Die Band aus Philadelphia gilt seit Jahren als eine der ungewöhnlichsten Stimmen innerhalb der progressiven Hardcore-Szene. Mit ihrem neuen Album „I Want To Go Home“ gelingt KAONASHI das scheinbar Paradoxe: Trotz ihres experimentell-chaotischen Grundansatzes klingt die Gruppe so zugänglich wie nie zuvor. Der Haken? Man muss bereit sein, sich auf ihre musikalischen Sprünge, Brüche und emotionalen Ausschläge einzulassen. Seit ihrer Phase rund um das Album „Dear Lemon House, You Ruined Me: Senior Year“, das ihnen das Label Emo-Mathcore einbrachte, hat sich die Band kontinuierlich weiterentwickelt und dabei ihr Fundament nicht verloren. Inhaltlich bleibt das Konzept introspektiv und thematisch dicht, doch stilistisch bewegt sich KAONASHI inzwischen auf noch mutigerem Terrain. Ja, das geht. „I Want To Go Home“ ist eine stilistische Wundertüte, ein auditives Kaleidoskop, das sich jeder konventionellen Genre-Definition entzieht. Die Songs vereinen mit beeindruckender Selbstverständlichkeit Elemente aus Hardcore, Mathrock, Post-Hardcore, MetalCore, Djent und progressivem Chaos zu einem Sound, der gleichzeitig irritiert, aber auch viel gibt. Die Strukturen sind komplex, häufig unvorhersehbar, aber immer emotional ehrlich und kompromisslos. Was KAONASHI dabei antreibt, ist eine klare Haltung zur Musik: Für die Band ist sie nicht bloß Ausdruck, sondern Werkzeug – ein Mittel, um Raum für Wachstum und Reflexion zu schaffen. Dieses Album fordert, überfordert mitunter, aber bietet ebenso die Chance zur kathartischen Erfahrung. Der Mut zur Verletzlichkeit, zur stilistischen Grenzüberschreitung und zum emotionalen Overload gehört zum Kern der Band-Identität. „I Want To Go Home“ ist kein Safe Space, sondern ein intensiver Trip durch die Tiefen innerer Zustände, aufgefächert in Taktwechseln, Schrei-Passagen und pointierten Breakdowns – aber auch etlichen schönen, wiedererkennbaren Momenten.
(Equal Vision)