Die Mannheimer Band SENNA präsentiert mit ihrem Debüt-Album „Stranger To Love“ ein Werk, das sich stilistisch nicht einfach einordnen lässt. Die musikalische Vielfalt sprengt die vom Label SharpTone bemühte Kategorie MetalCore und offenbart ein tiefgehendes, vielschichtiges Klangbild.
„Ich stimme zu, dass MetalCore nicht das passendste Label für uns ist, aber wir haben uns dadurch zum Glück noch nie limitiert gefühlt“, pariert Gitarrist Marcel Dürr die entsprechende Frage im Gespräch. „Ob Leute uns als MetalCore-Band wahrnehmen, kann ich nicht beurteilen, aber ich denke, wir haben noch Zeit, uns bei den kommenden Touren und unseren nächsten Releases als „Mehr als nur MetalCore“ zu etablieren.“ Für den Moment geht es den Musikern vor allem darum, dynamisch und spannend arrangierte Stücke zu erschaffen. „Aus diesem Grund arbeiten wir sehr viel mit Kontrasten“, betont Marcel. „Das Zusammenspiel von harten und soften Parts ist da natürlich ein sehr naheliegendes Stilmittel, welches wir in Songs wie ,Blackout‘ oder ,Drunk Dial Anthem‘ verwenden. Über die Spannungskurven unserer Songs denken wir sehr viel nach. Wenn wir das Gefühl haben, ein Song könnte im C-Part einen größeren Bruch vertragen, dann treffen wir diese Entscheidung auch ganz bewusst. Ich bin mir aber nicht sicher, wie konsequent wir wirklich auf den Hart-Zart-Wechsel setzen. Meiner Meinung nach entspricht der Großteil unserer Songs nicht diesem Schema.“
SENNA legen großes Augenmerk darauf, große Melodien mit intensivem Ausdruck zu verbinden und dabei auch eine reife Pop-Sensibilität einzuflechten. Doch im Vordergrund steht für die Band die Vertonung von Klangbildern: „Unser Songwriting ist sehr visuell geprägt“, erzählt Marcel. „Für jeden Song gibt es ein Moodboard. Dort landen meistens Filmszenen und Screenshots aus Videospielen, die eine gewisse Stimmung und Atmosphäre erzeugen. Das hilft uns sehr, den roten Faden beim Songwriting beizubehalten. Unsere Artworks und Visuals entwickeln wir so, dass sie sich gut in diese Ästhetik einreihen.“ Der Vollzeiteinstand „Stranger To Love“ fällt sowohl in sich konsistent als auch so aus, dass jeder Track maximal zugespitzt erscheint. „Das ist mehr den Umständen und dem Songwriting-Prozess geschuldet als einer bewussten Entscheidung“, überlegt Marcel. „Für fünf bis sechs Songs des Albums hatten wir schon Demos geschrieben, bevor wir überhaupt unsere EP „A Moment Of Quiet“ veröffentlicht hatten. Demnach gab es bei uns schon sehr viel Material, bevor wir uns überhaupt Gedanken über ein Album machen konnten. Grundsätzlich finde ich es aber auch nichts Schlechtes daran, dass alle Songs für sich stehen können.“
Mittlerweile hat sich seine Herangehensweise ans Songwriting deutlich verändert: „Inzwischen bin ich an einem Punkt, an dem mir wichtiger ist, ob ein Riff oder eine Idee dem Song dient, statt meine musikalische Finesse zu demonstrieren. Ich sehe das als eine unserer größten Stärken.“ Das ist nachvollziehbar, wobei SENNA sehr bewusst und durchdacht in Erscheinung treten: „Als wir damals mit dem Songwriting für SENNA begonnen haben, war nicht absehbar, dass wir überhaupt jemals live spielen oder bei einem großen Label landen würden“, rekapituliert Marcel. „SENNA hat für alle Beteiligten zunächst als Ventil gedient, die ganzen Ideen, die man sonst nirgends unterbringen kann, zu verwirklichen. Natürlich hat sich seitdem einiges geändert, aber der Grundsatzgedanke, dass uns bei allen kreativen Entscheidungen alle Türen offenstehen, ist geblieben.“ Mit Blick auf „Stranger To Love“ resultiert aus dieser Entwicklung eine klare musikalische Vision:
„Die Sache, auf die ich mittlerweile am meisten achte, ist: was ist die Kernaussage/Kernidee und wie konsequent und diszipliniert ist diese umgesetzt?“, so Marcel. „Ein Zitat des französischen Schriftstellers Antoine de Saint-Exupéry bringt es genau auf den Punkt: „Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.“ Ob alle Songs unseres Debüts das erfüllen, müssen andere beurteilen. Ich für meinen Teil bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis, beim Songwriting waren wir sehr diszipliniert.“ Diese Zufriedenheit ist deutlich spürbar: „Wir sind ohne große Erwartungen gestartet und haben uns Stück für Stück von Song zu Song vorgearbeitet. Das Album ist eine ehrliche Momentaufnahme der letzten drei Jahre SENNA, weshalb wir mit gutem Gewissen sagen können, dass wir unglaublich stolz auf das Album sind. Gleichzeitig haben wir bei der Erstellung sehr viel über uns gelernt und sehen noch viel Potenzial, uns weiterzuentwickeln.“
Aktuell bringt die deutsche Gruppe Post-Hardcore, R&B-Elemente, NuMetal und moderne Core-Einflüsse zu einem abwechslungsreichen Sound zusammen, der sowohl spannend als auch eingängig ist. „Für viele Leute ist Musik heutzutage eine schnelle Ablenkung oder ein nebenläufiger Begleiter im Alltag, und das ist völlig legitim“, sagt Marcel. „Ich finde es super, dass man unsere Musik sofort verstehen und erleben kann. Gleichzeitig haben wir mit einer unfassbaren Detailverliebtheit an den Songs gearbeitet, sodass man mit dem Album bei genauerem Hinhören trotzdem lange Spaß haben wird.“