Die Songs entwickeln sich freigeistig und situativ. Keine zwei klingen auch nur ansatzweise gleich. Die Norweger DAMOKLES brechen auf ihrem Debüt „Nights Come Alive“ eine krasse, jedoch spannende Kreativflut vom Zaun. Das Quintett aus Oslo verwehrt sich möglichen Kategorisierungsversuchen und stilistischen Grenzen. Der Basis-Sound liegt irgendwo zwischen Post-Hardcore, Post-Punk und Indie-Rock, Mathrock, Noise und Screamo.
„Alle Mitglieder der Band haben sehr unterschiedliche und vielseitige musikalische Hintergründe“, bestätigt Frontmann Gøran „Gorak“ Karlsvik das Offensichtliche. „Sie machen Indie-Rock, Hardcore-Punk, elektronische Musik, Post-Punk, Thrash-Metal, Noise-Rock oder einfach nur Lärm. Das zeigt sich und ist eine Stärke, die wir als Band haben. Unsere Songs können sich in einem Moment wie eine sanfte Liebkosung anfühlen und im nächsten wie ein Schlag ins Gesicht. Es ist nicht so, dass wir das Rad neu erfinden. Im Kern ist es eine Art Post-Punk-iger Post-Hardcore, aber wir spielen hauptsächlich einfach das, was uns gefällt und gehen dahin, wohin uns die Songs führen. Wir wollen uns nicht auf ein bestimmtes Genre festlegen und verändern uns ständig, um uns selbst herauszufordern. Auch, um uns nicht zu langweilen. Ich glaube nicht, dass wir vorhersehbar sind. Genau das ist der Punkt. Der Geist von DAMOKLES wird immer schon von dem extrem kreativen Drang angetrieben, sich ständig vorwärts zu bewegen und Material zu produzieren. Wir nehmen gerade das zweite Album auf und haben bereits Pläne für das dritte. Wir arbeiten sehr gut zusammen und verstehen uns als Freunde und Band-Kollegen bestens. Es gibt kein Ego. Jeder zieht auf seine Art und Weise die Fäden. Ständig passiert etwas. Wir fühlen uns wie eine Art Gang. Oder vielleicht wie eine Sekte.“
Dass die Norweger beim Songwriting überhaupt auf einen Nenner kommen, überrascht fast: „Jeder in der Band trägt als Songwriter auf seine Art und Weise zum Ergebnis bei – mit seinem jeweiligen Stil und Talent“, äußert Gorak. „Wir machen uns keine Gedanken über Genre-Kram. Genre-Polizisten sind die schlimmsten. Es gibt also ein Gefühl der Freiheit in der Art, wie wir Songs schreiben. Wir können in jedem Moment von The Cure zu Fugazi wechseln. Was „Nights Come Alive“ angeht, so haben sich die Songs ganz natürlich entwickelt. Wir hoffen, dass die Reihenfolge, in der sie auf dem Album erscheinen, dem Hörer das Gefühl einer Reise vermittelt – einer sehr düsteren und dystopischen.“ Der Frontmann setzt in und mit DAMOKLES das um, was ihn ohnehin umtreibt:
„Ich entdecke ständig neue Musik, auch wenn ich ein alter Hardcore-Typ bin. Doch ich höre mir alles an, von Electronica über Hip Hop bin hin zu schrägen Noise- und Indie-Sachen. Und hin und wieder höre ich etwas, das frisch und neu klingt und finde kleine Mikroszenen, in die ich einsteigen kann, oder vergangene Epochen, die ich erforschen kann. Ich bin ein sehr neugieriger und nerdiger Hörer. Aber natürlich habe ich auch meine Vorlieben. Das ist in der Regel Post-Punk aus den 1980ern oder emotionaler Hardcore-Punk à la Dischord. Das schlägt sich entsprechend in meinen musikalischen Beiträgen nieder.“ Neben aller unsteten Unberechenbarkeit bieten die Songs der Norweger aber auch einen kruden Eingängigkeitswert. In jedem Fall faszinieren sie mit Impulsivität und einem überbordenden Kreativdrang:
„Der Titel-Track von „Nights Come Alive“ dient als gutes Beispiel für die verschiedenen Sounds und Stimmungen, die wir auf dem Album durchlaufen“, meint Gorak. „Ich mag auch den Track ,Breathtaker‘ sehr gerne, denn ich habe eine Schwäche für Power-Balladen, die in Lärm ausbrechen. Ich bin sehr stolz auf das Album als Ganzes, auch wenn wir uns seitdem stark weiterentwickelt haben. Deshalb wird es auf Album Nummer zwei jede Menge Überraschungen geben. Album Nummer drei wird dann ein Nick Cave-artiges Konzept-Album über Serienmörder und die Leute sicherlich umhauen. Wir werden auch weiterhin gelegentlich Cover-Songs machen, denn das ist eine lustige Übung.“ Auf dem Debüt „Nights Come Alive“ geht es aber primär ernst zu:
„Es ist ein fast apokalyptisches Album, das die Übel der Menschheit aufzeigt und gleichzeitig persönliche Dämonen exorziert – eine totale Katharsis“, umreißt der Frontmann den Ansatz. „Stimmungsmäßig geht es drunter und drüber: Wut, Angst, Frustration, Misanthropie, Lust – eben ein hässlicher Zeitgeist der Welt, in der wir gerade leben. Die Musik-Videos zu den Singles gehen in eine ähnliche Richtung und waren für uns wichtig, um die Gesamtstimmung zu erzeugen.“ Für die Auseinandersetzung mit oder Annäherung an DAMOKLES empfiehlt der auch für die visuelle Inszenierung der Band zuständige Gorak:
„Ich würde zunächst unsere sieben Musikvideos ansehen, die wir vor dem Album veröffentlicht haben. Sie ergänzen die Atmosphäre, die wir schaffen wollten, und weisen wiederkehrende Elemente auf, die sie miteinander verbinden. Dann sollte man sich das Album als Ganzes anhören, den lyrischen Themen folgen, sich entspannen, während wir uns auf die Endzeit zubewegen, und einfach dieses schöne Gefühl von drohender und allgegenwärtiger Gefahr bekommen.“