Die Musikalität von ASHENSPIRE ist reizvoll und anders. Ihr Zweitwerk „Hostile Architecture“ als Avantgarde-(Black-)Metal-Jazz zu beschreiben, stellt lediglich eine Annäherung an die freigeistige, komplexe und wilde Kreativität der Schotten dar.
„Dass die Leute in unserer Musik etwas sehen, was sie anderswo noch nicht entdeckt haben, erfüllt mich mit Demut“, äußert Alasdair Dunn (Gesang und Schlagzeug). „Als Künstler ist man sich dessen bewusst, dass jede Musik von irgendwoher kommt und ein Produkt ihrer Umgebung ist. Ich fühle mich sicher nicht wie ein Visionär, aber ich nehme das Anderssein in Kauf und mag den Gedanken, dass wir wie wir selbst klingen. Was mir auffällt, ist, dass viele Leute, die „Hostile Architecture“ entdecken, noch nie etwas Ähnliches gehört haben, aber viele von ihnen sofort erkennen, aus welcher Geisteshaltung die Musik stammt. ASHENSPIRE ist explizit ein Produkt seiner Umgebung. Die gesamte Musik, die ich für das neue Album geschrieben habe, ist in irgendeiner Weise mit den Städten verbunden, in denen ich hier in Schottland gelebt habe, und mit den Gefühlen, die sie in mir auslösen. Manchmal geht es dabei buchstäblich um den Beton, der die Städte ausmacht. Manchmal um ihre ideologische oder sozioökonomische Struktur. Und manchmal um die Menschen und die Person, die ich als Teil von ihnen geworden bin. Der Prozess des Musikmachens besteht lediglich darin, etwas davon miteinander zu teilen und das dann an die Hörer zu kommunizieren.“
Das siebenköpfige Ensemble kritisiert den Zustand der modernen Industriegesellschaft, indem es aus architektonischen Strömungen oder Sünden ableitet, was gesellschaftlich schiefläuft. Jenseits des experimentellen, sprunghaften Vorgehens von ASHENSPIRE ist da aber noch mehr: „,How The Mighty Have Vision‘ und ,Palmipsest‘ sind offensichtlich seltsame Stücke, die mit der typischen Klangpalette nicht nur des Metal im Allgemeinen, sondern auch des restlichen Albums brechen“, führt der Schlagzeuger und Sänger aus. „Die größte Grenzüberschreitung stellt für uns aber ,Plattenbau Persephone Praxis‘ dar, auch wenn die Leute das vielleicht nicht sofort erkennen. Seine Haupteinflüsse kommen aus dem Underground-Hip-Hop und Trip-Hop. Kompositorisch ist es extrem einfach und besteht eigentlich nur aus zwei Ideen. Ich nehme an, dass eine der wichtigsten Grenzen, die wir für diese Art von Musik überschritten haben, die ideologische ist. Unsere anarchistische Politik ist das Fundament, auf dem unsere Kunst aufgebaut ist. Ich würde es gerne sehen, dass mehr Bands im extremen Metal radikale Musik mit einer befreienden Botschaft machen. Für die Zukunft bin ich sehr daran interessiert, die Welt der analogen Aufnahmen und elektroakustischen Komposition zu erforschen, um zu sehen, wie die dort erlernten Fähigkeiten mit den Ideen, die ich für unser drittes Album habe, in Einklang gebracht werden können.“
ASHENSPIRE bietet dem Schotten die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen und seine Grenzen auszutesten: „Ich hatte noch nie das Bedürfnis, den technischen oder experimentellen Charakter der Musik um der Zugänglichkeit willen abzuschwächen“, stellt Alasdair klar. „Ich schreibe die Musik, die zu meinen Gefühlen passt. Wenn ich das nicht tun würde, wäre die Verbindung, die die Leute aufbauen, weniger bedeutsam. Musik ist für mich kein Sport. Ich versuche nicht, irgendwelche technischen oder experimentellen Rekorde zu brechen. Ganz im Gegenteil. Ich habe nicht das Know-how, die Fähigkeiten oder die Ressourcen, um es in dieser Hinsicht mit einer Band wie Imperial Triumphant aufzunehmen. Die Herausforderung besteht für mich darin, den Ausdruck so wahrheitsgetreu wie möglich zu gestalten, und das, was die Musik aussagt, so effektiv und deutlich wie möglich zu vermitteln. Das ist nur möglich, wenn man sich an die Grenzen der Musik, die die Leute zu hören gewohnt sind, herantraut und darüber hinausgeht. Nach dem, was ich bisher gehört habe, ist das eine Reise, auf die sich viele einlassen können.“
Im schlimmsten Fall als nerdiger Krach abgetan zu werden, ängstigt den Schlagzeuger und Sänger nicht: „Für mich haben selbst reine Rückkopplungen und Lärm einen Platz in der Kunst. Ich hoffe, dass Leute, die Musik als „abartigen Lärm“ bezeichnen, ihr Herz und ihre Ohren für eine vielfältigere Palette an klanglichem Ausdruck öffnen können. In unserer Musik geht es, wie in jeder guten Musik, darum, etwas auszudrücken, was man tief in sich empfindet, und zwar auf eine Art und Weise, die man nur durch Klang ausdrücken kann. Wenn Musik oder Kunst im Allgemeinen etwas in einem auslöst, selbst wenn es sich um ein unangenehmes Gefühl handelt, dann hat die Musik etwas richtig gemacht. Dann hat sie den Prozess der Verbindung mit dem Hörer in Gang gesetzt und seinen inneren Dialog angeregt. Meine Hoffnung ist, dass der Hörer, der offen ist für das, was das Album aussagt – nicht nur in Bezug auf den textlichen Inhalt, sondern auch auf das, was es emotional aussagt – in der Lage sein wird, eine tiefe Verbindung zu ihm aufzubauen. Unabhängig davon, was er musikalisch gewohnt ist. Wenn jemand an der Platte abprallt, werde ich ihm das nicht übelnehmen.“