Touren und eine dicke Festival-Session in einem Jahr fordern natürlich viel Energie, aber wir haben grade echt verdammt viel Spaß dabei. Danach freuen wir uns, dass wir uns wieder darauf konzentrieren können, neue Musik zu schreiben. Dafür kann ich versprechen wir werden wieder unser Bestes geben, alle Genregrenzen gepflegt zu ignorieren.“

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