Für die Veröffentlichung eines Albums gibt es bessere Zeiten als während der aktuellen Corona-Epidemie mit den einhergehenden Restriktionen. Die Modern-Metaller von BLEED FROM WITHIN sehen aber genau darin eine Chance und halten bezüglich „Fracture“ bewusst an ihren Plänen fest. Eine Verschiebung des Veröffentlichungstermins kommt für sie nicht infrage.
„Solche Überlegungen haben für uns überhaupt keine Rolle gespielt“, erzählt Schlagzeuger Ali Richardson. „Freunde aus anderen Bands haben ihre Alben teilweise geschoben. Inzwischen scheint es die halbe Branche zu tun. Wir haben mit unserem Label Century Media Kontakt aufgenommen und gefragt, ob sie so etwas von uns erwarten oder mit uns planen. Es ist ja bekannt, dass sie zu Sony gehören und Geld verdienen wollen. Als Band wollten wir es jedenfalls nicht. Die erste Single ist bereits im November 2019 erschienen und seither arbeiten wir einen klaren Plan ab, der die Veröffentlichung vorbereitet. Dieses Momentum wollen wir am Laufen halten und nutzen. Die wirklich guten Streaming-Zahlen der neuen Tracks bestärken uns in unserer Überzeugung, so dass wir wie geplant weitermachen. Natürlich gibt es nach wie vor Leute, die in einen Laden gehen wollen, um eine CD zu kaufen, doch der physische Markt ist längst nicht mehr so wichtig wie die Anzahl an Streams. Für uns ist es ganz klar, dass es wichtig ist, beständig neue Musik zu veröffentlichen und das so schnell wie möglich. Dazu kommt, dass die neuen Songs derzeit alles sind, was wir noch haben. Auf absehbare Zeit wird es keine Konzerte und Touren geben. Für Künstler ist das mental schwierig zu verdauen. Und vielleicht helfen unsere Songs ja anderen, mit der Situation umzugehen oder sich abzulenken. In Zusammenhang mit „Fracture“ haben wir noch einige Ideen, die wir umsetzen wollen.“
BLEED FROM WITHIN sind eine Band, die gemeinhin viel unterwegs ist. Mit den veränderten Rahmenbedingungen haben sie sich dennoch schnell arrangiert: „Es stimmt, in den letzten zwei Jahren haben wir viel getourt“, bestätigt Ali. „Eigentlich sollte es mit der Album-Veröffentlichung genauso weitergehen. Dass die großen Festivals ausfallen, ist wirklich traurig. Von den geplanten Touren ganz zu schweigen. Da wir unverhofft viel Zeit gewonnen haben, werden wir sicherlich neue Songs schreiben, den Online-Kontakt mit unseren Fans intensivieren und Streaming-Events angehen. Dieses Jahr wird es voraussichtlich alles darum drehen, im Gespräch zu bleiben und neuen Online-Content anzubieten. In Zusammenarbeit mit unserer Tour-Agentur werden wir ausloten, wann es wieder auf die Straße gehen kann. Derzeit sammeln wir noch Ideen, doch es gibt Künstler, die schlimmer dran sind als wir. Natürlich ist die Situation auch für uns bedrückend, doch wir richten unseren Blick erwartungsvoll auf 2021.“ Die Schotten profitieren davon, dass BLEED FROM WITHIN nicht Beruf ist, sondern Herzensangelegenheit ist:
„In der jetzigen Lage ist es von Vorteil, dass die Band unser zeitintensives Hobby ist, wir von ihr aber nicht unseren Lebensunterhalt bestreiten“, stimmt der Schlagzeuger zu. „Wir alle haben reguläre Jobs. Einige von uns sind im Bereich digitaler Medien und Animation tätig. Sie sind unter anderem auch für unsere Posts verantwortlich, die wir so alle selbst konzipieren und umsetzen können. Ich selbst arbeite für ein Merchandise-Unternehmen und kümmere mich um das Management unserer Band. Unser Gitarrist Steven arbeitet als Musik-Produzent und nimmt andere Gruppen auf. Seine dadurch erworbenen Erfahrungen helfen am Ende auch BLEED FROM WITHIN. Es ist ein offenes Geheimnis, dass man es als Metal-Musiker schwer hat, Geld zu verdienen – zumindest auf unserem Level. Wäre die Ausgangslage für uns anders, würde ich die Dinge nicht so entspannt sehen und mir ungleich größere Sorgen machen. Das ändert aber nichts daran, dass uns die Band sehr wichtig ist und wir einen klaren Plan haben, was wir erreichen wollen. Es ist toll, dass die Fans in dieser auch für sie schwierigen Situation zu uns halten und uns unterstützen. Ein wenig scheint es mir so, dass die Leute das Geld, das sie nicht wie sonst in Clubs, für Sport und anderen Konsum ausgeben können, in Kunst investieren. Weil sie nicht auf Shows gehen, kaufen sie Merchandise und Musik. Die Vorbestellungen für „Fracture“ laufen wirklich gut. Dafür sind wir sehr dankbar, denn es ist nicht selbstverständlich. Das schafft ein noch größeres Gemeinschaftsgefühl und freut uns.“
BLEED FROM WITHIN haben ihren Bekanntheitskreis und Aktionsradius seit 2005 sukzessive und beständig erweitert: „Die Band begleitet uns schon eine lange Zeit“, äußert Ali. „Wie viele Jahre es wirklich sind, spielt für uns keine Rolle, solange sich alles richtig anfühlt. Die Anzahl an Jahren erinnert mich nur daran, wie alt ich geworden bin. Wir haben uns als Persönlichkeiten, aber auch musikalisch als Band, verändert. Sehr deutlich sogar. Anfangs wurden wir noch dem Deathcore zugeschlagen, obschon wir selbst es so nie gesehen haben. Mit zunehmendem Alter wurden unsere Songs dann immer grooviger und breiter ausgerichtet. Vergleicht man unser erstes mit dem neuen Album, könnte man den Eindruck gewinnen, dass sie von zwei völlig unterschiedlichen Bands stammen. Wir haben einen weiten Weg zurückgelegt. Das, was man als aktuellste Entwicklungsstufe auf „Fracture“ hört, prägt uns seit fünf oder sechs Jahren. Damals haben wir unseren eigenen Sound gefunden und entwickeln ihn seither bewusst weiter.
Was mir im Rückblick auffällt: zu Beginn unseres Weges gab es eine überschaubare Szene, die man kannte und über Konzerte und Touren erreicht hat. Dann hat sich vieles ins Digitale und eine permanente Verfügbarkeit und Präsenz verlagert. Davon haben wir enorm profitiert, weil wir die Möglichkeiten schnell erkannt und für uns genutzt haben. Glücklicherweise fiel das in etwa mit dem Zeitpunkt zusammen, als sich unser Sound so richtig herausgebildet hat. Heute ist es so leicht, viele Leute über die diversen Social Media-Kanäle zu erreichen. Wir haben viel Spaß daran, sie alle zu bespielen. Das klappt natürlich nur, wenn die Qualität stimmt und man den Leuten etwas Attraktives anzubieten hat.“ Bei BLEED FROM WITHIN ist dem so.