KALANDRA

KALANDRA sind so eine Band, die man kaum beschreiben kann. Die Norweger spielen intime, wertige Musik zwischen Folk, Post-Rock, Pop und elektronischen Akzenten, wobei diese Reihung einerseits nicht erschöpfend ist und andererseits wenig hilft. „The Line“ bietet hochgradig emotionale, entrückte und ästhetisch schöne Songs, die Hörer im Innersten berühren.

„Um ehrlich zu sein, wissen nicht einmal wir, was unser Genre ist“, greift Sängerin Katrine Stenbekk den Gedanken auf. „Aber auch wir hören Referenzen aus Pop, Rock, Folk- und Weltmusik, Elektronik und Film-Musik. Manchmal spielen wir sogar mit der Erzeugung von ASMR – Autonomer Sensorischer Meridianreaktion – in unserer Musik herum. Wenn wir unsere Songs live spielen, fühlen wir uns verstanden. Das an sich ist schon eine Form der Heilung. Manchmal treffen wir nach den Shows Leute, die sich tief mit einem bestimmten Lied beschäftigt haben und auf der gleichen Wellenlänge wie wir zu sein scheinen. Sie werden unsere Musik besser beschreiben, als wir es je könnten. Das ist dann ein Moment der reinen Freude und des Staunens. Wir haben Leute sagen hören, dass wir ihnen durch ihre Depressionen geholfen haben. Kommentare wie diese lassen unsere Augen feucht werden. Es hat uns klar gemacht, dass wir nie wirklich wissen werden, wie wir auf andere Menschen wirken. Wenn wir durch das, was wir tun, Wellen im Ozean erzeugen, ist das einer der schönsten Momente des Lebens. “

Ihr positiv besetztes Anderssein hat für KALANDRA aber nicht nur Vorteile: „Es ist lustig, dass du das erwähnst, denn anfangs war das für uns eher von Nachteil“, bestätigt Katrine. „Die Festivals wollten uns nicht spielen lassen, weil sie uns nirgendwo unterbringen konnten. Wir sind trotzdem dabeigeblieben, weil wir das, was wir tun, lieben. Und weil wir hartnäckige Ziegen sind. Wir sind zuversichtlich, dass, wenn es uns gefällt, die Chance gut steht, dass ein winzig kleiner Prozentsatz der Welt da draußen dies auch tun wird.“ Dass das Debüt der Gruppe als „norwegische Alternative-Pop-Sensation“ beworben wird, ist kein Einfall der Musiker: „Wir haben entscheiden, zu glauben, dass dies wahr ist. Um ehrlich zu sein, haben keine Ahnung, wo das herkommt, aber wir nehmen es dankbar an.“ Bezüglich ihres Schaffens und ihrer Einflüsse sind KALANDRA eher jenseits des Mainstreams und von Sensationen positioniert:

„Meistens gibt es etwas in der Musik, das ein bisschen „daneben“ ist, oder etwas, das einen in der Musik überrascht“, versucht die Sängerin zu erklären. „Uns locken charmante Fehler, eine verstimmte Gitarre oder ein 1980er-Jahre-Synthesizer. In den Unvollkommenheiten liegt echte Schönheit. Wir hören eine Menge unterschiedlicher Musik und haben eine Playlist auf Spotify mit dem Titel „KALANDRA Under The Influence“, in der Interessierte verfolgen können, was wir gerade hören. Das ist alles von Eivør, Wardruna, IRAH, Anna von Hausswolff, Susanne Sundfør, TesseracT, London Grammar, Lo Moon, Pink Floyd, Kate Bush, Myrkur, Sigur Rós, Howard Shore, Trevor Morris, Radiohead, Emilie Nicolas bis Bob Moses… Ich könnte weitermachen, werde hier aber aufhören.“ So, wie sich die Norweger mit dem Schaffen anderer beschäftigen, arbeiten sie auch an ihrem musikalischen Antlitz:

„Wir haben Jahre damit verbracht, unseren Sound zu verfeinern“, verrät Katrine. „Das kann man unserer Musik anhören. Als wir anfingen, hätten wir kein Gold gewonnen, aber ich möchte, dass die Leute diesen Prozess verstehen und sehen, wie wir uns entwickelt haben und dass wir immer noch da sind. Was die dunkle Atmosphäre unserer Songs betrifft, so glaube ich, dass in unserer Musik eine Menge unbewusster Therapie stattfindet – zumindest für mich. An dieser Stelle kann ich sagen, dass in die Texte persönliche Erfahrungen einfließen, die als allgemeine Botschaften getarnt sind.“ Der konzeptionelle Schein von „The Line“ war dabei nicht intendiert: „Es war kein bewusster Plan, ein Konzept-Album zu erschaffen“, stellt die Sängerin klar. „Es war mehr eine Frage der Entdeckung. Wir wussten recht früh, welche Lieder das erste und das letzte sein würden. Bei der Entscheidungsfindung, wo wir den Rest platzieren, versuchten wir im Nachhinein, deren Bedeutung als Ganzes zu verstehen. Für uns ist das Debüt eher eine Sammlung von Liedern mit konzeptionellen Verbindungen. Folglich wurde der Titel des Albums auch erst gegen Ende festgelegt. Es fühlte sich an wie das Zusammensetzen von Teilen eines komplizierten Puzzles. Vielleicht sollte es aber genauso sein und wir haben es nur als Letzte erfahren.“

Das liegt auch daran, weil KALANDRA bis zum Schluss an ihren Stücken feilen: „Wir hören unsere Songs immer und immer wieder an und verändern sie ständig, bis wir das Gefühl haben, dass es sich lohnt, sie ein letztes Mal aufzunehmen und der Öffentlichkeit vorzuführen“, führt Katrine zum Arbeitsprozess der Band aus. „Distanz entsteht erst, wenn wir uns im Mischprozess befinden. Es ist wichtig, irgendwann zu versuchen, die Stücke objektiv anzuhören, obwohl das fast nicht möglich ist. Wir tendieren dazu, unsere Tracks zusammen mit unserem Ingenieur Tony Draper zu mischen. Normalerweise gehen wir dabei zwischen drei und fünf Überarbeitungen eines Mixes durch, bevor wir mit dem Gesamtergebnis zufrieden sind. Wenn wir uns dann entscheiden, haben wir in der Regel noch einmal zwischen ein und drei Revisionen. Das mag für andere Ton-Ingenieure seltsam klingen, und wir haben noch nicht von vielen Bands gehört, die so arbeiten, aber für uns funktioniert es so wirklich gut. Unsere Ohren sind extrem wählerisch. Nichts als das Beste ist gut genug.“

www.kalandra.no