Für ein Debüt wie „There Are More Of Us, Always“ drängen sich Adjektive wie gefühlsecht, unvermittelt und jäh geradezu auf. Wer sich intensiver mit dieser Platte beschäftigt, wird genau solche Eindrücke gewinnen. Denn JAGGED CITY gelingt es, Emotionen unmittelbar und ohne Umwege hörbar zu machen. Dass die Band den Großteil der Songs innerhalb von nur zwei Tagen live eingespielt hat, ist dabei von entscheidender Bedeutung: Die Aufnahmen tragen eine spürbare Unmittelbarkeit in sich, die sich in der Situativität und Spontaneität der rein instrumentalen Stücke niederschlägt. Das Projekt von Gitarrist Jake Woodruff (Defeater) und Bassist Carlos Torres (ehemaliges Tour-Mitglied von Explosions In The Sky) entwickelt von Beginn an ein eigenes, unverwechselbares Eigenleben. Es fordert Aufmerksamkeit ein, ohne sich aufzudrängen, und entfaltet eine Sogwirkung, die den Hörer unweigerlich hineinzieht. Unterstützt werden die beiden von Schlagzeuger und Produzent Urian Hackney sowie von Gast-Gitarrist Takaakira Goto, dessen Beiträge die finale Dramaturgie des Albums entscheidend bereichern. Gemeinsam lassen sie sich auf ein assoziatives Spiel mit Emotionen und spontanen Einfällen ein – ein Prozess, der die Musik zugleich roh und lebendig wirken lässt. JAGGED CITY verstehen es meisterhaft, ihre Hörer zunächst in Sicherheit zu wiegen: Melodische Linien und atmosphärische Flächen bauen eine fragile Ruhe auf, die fast meditativ wirkt. Doch diese Ruhe ist trügerisch. Denn plötzlich bricht das dichte Chaos eruptiv, ungestüm und kompromisslos über einen herein. Gerade dieser Kontrast zwischen anmutiger Schönheit und harscher Erdung macht den Reiz des Albums aus. „There Are More Of Us, Always“ lebt von solchen Spannungsmomenten, die sich wie Wellen auftürmen und wieder zurückziehen, um neue Energie freizusetzen. Die Platte ist dabei nicht nur ein Beispiel für gelungenen instrumentalen Post-Rock, sondern erweitert das Genre um eine gewisse Noise-Kante. Die Musik bleibt nie statisch, sondern bewegt sich zwischen Weite und Verdichtung, zwischen fragiler Melodie und massiver Klangwand. Jeder Song wirkt wie ein Kapitel in einer größeren Erzählung, die ohne Worte auskommt und dennoch eine klare Botschaft vermittelt: Intensität entsteht aus Ehrlichkeit, und Tiefe aus dem Mut zur Spontaneität.
(Pelagic)
