AZURE EMOTE

Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht. So, oder so ähnlich, dürfte die Arbeitsmaxime von AZURE EMOTE lauten. Die US-Gruppe bezeichnet ihr Schaffen selbst als misanthropischen Avantgarde Death Metal, und das kommt tatsächlich gut hin. Hörer müssen hier stets auf das Unerwartete gefasst sein. Der dritte Longplayer der Band heißt „The Third Perspective“.

„Es ist mir bewusst, dass es manchmal schwer ist, Leute in der Metal-Szene, die nur bestimmte Genres mögen, anzusprechen oder zufrieden zu stellen“, äußert Kreativkopf Mike Hrubovcak (auch Vile, Monstrosity, Hypoxia und Divine Rapture). „Ich selbst bin ein Liebhaber aller Arten von Metal und auch von Nicht-Metal-Sachen, solange es dunkel und spannend zugeht. In erster Linie mag ich Black, Death und Doom Metal. Mit all meinen Bands habe ich aber schon so lange Death Metal praktiziert, dass ich als Künstler ein weiteres Ventil brauche, mit dem ich ohne Genre-Beschränkungen verrückte Dinge tun kann. Das sind AZURE EMOTE. Ich schreibe diese Musik nicht mit dem Ziel, jemandem zu gefallen. 2003 habe ich damit einfach nur zu meinem Vergnügen angefangen.“

Das vielschichtige, komplexe und sich permanent verändernde Album klingt weniger nach Spaß, als vielmehr nach harter Arbeit und Konzentration: „Für die meisten Leute wird das, was ich mache, sehr eigenartig und verwirrend sein“, entgegnet der Sänger und Multi-Instrumentalist. „Dessen bin ich mir bewusst. Doch ich selbst höre nun einmal viele seltsame Underground-Bands, die vielleicht nicht so extrem wir AZURE EMOTE klingen, aber mit einer eigenen Richtung und Brillanz jeweils auffallen. Ich lasse mich von all dem beeinflussen, was ich in irgendeinem Genre spannend finde, sei es nun Metal oder nicht. Wenn ich Songs schreibe, denke ich nicht an eine bestimmte Richtung, sondern setze meine Instinkte um, bis es für mich cool klingt. Wenn es den Leuten gefällt, ist das schön. Wenn nicht, ist das aber auch okay. Ich werde es trotzdem weiterhin tun, so oder so.“

Die übersprudelnden Einfälle von Mike Hrubovcak versprechen ungewöhnliche Eindrücke, bedingen aber zwingend Aufgeschlossenheit: „Es würde mich freuen, wenn meine Songs die Leute dazu inspirieren, selbst etwas Neues auszuprobieren“, meint der Musiker. „Ich bin ja ebenfalls von anderen Künstlern inspiriert. Als ich als Kind zum ersten Mal Violine, Saxophon und Opern gehört habe, war das für mich jeweils prägend. Es gibt so viel tolle Musik und noch mehr Instrumente, die man nutzen kann. Es wäre doch schade, für andere Elemente nicht offen zu sein. Außerdem glaube ich, dass es in mir mehr als nur ein bisschen rebellisch ist. Seit meiner Kindheit bin ich gegen den Mainstream. Im Metal geht es ja gerade darum, rebellisch zu sein. Warum sollte das also nicht auch für ihn selbst gelten? Besonders heutzutage, wo die Szene von so vielen Bands überflutet wird, die alle gleich klingen. Man wird alt, wenn man die gleichen Muster immer nur wiederholt.“

Aus diesem Grund geht es bei ihm selbst ungemein sprunghaft und situativ zu: „Die meisten Leute mögen dieses oder jenes Lied oder diesen oder jenen Teil, aber sie haben Mühe, die ganze Stimmung zu verstehen“, weiß Mike. „Vor allem deshalb, weil jedes Album und jeder Song so unterschiedlich ist. Hört man nur ein Lied oder Album, weiß man noch lange nicht, wie AZURE EMOTE wirklich klingen. Das eine Stück kann auf Industrial-Noise basieren, das nächste nach Gothic Metal klingen und das darauffolgende könnte Trance, Psychedelic oder einfach nur extrem sein. Bei all der Ungeduld der Leute heutzutage, die Lieder auf Shuffle streamen, kommt kaum jemand mehr dazu, ein ganzes Album vom Anfang bis zum Ende zu entdecken, wie es früher der Fall gewesen ist. Die Chancen stehen also gut, dass jemand ein Lied von AZURE EMOTE auf spotify oder so hört, es nicht mag und sich etwas anderes sucht. Vielleicht hätte er sich aber genau in das nächste Stück verliebt. Dann hat er das Handtuch zu früh geworfen, anstatt die ganze Stimmung auf sich wirken zu lassen. Es ist nun einmal kein Projekt, beim dem alle Lieder auch nur annähernd ähnlich klingen.“

Das Drittwerk ist natürlich wieder ein Konzept: „Diesmal habe ich aber nur sechs Lieder geschrieben, damit ich mich besser auf jedes einzelne von ihnen konzentrieren konnte und weniger hektisch arbeiten musste. Die Zahl sechs geht zudem damit einher, dass das Thema eines der Stücke auf den sich wiederholenden Zahlen drei, sechs und neun in Bezug auf die Hypothese des mathematischen Universums und Nikola Teslas „Schlüssel zum Universum“ basiert. Im Grunde besteht das Konzept des Albums darin, das Leben, seine Ursprünge und die allgemeine Bedeutung von allem in einem neuen Licht zu betrachten. Anders, als man es instinktiv tun würde, wenn man all die gelernten Denk- und Deutungsmuster anwendet. Wissen die Ameisen auf der Erde eigentlich, was außerhalb ihrer Blase vor sich geht? So in dieser Richtung, denn mit den Menschen verhält es sich sehr ähnlich. Was wäre, wenn wir aus dem Universum oder sogar aus dieser Dimension herausgehen und gleichzeitig nach innen und außen schauen könnten?  Was, wenn all unsere Sorgen, Probleme und endgültigen Meinungen verschmelzen und wir mit einer verwirrenden Wahrheit zurückbleiben würden? Die Dualität von Licht und Dunkel, Recht und Unrecht, links und rechts, Gut und Böse, Gott oder kein Gott, usw. ist ein enger Bereich des Denkens, der mir oft weit entfernt von dem scheint, was wirklich vor sich geht. Tretet aus der vielbeschworenen Box heraus und betrachtet die Dinge aus einem anderen Blickwinkel – „The Third Perspective“.“

www.azureemote.bandcamp.com