In den Stücken des Quintetts werden intensive Emotionen ausgelebt und innere Kämpfe ausgefochten. YOUR SPIRIT DIES präsentieren einen breit aufgestellten MetalCore-Sound, der gelegentlich jähe Mathrock-Momente aufweist. Die Gruppe aus Columbia versieht den Sound der frühen 2000er Jahre auf „My Gnawing Pains Will Never Rest“ mit einem modernen Twist.
Im Zoom-Interview zeigt sich Frontmann Brandon Byars erfreut darüber, dass seine Band inzwischen auch außerhalb der USA Aufmerksamkeit erregt und sich immer mehr Hörer für die Gruppe aus South Carolina begeistern: „Vor dieser Platte habe ich eigentlich überhaupt keine Interviews gegeben“, überlegt der Sänger. „Niemand hat sich für uns interessiert. Es ist cool zu sehen, dass nun vieles anders ist. Wir sind auch deshalb positiv gestimmt, weil dieses Album von MNRK Heavy herausgebracht wird. Die Zusammenarbeit mit diesem Label war schon bisher unglaublich, und es kann nur noch besser werden. Denn „My Gnawing Pains Will Never Rest“ ist ja noch gar nicht veröffentlicht. Das Angebot des Signings war für uns ein regelrechter Schock, denn wir haben nie damit gerechnet und hätten uns das nie zu träumen gewagt. Die Verbindung kam über The Callous Daoboys zustande, mit denen wir 2022 oder 2023 eine kleine Show in Milwaukee gespielt haben. Sie wollten direkt wissen, ob wir irgendwo unter Vertrag stehen oder mit jemandem sprechen. Dem war nicht so, und der Rest ist inzwischen Geschichte. Wir hatten bis dahin alles selbst organisiert, unsere eigenen Tourneen gebucht und niemals vermutet, dass es jemals anders werden könnte. Wie sehr wir uns getäuscht haben.“
Die fünfköpfige Gruppe aus Columbia begann 2019, doch vor COVID passierte nicht viel: „Als die Lockdowns einsetzten, hatten wir gerade einmal drei Shows gespielt – darunter unsere allererste überhaupt im Vorprogramm von Magnitude in unserer Heimatstadt“, erinnert sich Brandon. „Dann stand alles still, und wir hatten keine Ahnung, ob oder wann wir wieder spielen können. Ich bin übrigens derjenige, der als Letzter zur Band gestoßen ist. Das Jahr Stillstand hat uns geholfen zu erkennen, dass wir das Ganze ernster nehmen wollten. Als wir diese Band gründeten, war es zunächst nicht als etwas Ernstes gedacht. Wir waren alle bereits in unseren 30ern und wollten einfach nur Spaß haben und Musik spielen, die uns etwas bedeutet. Dass unser Sound eher nostalgisch geprägt ist, wissen wir. Er erinnert an den MetalCore der späten 1990er und frühen 2000er Jahre. Anfangs haben wir Musik nur für uns selbst gemacht. Dann schrieben wir unsere erste EP. Ein Typ aus North Carolina brachte sie direkt auf Vinyl heraus, und sie hat sich gut verkauft. Wir dachten: „Wow, was zum Teufel ist hier los? Das ist doch verrückt.“ Als dann alles zum Erliegen kam, schrieben wir eine weitere EP, weil uns klar war, dass wir von vorne anfangen mussten. Es war ein kompletter Neustart. Diese zweite EP zu schreiben, hat uns noch mehr motiviert. Inzwischen nehmen wir die Band ernst, aber wir arbeiten weiterhin in unseren normalen Jobs. YOUR SPIRIT DIES ist jedoch etwas, das wir alle vorantreiben wollen.“
Spaß und Selbstverwirklichung stehen für Brandon und die anderen weiterhin im Vordergrund: „Ich mache das nicht wegen des Geldes“, stellt der Frontmann klar. „Wäre es cool, von der Musik zu leben? Ja, das wäre natürlich super. Doch ich bin 31 Jahre alt und seit meiner Jugend im Hardcore-Bereich aktiv. Wenn es ums Geld ginge, wäre ich nicht mehr hier.“ Auf die wesentlichen Einflüsse angesprochen, die auf „My Gnawing Pains Will Never Rest“ ihre Spuren hinterlassen haben, sagt Brandon: „Uns haben Bands wie Arkangel stark beeinflusst, aber natürlich auch Killswitch Engage, frühe All That Remains und solche Sachen. Da wir aus dem Südosten der Vereinigten Staaten und dem sogenannten Bibelgürtel stammen, war der christliche MetalCore ebenfalls wichtig für uns. Es ist eine stark religiös geprägte Gegend, weshalb viele von uns Veröffentlichungen von Solid State gehört haben – also Bands wie The Chariot, Zao oder Underoath.“ Brandon selbst mag es extrem, schätzt aber gleichzeitig die unterschiedlichen musikalischen Vorlieben in der Band: „Wir sind eine vielseitige Gruppe, in der jedes Mitglied etwas anderes hört. Alle schätzen Hardcore und Metal, aber jeder von uns steht auf andere Sub-Genres. Ich zum Beispiel bin total in Death- und Black Metal vernarrt, während andere in der Band Meshuggah feiern.“
Einigkeit herrscht innerhalb des Quintetts im Hinblick auf das Debüt: „Jetzt selbst ein Album herauszubringen, bedeutet uns unglaublich viel und fühlt sich surreal an“, erklärt Brandon. „Für jeden von uns ist es das erste eigene Album überhaupt. Niemand von uns hat mit irgendeiner Gruppe jemals mehr als sechs oder sieben Songs veröffentlicht. Es war eine große Herausforderung, jetzt zwölf Songs aufzunehmen, denn das ist eine Menge Material. Wir sind so stolz auf „My Gnawing Pains Will Never Rest“. Für mich ist das ein Kindheitstraum, der Realität geworden ist – ein komplettes Album zu schreiben, es aufzunehmen und dann als physisches Produkt in der Hand zu halten. Das ist einfach großartig.“ Wie die Gruppe bei ihren Hörern ankommen will, formuliert Brandon so: „Worum es uns geht, ist, mit den Songs Aufmerksamkeit zu erregen. Die Texte dieser Platte haben viele Bedeutungen. Ich möchte, dass sie interpretiert werden können und glaube immer noch fest an das Gesamtwerk eines Albums, weil es mehr zu bieten hat als einzelne Singles. Vielleicht liegt es daran, dass ich mit meinen 31 Jahren noch in einer anderen Ära aufgewachsen bin. Heutzutage ist alles schnelllebig. Die Leute hören sich einen Song an und vergessen nach zwanzig Minuten, dass es ihn überhaupt gibt. So ist die ganze Single-Struktur aufgebaut, und das finde ich seltsam. Wie die Leute unsere Songs konsumieren und ob sie sich mit ihnen beschäftigen oder nicht, kann ich nicht beeinflussen. Ich kann nur hoffen, dass sie es tun und versuchen, uns zu verstehen. Leider fühlt es sich so an, als würden viele den Texten nicht viel Aufmerksamkeit schenken. Besonders dann nicht, wenn man über härtere Themen schreibt, wie ich es tue.“
YOUR SPIRIT DIES legt dabei großen Wert darauf, dass Musik und Lyrics eine Einheit bilden und sich gegenseitig ergänzen: „Ich schreibe mir häufig Ideen und grobe Entwürfe auf, aber ich bin wirklich schlecht darin, Texte zu verfassen, ohne den Song gehört zu haben“, erklärt Brandon. „Den jeweiligen Song muss ich vor mir haben, um die richtigen Worte zu finden. Das gibt mir mehr Sinn und hilft mir beim Aufbau des Textes. Wenn es ein dunklerer Song ist, möchte ich auch einen dunklen Text verfassen. Ist es ein hellerer Song, wähle ich zumeist einen tiefgehenden, persönlichen Ansatz. Natürlich kann jeder Song über alles Mögliche handeln, doch ich versuche stets, die Atmosphäre des Stücks einzufangen und sie mit lyrischen Ideen zu verbinden.“
Auch das Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Band spielt eine große Rolle: „Eine Platte aufzunehmen, ist schwierig“, weiß Brandon. „Eigentlich wäre ich dabei gerne allein, doch das geht nicht. Es gibt viele Höhen und Tiefen, auch wenn man mit Leuten zusammen ist, die man gut kennt und sehr schätzt. Das ist mir bei der Arbeit an „My Gnawing Pains Will Never Rest“ noch einmal so richtig klar geworden. An manchen Tagen fühlt man sich wie die beste Version seiner selbst. An anderen Tagen fragt man sich, warum man überhaupt lebt. Die Arbeit an diesem Album hat unsere Beziehung zur Band gestärkt, uns noch näher zusammengebracht und unsere Chemie weiter verbessert.“
Picture credit: Celina-Odeh