DESPISED ICON

Die neue Platte der Kanadier bietet all das, was man von einem guten Deathcore-Werk erwartet: rasende Blastbeats, Tech-Death-Parts sowie Breakdowns und Mosh. Als Bonus weist „Purgatory“ auch die lockere Attitüde auf, die das Spiel von DESPISED ICON jenseits der bissigen Härte und technischen Orientierung von jeher auszeichnet.

„Um ehrlich zu sein, ist es keine gute Idee, die Alben beider Bands so kurz nacheinander heraus zu bringen“, entgegnet Frontmann Alex Erian darauf angesprochen, dass er derzeit zwei Releases zu promoten und zu betouren hat – vom vorgelagerten Kreativprozess ganz zu schweigen. „Die neue Obey The Brave hätte eigentlich schon einige Monate früher erscheinen sollen, was nicht geklappt hat. Zwischen beiden Veröffentlichungen liegen jetzt nur vier-fünf Monate, was die Dinge für mich hektisch werden lässt. Es ist ja nicht nur so, dass ich Songs für beide Bands schreibe und aufnehme. Darüber hinaus bin ich auch der Manager beider Gruppen, so dass es für mich wirklich hoch her geht. Derzeit gibt es weder 9-to-5 noch freie Wochenenden. Gefühlt bin ich seit einem halben Jahr jeden Tag mit beiden Alben beschäftigt. Das Ende ist vorerst nicht in Sicht, doch der beschwerliche Teil der Arbeit liegt hinter mir, so dass ich mich auf das Touren freuen kann. Es geht mir ja vor allem darum, die Songs live zu spielen. Dafür brenne ich. Am Ende des Tages ist die Musik das Wichtigste. Ich bin ein Künstler, der sich kreativ ausleben möchte. All die Management-Tätigkeiten sind nur Mittel zum Zweck, die es mir ermöglichen, auf Tour gehen zu können und das zu tun, was ich liebe. Beschäftigt zu sein, ist außerdem weitaus erfüllender, als nichts zu tun zu haben. Ich kann mich nicht beschweren und freue mich über die Arbeit.“

Der Shouter ist bei allem, was er tut, mit Leidenschaft dabei: „Sowohl die neue Obey The Brave als auch die DESPISED ICON gefallen mir sehr“, so Alex. „Was das bisherige Feedback vor allem bezüglich Obey The Brave anbelangt, bin ich sehr zufrieden. Wir werden im November mit Lionheart, Deez Nuts und Kublai Khan in Europa unterwegs sein, was sicherlich toll wird. Was DESPISED ICON anbelangt, steht dann in einigen Wochen eine US-Tour auf dem Plan, was ebenfalls aufregend ist. Wir sind eine Teilzeit-Band und spielen pro Jahr maximal drei Wochen Shows. Letztes Jahr gab es eine Headline-Tour in Europa. Dieses Jahr ist wieder Nordamerika dran.“ Für den Shouter ergänzen sich seine Band-Beteiligungen gut:

„Als sich DESPISED ICON im Dezember 2010 auflösten, habe ich zunächst mit dem Gedanken gespielt, es meinen Band-Kollegen gleich zu tun, mir einen Job zu suchen und eine Familie zu gründen“, erinnert sich Alex. „Nach einigen Monaten in dieser neuen Routine habe ich allerdings festgestellt, dass mir diese Situation nicht wie gedacht zugesagt und mir die Musik fehlt. Deshalb habe ich Obey The Brave gestartet und bin mit ihnen eine Zeit lang getourt. Irgendwann sind die anderen von DESPISED ICON dann nostalgisch geworden, haben sich in ihren neuen Leben Freiraum für Musik geschaffen und wollten ebenfalls wieder touren. Das ist der Grund, warum heute beide Bands aktiv sind. Dass sie sich musikalisch unterscheiden, ist mir wichtig. DESPISED ICON sind Death Metal-lastig, Obey The Brave ist MetalCore. Die beiden neuen Alben sind die Nummern zwölf und dreizehn meiner Karriere. Bands begleiten mich seit meinen Teenager-Tagen. Deshalb ist es für mich so wichtig, beständig neue Sachen auszuprobieren und als Künstler zu wachsen. Bei Obey The Brave singe ich viele Clean-Vocals. DESPISED ICON sind dazu ein herber Kontrast, sowohl was das Auftreten als auch die Musik anbelangt. Anders würde es auch keinen Sinn ergeben, denn zwei MetalCore- oder Deathcore-Gruppen bräuchte ich nicht. Mir geht es um die Variabilität. Ich verstehe mich weder als Metal-Head, noch als Hardcore-Kid. Ich mag alle Arten guter Musik, ganz unabhängig vom Genre.“

DESPISED ICON agieren inzwischen in jeder Hinsicht bewusst und haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt: „Wir haben uns im Dezember 2010 aufgelöst, weil wir zu lange ohne Pause getourt sind und ausgebrannt waren. Zudem war uns die Magie abhandengekommen. Wir waren Ende 20 bzw. Anfang 30 und hatten das Gefühl, das „wirkliche Leben“ kennen lernen zu wollen – also außerhalb der Musik. Seit den Reuinion-Shows 2014 spielen wir um die 20 bis 30 Shows pro Jahr. Das lässt jeden einzelnen Auftritt einzigartig werden. Wir haben wieder Spaß, jammen und verbringen Zeit zusammen. Vor dem Bruch haben wir uns zwischen den Touren nicht gesehen, nicht geprobt und nichts gemeinsam unternommen. Heute sind es nicht nur die Musik und DESPISED ICON, sondern ist es wieder eine tiefe Freundschaft. Daraus ziehen wir unsere Motivation. Das macht es so aufregend. Als Teilzeit-Band all diese Möglichkeiten geboten zu bekommen, ist toll.“

Das sechste Album der Kanadier untermauert das Gesagte, zeugt von Spaß und Motivation: „Wir sind in unseren späten 30er oder frühen 40er Jahren“, lacht Alex. „Man könnte erwarten, dass wir nachlassen und ruhiger werden, doch das ist nicht der Fall. Es ist das Gegenteil. „Purgatory“ ist unsere härteste, düsterste und vielschichtigste Platte. Wie haben noch nie so viel Zeit in das Songwriting und das Aufnahmen gesteckt und unglaublich viel geprobt, bevor wir ins Studio gegangen sind. Die Qualität des Albums profitiert davon. „Beast“ ist entstanden, nachdem wir unsere Rückkehr verkündet hatten. Die Songs waren roh, reduziert und standen in der Tradition unserer frühen Death Metal-Platten. „Purgatory“ ist nun deutlich variabler und berücksichtigt alle Phasen unserer Karriere.“

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