Für ein Debüt zwischen Djent-Core und Post-Metal klingt „Chemical Well“ unglaublich reif und zugespitzt. Das britische Quartett, das als OBEYER antritt, blickt bereits auf eine erfolgreiche Vergangenheit als Lay Siege zurück. Aufgrund einer stilistischen Kurskorrektur hat sich die Band aus den Midlands zum Neustart entschlossen.
„Unsere Philosophie hat sich nicht unbedingt verändert“, sagt Frontmann Carl Brown. „Unser Ziel war es schon immer, harte Musik zu schreiben, die authentisch für uns ist. Was sich entwickelt hat, ist unser Ehrgeiz, ein Album zu schaffen, das uns individuell und die Entwicklung repräsentiert, die wir gemeinsam durchgemacht haben.“ Nichtsdestotrotz tritt die Formation aus Northampton merklich verändert mit einem Fokus auf Stakkato-Riffs, erweiterter Komplexität und einem elektronisch-sterilen Antlitz an: „Wir haben viel von uns selbst erwartet, da wir sprichwörtlich und tatsächlich wieder von vorne anfingen“, bestätigt der Sänger von OBEYER. „Bei uns gibt es immer Überlegungen, wie die Songs auf Platte oder live klingen sollen, aber das ist nichts, was wir den Prozess diktieren lassen. Bei der kreativen Arbeit geht darum, dass wir das, was wir unserer Meinung nach gut können, mit der Erkundung neuer Richtungen in Einklang bringen. Wir wollten unseren nunmehr härteren Sound mit einigen frischen Einflüssen mischen. Das ist sehr wichtig, um die Dinge spannend zu halten, ohne die Essenz unseres Ansatzes zu verlieren. Wir wollen uns selbst herausfordern und gleichzeitig sicherstellen, dass sich die Leute mit unseren Songs identifizieren können. Die größte Herausforderung für uns besteht darin, auf dem gesamten Album sowohl Kohäsion als auch Vielfalt zu gewährleisten.“
Die Briten gehen ihren Neustart nicht nur unter einem neuen Namen und mit einem veränderten Sound, sondern auch mithilfe siebensaitiger Gitarren an. Auch deshalb klingt „Chemical Well“ düster, wird präzise umgesetzt und ist von spannenden Experimenten durchsetzt: „Das alles hat mit ,Witness‘ begonnen“, erklärt Carl Brown. „Dieses Stück ist die beste Mischung aus all unseren Stilen und war der eine Titel, der den Ton für den Rest des Schreibprozesses und unser erstes Album als OBEYER vorgegeben hat. Mit Blick auf die Zukunft wollen wir weiter experimentieren und unsere Grenzen noch stärker ausdehnen, indem wir Klänge erforschen und Dinge tun, die selbst für uns unerwartet sind.“ Angst vor der Herausforderung haben die Briten dabei nicht, denn sie wissen, worauf es ankommt: „Auf Ehrlichkeit und darauf, dass dem kreativen Ausprobieren keine Egos im Weg stehen“, so der Frontmann. „Wenn etwas nicht funktioniert, scheuen wir uns nicht, es auf eine andere Art und Weise noch einmal neu zu versuchen. Als Band setzen wir auf Zusammenarbeit und schreiben immer noch alles zusammen in einem Raum. Das ist einer der Standards, die wir uns bewusst gesetzt haben, weil wir es genau so und nicht anders haben wollen.“ Legt man „Chemical Well“ zugrunde, funktioniert diese Arbeitsweise für die vierköpfige Gruppe aus den Midlands bisher gut. Härte, Technik und Präzision verbinden sich Ergebnis steigernd und schlüssig mit atmosphärischen und melodischen Elementen, auf dass Songs entstehen, deren Erzählstränge binden und die Eindruck schinden. Das Songwriting der Briten ist dabei durch Fokus und ein gesundes Gespür innerhalb des Quartetts bestimmt, was für das Feld zwischen Djent-Core und Post-Metal nicht die Regel ist:
„Normalerweise schreiben wir einen Song und gehen dann ziemlich schnell zum nächsten über“, gibt Carl Brown zu Protokoll. „So können wir direkt etwas Neues beginnen und mit einer frischen Perspektive auf das, was verbessert werden kann, zum vorherigen Song zurückkehren, falls wir das wollen oder dies nötig ist.“ Die Erfahrungen und Veröffentlichungen unter dem früheren Namen helfen den Briten dabei, die Dinge beim Neustart (noch) besser zu machen: „Der Übergang von Lay Siege zu OBEYER war bedeutend“, stimmt der Sänger zu. „Unser Sound ist gereift und wir haben eine klare Vorstellung davon entwickelt, wie wir heute klingen und was wir erreichen wollen. Dieses Wachstum ermöglicht es uns, kohärentere Songs zu schreiben, die widerspiegeln, wo wir jetzt stehen und worum es uns geht.“ Dass es auf „Chemical Well“ komplex und auf den ersten Blick wenig verdaulich zugeht, steht zu dieser Aussage nicht im Widerspruch: „Wir sehen darin kein Risiko, denn wir schreiben keine Musik, um schnelle Lösungen anzubieten“, ordnet Carl Brown ein. „In einigen Jahren wollen wir auf dieses Album zurückblicken und immer noch stolz darauf sein. Um mehr geht es uns nicht. Wenn die Leute aus unserer Musik etwas Neues mitnehmen, das sie dazu bringt, sich intensiver mit uns oder ähnlicher Musik zu beschäftigen, dann ist das umso besser.“
Der OBEYER-Frontmann ist mit den Neustart unter neuem Namen und dessen Vollzeit-Einstand zufrieden, sieht seine Ansprüche erfüllt: „Dieses Album hat mir ein kreatives Ventil und die Möglichkeit geboten, Themen zu diskutieren, die ich sowohl erlebt als auch beobachtet habe. Das Schreiben hat mir sowohl musikalisch als auch textlich viel Spaß gemacht“, sagt er abschließend.