MADDER MORTEM

Das neue Album schließt eine für die Norweger schwierige Zeit ab. Persönliche Schicksalsschläge werden mit düsteren, emotional gefärbten Songs verarbeitet. Am Ende schwingt bei MADDER MORTEM aber immer auch Zuversicht mit. „Old Eyes, New Heart“ entwickelt sich als organisch aufgesetztes Prog-Werk zwischen Doom-igen Akzenten, melodischem Death und Post-Metal.

„Seit einiger Zeit konzentrieren wir uns bewusst darauf, die Dinge nicht zu technisch oder komplex anzulegen“, bestätigt Frontfrau Agnete auf den homogenen Gesamtweindruck des neuen Albums angesprochen. „Es sei denn, wir denken, dass ein Song es wirklich braucht. Von Natur aus sind wir eher Maximalisten im Sinne von „Mehr ist mehr.“ Doch wir haben angefangen, viel bewusster zu editieren. Oftmals schadet man den Songs, wenn man sie mit Ideen vollstopft. Wir haben aber regelmäßig verrückte Ideen, vom unserem breit gefächerten Musikgeschmack ganz zu schweigen. Wir genießen Musik, die zum Zuhören anregt und nicht nur als Hintergrundgeräusch fungiert.“ Die Sängerin ist davon überzeugt, dass diese Beschreibung auf das Schaffen des Quintetts zutrifft: „Dieses Mal haben wir es geschafft, all die verschiedenen Elemente sehr gut auszubalancieren“, so Agnete. „Wir haben ein paar harte Jahre hinter uns – mit vielen Veränderungen und einer Menge persönlicher Kämpfe für viele von uns. Das kommt nun als ein geordneteres Unterfangen zum Ausdruck, ist stärker durchdacht und gut produziert. Vielleicht drückt sich darin ein Bedürfnis nach Ordnung aus. Doch das Schlüsselwort für alles, was das Songwriting von MADDER MORTEM betrifft, ist „organisch“. Als Gruppe fühlen wir uns zu etwas durch, das sich für uns richtig anfühlt. Dann versuchen wir, das Ergebnis so zu präsentieren, dass der emotionale Inhalt durch die Songs vermittelt wird.“

Das Grundgerüst der Gruppe bilden die Frontfrau und ihr Bruder, Gitarrist BP, der „Old Eyes, New Heart“ auch produziert hat. Die Geschwister verarbeiten mit einigen der neuen Stücke den Tod ihres Vaters. Ein von ihm gemaltes Bild ziert das Cover. Neben Melancholie und Trauer transportiert das achte Album der Norweger aber ebenso Hoffnung und einen positiven Ausblick: „Das Ziel für mich war schlicht, ein gutes Album abzuliefern“, sagt Agnete. „Doch natürlich sind einige dieser Songs sehr, sehr persönlich, am meisten ,Things I’ll Never Do‘, das ich am dunkelsten Punkt meines bisherigen Lebens geschrieben habe. Oder auch ,Long, Hard Road‘, das wir bei der Beerdigung unseres Vaters gespielt haben.“ MADDER MORTEM ist den Beteiligten Therapie und Katharsis zugleich: „Die Musik machen wir zuallererst für uns selbst“, bestätigt die Sängerin. „Über die Wirkung der Songs auf die Hörer denken wir nicht nach, bis das Album fertig ist oder die ersten Rückmeldungen zurückkommen. Es ist immer wieder interessant zu erfahren, wie andere unsere Songs interpretieren. Manchmal deckt es sich mit meiner Vorstellung von dem, worum es in den Stücken geht. Manchmal ist es eine ganz andere Auslegung, wodurch ich dann eine neue Perspektive auf meine eigenen Lieder erhalte.“

Das passiert zunehmend häufig, denn auch die Norweger profitieren von den modernen Rezeptionswegen von Musik: „Im Rückblick scheint es mir so, als wären wir dem Umfeld anfangs immer ein wenig voraus gewesen“, überlegt Agnete. „Heute stehen wir mehr im Einklang mit dem, was in der Welt des Metal vor sich geht. Vielleicht liegt es aber auch einfach an der breiten Zugänglichkeit, die die Streaming-Dienste mit sich gebracht haben. Ich habe den Eindruck, dass Hörer heute aufgeschlossener sind und sich weniger um Genres kümmern. Für eine Band wie die unsere ist das ein großer Vorteil. Außerdem gibt es eine stetig wachsende Prog-Szene, die sich dem Mainstream annähert. Metal ist nicht mehr nur etwas für eingefleischte Fans. Es gefällt mir, dass sich die Prog-Szene zu einer sehr vielfältigen Szene entwickelt hat, in der das einzige, was die Bands gemeinsam haben, die Bereitschaft ist, verschiedene Wege auszuprobieren. Vor Bands wie Leprous, die von Anfang an ihr eigenes Ding durchgezogen haben, besitze ich großen Respekt.

Sie haben für ihren Erfolg sehr hart gearbeitet.“ Das norwegische Quintett tut dies ebenfalls und feilt mitunter viele Jahre an seinen Einfällen: „Wir lassen uns immer von den Ideen leiten“, erzählt die Frontfrau. „Entweder von denen, die wir gerade haben, oder wir greifen etwas auf, was wir beim letzten Album oder in der Vergangenheit nicht zu Ende bringen konnten. An bestimmten Ideen arbeiten wir schon seit mehr als zehn Jahren. Das sind Fälle, bei denen wir immer noch nicht herausgefunden haben, wie man sie richtig auflöst, die wir aber nicht aufgeben wollen. Wir lassen sie dann regelmäßig eine Weile liegen, bevor wir es erneut versuchen. Irgendwann gelangen wir an einen Punkt, an dem wir verstehen, was zu tun ist, und können sie in ihre endgültige Form bringen. Die Strophe und das Hauptriff von ,Master Tongue‘ sind Beispiele dafür, ebenso wie der Refrain von ,Cold, Hard Rain‘. Unsere Herangehensweise an die Musik besteht darin, unseren Ideen zu folgen. Wir beginnen damit, das Ganze genauer zu untersuchen, bis die Songs dann anfangen, Gestalt anzunehmen.“

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