VISCERA

Die Briten sind längst ein heißer Geheimtipp. Das 2020er Debüt „Obsidian“ hat im Modern-Extrem-Underground für reichlich Furore gesorgt. Nun gehen VISCERA mit „Carcinogenesis“ in die Vollen. Besser kann man das Spannungsfeld zwischen Deathcore, MetalCore und Tech-Death nicht bespielen.

„Wir vermeiden es, eine identische Herangehensweise wie andere Künstler zu wählen“, umreißt Frontmann und Unique Leader-CEO Jamie Graham den Anspruch der Gruppe. „Deshalb ja, aufgeschlossen zu bleiben, ist super wichtig, da es uns erlaubt, Einflüsse von allem zu nehmen, was uns gefällt und dem jeweiligen Song dient. Die Ausgangsbasis dieser Band war von Beginn an, die Musik zu machen, die uns Spaß macht. Die Absicht war es von Anfang an, dass wir uns nicht von dem einschränken lassen wollten, wie eine Metal-Band nach Meinung der Leute klingen sollte.“ Mit Mut, Vehemenz und Ideenreichtum hat sich die Formation um den ehemaligen Sänger von Sylosis und Heart Of A Coward bereits eine eigene musikalische Identität erarbeitet: „Es ist cool, dass du denkst, wir hätten unseren eigenen Sound“, freut sich Jamie. „Doch wir haben erst zwei Alben veröffentlicht. Deshalb bin ich der Meinung, dass wir uns immer noch weiterentwickeln und längst noch nicht das definierende Album abgeliefert haben. Die Kombination unserer Einflüsse ist jedoch der Hauptfaktor. Jedes einzelne Mitglied bringt seinen eigenen Musikgeschmack ein. Die Grundlage ist der Death Metal, was die Verwendung von Blastbeats und Synkopen angeht. Es gibt aber auch einen gleichwertigen Hang zur Melodie. Das ist der Punkt, an dem die Dinge interessant werden.“

In den Songs von VISCERA kommt eine Menge zusammen: „Es ist eine Kombination aus 1990er Metal, Deathcore, Göteborg-Metal und Tech-Death“, verortet der Frontmann. „Für mich klingen wir wie ein gut organisiertes Durcheinander. Irgendwie funktioniert es. Auf unseren Shows hatten wir schon Fans von Killswitch Engage und Pantera, genauso wie von Lorna Shore oder Whitechapel. Es ist also für jeden etwas dabei. Das ergibt sich von selbst, wenn man musikalischen offen vorgeht.“ Die britischen Musiker, deren frühere oder andere Betätigungsfelder auch mit Abhorrent Decimation, Martyr Defiled, Nervecell und Surfaces zu benennen sind, wissen um den Wert nachvollziehbarer Stücke: „Wir neigen dazu, uns von älteren Bands beeinflussen zu lassen, mit denen wir aufgewachsen sind“, verrät Jamie. „Der Vorteil dabei ist, dass zwischen mir und unserem Gitarristen Charlie ein Altersunterschied von zwölf Jahren liegt. Deshalb sind wir von unterschiedlichen Bands geprägt. Wir stimmen in der Einschätzung überein, dass Gruppen, die etwas Einprägsames machen, am Längsten bestehen bleiben. Zumeist sind es die Melodien, an die man sich erinnert. Dem Grunde nach sind wir die Summe unserer Einflüsse, doch es gibt keine Blaupause. Jedes Sub-Genre des Metal besitzt seine Geheimwaffe und wir versuchen von jedem ein bisschen mitzunehmen. Zumindest von dort, wo es Sinn macht.“

Den Kreativprozess von VISCERA beschreibt der Frontmann wie folgt: „Wir neigen dazu, einen Haufen Ideen zu schreiben und mit ihnen herumzuspielen“, sagt Jamie. „Manchmal werden sie komplett überarbeitet. Manchmal bleiben sie einfach so, wie sie sind. In jedem Fall wissen wir, dass ein Song fertig ist, wenn er ohne Gesang von Anfang bis Ende gut klingt. Dann fügt sich der Rest superschnell zusammen. Es sei denn, der Song ist um eine Gesangsmelodie herum geschrieben. Dann kehren wir den Prozess um. Da wir ziemlich viel Clean-Gesang nutzen, ist es wichtig, dass wir nicht in den weinerlichen Bereich abdriften. Diesbezüglich suchen wir nach der richtigen Balance.“ Auf ihrem Zweitwerk „Carcinogenesis“ haben die Briten diese gefunden: „Um die melodische Seite unseres Sounds auszufüllen und den harten Parts Klaustrophobie zu verleihen, haben wir schon immer eine Menge Synthesizer, Streicher und Ambient verwendet“, führt Jamie zutreffend an. „Für dieses Album haben wir mit ,Demon Queen‘ sogar bewusst einen Song geschrieben, bei dem wir noch melodischer geworden sind. Es ist fast so, als ob Slipknot eine Deathcore-Ballade machen würden. Dafür sind ,Resolver‘ und ,Omnipotence‘ sehr stark vom schwedischen Death Metal beeinflusst, während ,Carcinogenesis‘, ,Lex Talionis‘ und ,On Earth As It Is In Hell‘ ihrer Art nach alle ziemlich Blackened sind. Gesanglich habe ich das ganze Album fast identisch gestaltet und bin größtenteils in den mittleren Tonlagen geblieben. Das hat dazu beigetragen, das Ganze mehr zusammenzuhalten.“

Der Album-Titel ist eine Anspielung auf die Ähnlichkeit der Menschheit mit einer aggressiven Krankheit: „Carcinogen“ und „Genesis“ werden zu einem neuen Wort zusammengefügt“, bestätigt der Sänger. „„Carcinogenesis“ – wie sich unsere Selbstzerstörung in der Kultur von selbst verewigt, wie unsere Energie die Energien der Menschen um uns herum verändert. Auf dem Cover des letzten Albums webt die Hexe Delilah einen Seelenwirbel, der unseren Einfluss auf andere darstellt. Auf der neuen Platte erscheint der Strudel im Hintergrund, während die Seelen die zentrale Figur des Königs nähren, aus dem die Energie in seine Umgebung herausströmt. Nehmt davon, was ihr wollt.“

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