SLOPE

Was lange währt… Fans warten seit Jahren sehnlichst auf das Debüt von SLOPE, die sich im Hardcore bereits einer sehr loyalen Fan-Basis erfreuen. Mit der Veröffentlichung von „Street Heat“ dürfte sich der Verbreitungsradius der Duisburger Band nun exponentiell steigern. Der Crossover des Quintetts kommt verdammt lässig, animierend und catchy.

BDHW-Labelboss Toni hat am Vortrag dennoch von grauen Haaren berichtet, die ihm die Gruppe und diese Veröffentlichung beschert hätte: „Der soll mal nicht jammern“, erwidert Frontmann Fabio lachend. „Wir hatten ursprünglich geplant, im November 2020 rauszukommen, durch die Corona-Sache dann aber alles nach hinten geschoben. Das hat uns ehrlicherweise in die Karten gespielt, weil wir dadurch noch viel mehr kreative Arbeit mit reinpacken konnten, die wir sonst zeitlich nicht gepackt hätten. Auch die Musik-Videos und andere Dinge konnten wir so entspannter angehen. Mit grauen Haaren meint er vielleicht, dass wir im Umgang nicht einfach sind, weil wir alle unseren eigenen Kopf haben. Bei SLOPE machen wir es schon immer so, dass jede Einzelmeinung mitentscheidet. Egal, ob es sich um das Song-Schreiben, Flyer oder Musik-Videos dreht. Es gibt nicht den einen, der vorgibt, wie wir die Dinge umsetzen, sondern alle müssen damit cool fahren. Das macht es für das Label nicht unbedingt einfach.“ Die Überzeugung, dass es höchste Zeit ist, das Debüt auf den Markt zu bringen, teilen die fünf Duisburger:

„Das hat zwei Gründe“, führt der Sänger aus. „Einerseits haben wir schon ein Mal geschoben. Und andererseits wollten wir es jetzt einfach. Wir sind im Studio gewesen, als die Corona-Sache gerade angefangen hat. Damals war alles noch machbar und es gab noch keine Einschränkungen. Das war Anfang Januar 2020. Ein Paar der Songs hatten wir damals schon eineinhalb Jahre lang fertig. Hätten wir jetzt noch ein Jahr gewartet, würde das Material dann vielleicht gar nicht mehr so klingen, wie wir es aktuell tun und wie wir unsere Musik machen wollen. Deshalb bringen wir es jetzt raus und sind auch sehr zufrieden damit, wie das alles geworden ist.“ Das Mehr an Freizeit während der Pandemie nutzen SLOPE produktiv: „Wir schreiben zwar schon wieder neu, aber proben ist momentan ja leider nicht. Unser Gitarrist und Schlagzeuger proben ab und an zu zweit, aber mehr geht aktuell nicht. Bislang haben wir aber jeden Song von SLOPE, der auch aufgenommen wurde, zu fünft geschrieben. Deswegen ist das derzeit schwierig. Glücklicherweise kennen wir uns, seit wir drei Jahre alt sind und sind beste Freunde. Jeder von uns zockt Gitarre, schreibt Riffs und zeigt sie den anderen. Dann wird gejamt und aufgenommen, das Ergebnis in die Gruppe gepackt und jeder gibt seinen Senf dazu. So läuft es derzeit.“

Das klingt fast nach der Ruhe vor dem Sturm, denn das Interesse am ersten Longplayer der BDHW-Kombo ist enorm: „Das hat meiner Meinung nach offensichtliche Gründe,“ versucht sich Fabio an einer Erklärung, um sofort zu relativieren. „Wir haben schon wieder lange nichts mehr rausgebracht. Wenn es tatsächlich einen großen Hype geben würde, würde ich mich freuen, keine Frage. In erster Linie machen wir all das aber weiterhin für uns selbst. Es hört sich immer blöd an, aber für uns ist es Therapie, Seele runterkriegen und Spaß haben. Man merkt aber, dass der Zuspruch und das Interesse mehr werden. Zur „Losin‘ Grip“ habe ich gerade einmal zwei Interviews gegeben und jetzt sind es schon mehr. Das freut mich natürlich, weil es toll ist, mit den Leuten darüber zu sprechen.“ Mit Blick auf „Street Heat“ fällt auf, dass SLOPE dieses Mal ungleich eigenständiger in Erscheinung treten:

„Das liegt an harter Arbeit im Proberaum und daran, dass wir noch kritischer mit uns selbst gewesen sind“, ordnet der Frontmann ein. „Manchmal haben wir acht Proben an zwei Sekunden Übergang geschrieben. Wir waren wirklich sehr selbstkritisch. Es gab bei uns eine Zeit der Kommando-Couch, die geholfen hat. Unser Gitarrist hat sich einen Kreuzband-Riss zugezogen und war sieben Monate lang komplett raus, konnte nichts machen. In dieser Zeit haben wir die ganze Zeit jeden Tag bei ihm abgehangen. Wir haben uns alles Mögliche an Musik reingezogen; alles, was es gibt – Altes und Neues. Wir haben uns sieben Monate komplett mit Musik beschäftigt. Ich glaube, dass in die neuen Songs dadurch noch einmal ein ganz anderer Einfluss mit reingekommen ist und auch unser Anspruch an uns selbst gewachsen ist.“

Dabei ist die musikalische Interessenlage schon von jeher breit gehalten: „Ich höre durch die Bank weg alles, auch wenn sich das immer blöd anhört, es so zu sagen,“ so Fabio. „Oft ist es bei mir so, dass ich nur ein einziges Lied von einem Künstler höre und dann alles von ihm heraussuche, vom Demo bis zur aktuellen Platte. Für mich ist auch der Hip Hop ein großer Einfluss. Diesbezüglich bin ich aber der Einzige in unserer Band. Ich bin mit Hip Hop und Sachen wie Biggie, 2Pac oder Nas aufgewachsen, höre aber auch neue Sachen wie Mac Miller, der für mich ein komplett kreativer Künstler ist, oder auch Tyler, The Creator. Damit beschäftige ich mich, aber natürlich auch mit Alice In Chains, Living Colour, 24-7 Spyz und solchen Sachen, wo alles ein bisschen verkopft ist und man erst beim zweiten oder dritten Mal richtig versteht, was da so abgeht. Wenn man sich erst reinfuchsen muss, macht mir das Spaß.“ Funk-Rock-Gruppen wie die Red Hot Chili Peppers sind ebenfalls ein wichtiger Einfluss: „Voll, das kommt wahrscheinlich viel von unserem Gitarristen. Er hat sich von den Red Hot Chili Peppers wahrscheinlich alles gezogen, was er finden konnte. Selbst ich kenne fast jedes Live-Set, was es auf youtube gibt und finde sie geil, bin aber bei weitem nicht so drin, wie er.“

Beim Kontakt mit SLOPE fällt unweigerlich ihre lässige Attitüde und die Bereitschaft auf, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen und stilistische Grenzen zu weiten. Im Hardcore-Zirkus ist so etwas in der gebotenen Art und Weise eher selten anzutreffen: „Ich weiß genau, was du meinst“, nimmt der Sänger den Faden auf. „Es ist uns schon oft passiert, dass Leute sagen, sie könnten mit uns nichts anfangen. Einige stören sich beispielsweise am Clean-Gesang. Im Endeffekt ist mir das komplett egal. Ich mache das in erster Linie für mich. Und wenn es Leute gibt, die dazu etwas Positives sagen, finde ich das gut und bin dankbar dafür. Sagt jemand etwas Negatives, ist das auch in Ordnung. Wir zwingen ja niemanden, unsere Mucke zu hören.“

Aufgrund der Crossover-Anlage steigt der potenzielle Identifikationswert, Genre-Puristen werden sich allerdings nicht beeindrucken lassen: „Manchmal fühle ich uns auch missverstanden, wenn die Leute es sich zu einfach machen. Bei „Losin‘ Grip“ vielleicht noch etwas mehr, aber auch jetzt gibt es öfter noch diesen Turnstile-Vergleich. Bisweilen beschreibt man uns gar als Abklatsch von Turnstile oder nennt uns die deutschen Turnstile. Es ist immer einfach, das so hinzustellen, weil es irgendwo trifft. Damit wird einem aber sogleich ein großer Teil der harten Arbeit abgesprochen. Das ist ein Punkt, an dem ich mich missverstanden fühle.“ Um eine Ahnung davon zu vermitteln, in welche Richtung an bei SLOPE geht, sollten neben Turnstile unbedingt auch Crown Of Thornz, Son Of Skam und Biohazard angeführt werden:

„Das passt ja auch voll und ich weiß, dass Turnstile von denselben Künstlern wie wir beeinflusst sind“, führt der Frontmann aus. „Wenn man sich allein nur Living Colour anschaut: die Turnstile-Jungs scheinen sich viel Living Colour gegeben zu haben. Auch, was die Schrift und das Art-Design angeht. Die Parallelen sind unverkennbar, was auch voll okay ist. Denn das Rad neu erfinden, kannst du heute eh nicht mehr.“ Die Duisburger emanzipieren sich auf ihrem Debüt „Street Heat“ vom ewigen Turnstile-Vergleich und haben auch sonst akribisch gearbeitet: „Unsere Visuals sind komplett durchgeplant“, verrät Fabio. „Für die Videos gibt es ein Sekunden-genaues Drehbuch. Da steht dann drin, was wir ungefähr machen wollen und situativ entscheidet sich dann, wie genau wir das umsetzen. Doch schon vorab gibt es eine feine Struktur, die dann weiter ausgestaltet wird. Beim Songwriting ist es hingegen anders. Meistens fängt es mit einem Riff oder Beat an und irgendjemand beginnt, darauf zu spielen. Wenn es jedem von uns gefällt, machen wir weiter. Es kommt aber auch immer wieder einmal vor, dass einer nach sechs Proben sagt, dass er ein Lied nicht mehr will. Dann schmeißen wir es halt weg. Wenn wir Platten schreiben, achten wir auch darauf, dass wir kein Übergewicht von einem Stilmittel oder Genre haben, weil wir versuchen, den SLOPE-Style aufrecht zu erhalten. Das beziehen wir genauso auf jedes einzelne Instrument. Jeder soll seine Momente und seinen Spaß haben, das selbst zu spielen. Das ist schließlich das Wichtigste.“

Berührungsängste kennen die fünf Musiker dabei nicht: „Wir gehen komplett freigeistig vor“, bestätigt Fabio. „Alles, was uns Spaß macht, schreiben wir auch. Auf der „Street Heat“ haben wir jetzt nicht nur zufällig noch mehr Einflüsse als auf „Losin‘ Grip“. Ich bin mir auch sicher, dass wir auf der nächsten Platte mit noch ganz anderen Genres in Berührung kommen. Es geht einzig und allein darum, was wir cool finden. Man muss sich von der Frage frei machen, ob man etwas darf oder kann. Solange sich etwas gut anhört und gut gemacht ist, kann man alles spielen.“ Obwohl ihr Sound keine Grenzen kennt, werden SLOPE gemeinhin mit der Hardcore-Szene assoziiert. Das Quintett will daran vorerst nichts ändern, zeigt sich beispielweise für Touren mit Bands aus anderen Genres aber grundsätzlich offen:

„Der Gedanke war schon öfter da und wir würden uns dagegen sicherlich nicht sperren“, äußert der Sänger. „Ich würde gerne mit ganz unterschiedlichen Künstlern Musik machen und auf Tour gehen. Im Hardcore sind wir verwurzelt, weil wir mit ihm großgeworden sind. Mit 13 oder 14 Jahren sind wir auf unsere ersten Shows gegangen und seither in dieser kleinen Familie drin. Und raus möchte ich aus ihr auf jeden Fall nicht. Touren mit Hardcore-fremden Künstlern würden wir auf jeden Fall mit in Betracht ziehen oder auch Auftritte auf Festivals, bei denen Hardcore nicht das Haupt-Genre ist.“ Die zwei tanzenden Personen auf dem Cover von „Street Heat“ erscheinen in diesem Zusammenhang fast prophetisch: „Das sind wirklich „freaky Dancer“. Unser Drummer hat die irgendwann einmal irgendwohin gemalt und wir fanden das alle cool. Dann hat er sich nochmal ran gesetzt und Toni von BDHW hat sie anschließend geknetet.“

Auch sonst hat das Label ansprechende Pre-Order-Pakete gepackt, die reißend Absatz finden: „Wir haben schon damit gerechnet, dass wir eine gute Pre-Order haben werden, weil wir schon so lange nichts mehr gemacht haben – aber nicht so hart“, freut sich der Fabio. „Eigentlich waren wir schon bis auf wenige Platten ausverkauft. Doch weil wir wussten, dass sich so viele Leute auf uns freuen, wollen wir es jedem, der im März eine Platte haben möchte, ermöglichen, auch eine zu bekommen. Deshalb haben wir noch zwei Vinyl-Farben mehr mit in die Pre-Order genommen.“ Das ist der Lohn der jahrelangen Arbeit: „Wir sind weder faul noch langsam“, sagt der Frontmann. „So ist das bei uns einfach. Wir haben sehr viel Material verworfen, das uns irgendwann nicht mehr gefallen hat und schreiben an einzelnen Songs schon einmal zwanzig Proben. In Nicht-Corona-Zeiten proben wir zwei bis drei Mal pro Woche für mindestens zwei Stunden. Bei uns müssen es eben aber auch alle cool finden.“

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