TEN56.

SEHENDEN AUGES INS RISIKO. Heftig, extrem und andersartig – so nimmt man die Tracks von TEN56. wahr. Das französische Quintett wird vom früheren BETRAYING THE MARTYRS-Frontmann Aaron Matts angeführt und durch Musiker von NOVELISTS FR, UNEVEN STRUCTURE und KADINJA komplettiert. „Downer Part 1“ wird seinem Titel vollumfänglich gerecht. Der rigorose Ansatz der Gruppe kommt ebenso hemmungs- und rücksichtslos wie widerlich und faszinierend. Was für eine Gemengelage.

In der kurzen Zeit ihres Bestehens sind TEN56. dann auch exakt dadurch aufgefallen, dass sie wagemutig und innovativ klingen: „Zunächst einmal fühle ich mich extrem geschmeichelt, dass die Leute in TEN56. all diese Dinge sehen“, entgegnet Aaron. „Doch so gerne ich auch sagen würde, dass das alles Zufall ist – wir haben viel Zeit damit verbracht, darüber nachzudenken und zu planen, wie wir die Form brechen und es aufmischen können. Es begann mit einem Tropfen hier und da, entwickelte sich dann weiter und mit jedem neuen Schritt wurde uns klar, dass wir die Grenzen weiter ausreizen können.“ Um diese Aussage einzuordnen, sollte man Folgendes wissen: „Wie die Band entstanden ist, ist eine lustige Geschichte“, holt der Frontmann aus. „Ich antwortete auf eine Instagram-Story unseres jetzigen Schlagzeugers Arnaud, der nach Leuten suchte, um eine Jazz-Band zu gründen. Ich schrieb ihm „Lass uns stattdessen „Krach“ machen.“ Das war der Anfang von TEN56. Aber die Idee, eine Band zu gründen, die meiner langjährigen Sehnsucht nach extrem harter Musik gerecht wird, hatte ich schon den größten Teil meiner musikalischen Karriere im Kopf. Die Zeit war einfach reif. Die einzige Philosophie, der wir uns verpflichtet fühlen, ist, die Messlatte so hoch wie möglich zu legen und nicht darauf zu achten, was andere um uns herumtreiben, um erfolgreich zu sein.“ Mit den Kategorien von Erfolg ist es so eine Sache. Zumal für eine Extrem-Kombo, deren Tracks durchgängig kathartisch, destruktiv und nihilistisch anmuten:

„Diese Worte fassen ziemlich gut zusammen, was wir anstreben“, freut sich Aaron. „Persönlich und textlich gesehen habe ich mich seit einiger Zeit in einer kreativen Box gefangen gefühlt – zumindest in Bezug auf meine frühere Band BETRAYING THE MARTYRS. Doch all diese Gedanken und Gefühle haben darauf gewartet, herauszukommen. Jetzt, wo ich mit TEN56. die völlige Freiheit genieße, mich auszudrücken, kann ich die tiefsten und dunkelsten Teile meines Geistes und meiner Vorstellungskraft erkunden.“ Im Ergebnis stehen Songs zwischen Industrial, NuMetal, MetalCore und Digital-Hardcore, die zunächst abstoßend klingen und die man sich willentlich erarbeiten muss: „Ich würde sagen, dass das eine sehr zutreffende Aussage ist“, stimmt der Frontmann zu. „Mit der Technologie, die wir heute haben, ist es viel zu einfach geworden, Musik zu produzieren, die man schon tausendmal gehört hat. Wir wussten, dass es ein Risiko birgt, Musik zu schreiben, die die Leute nicht auf Anhieb verstehen. Doch zu unserer Überraschung haben wir eine Community gefunden, die einen großen Appetit auf nachdenkliche und gewalttätige Musik hat. Schon jetzt fühle ich eine starke Verbindung zu denen, die sich die Zeit genommen haben, TEN56. eine Chance zu geben. Ich weiß noch, wie wir uns gefühlt haben, als wir ,Diazepam‘ als unseren ersten Song geschrieben haben. Als dann Luka Garotin als weiterer Gitarrist an Bord kam, hat er alles auf die nächste Stufe gehoben. Jedes Mal, wenn wir einen neuen Song fertigstellen, haben wir das Gefühl, dass wir etwas Besonderes geschafft haben. Was meine Beziehung zur Musik angeht, so wird jeder Track erst durch die Verflechtung von Text und Atmosphäre persönlich für mich.“

Die dunkle und klaustrophobische Atmosphäre, die von den Franzosen erzeugt wird, kommt dabei nicht von ungefähr: „Herzlichen Dank“, freut sich Aaron. „Das war definitiv einer der Hauptschwerpunkte des Projekts vom ersten Tag an. Dem Hörer das Gefühl geben, sich so unwohl wie möglich zu fühlen. Wir gehen jeden Song an, indem wir zunächst den lyrischen Inhalt definieren, bevor wir mit dem instrumentalen Prozess beginnen. So kann der ganze Track dann schön in eine dunkle und einsame Erfahrung verpackt werden.“ Die Stoßrichtung und Wirkung der ersten MCD von TEN56. sind für Aaron klar erkennbar: „Wenn ich es in einem Satz zusammenfassen soll, dann führt „Downer Part 1“ den Hörer in den dunklen Teil seines Verstandes, wo er seine abscheulichsten Gedanken versteckt. Und die haben wir alle. Wir verstecken sie, um uns innerlich nicht schmutzig zu fühlen. Doch wir wollen sie an die Oberfläche bringen und die Leute wissen lassen, dass sie nicht alleine damit sind, wenn sie ihren eigenen Verstand von Zeit zu Zeit hassen.“

Doch auch den Musikern spielt ihr Verstand Streiche: „Das ist ein Fluch, mit dem jeder Künstler zu kämpfen hat“, weiß Aaron. „Wenn ein Song fertig ist, sind wir extrem aufgeregt. Kommt dann der Zeitpunkt, ihn zu veröffentlichen, haben wir ihn so oft gehört, dass wir nicht mehr wissen, ob er gut oder totaler Mist ist. Deshalb vertrauen wir auf den Prozess und erinnern uns daran, dass der erste Eindruck zumeist der richtige ist. Das scheint bis jetzt ganz gut zu funktionieren. Hoffen wir, dass es so bleibt. Es gibt ein paar Bands, die uns das Gefühl gegeben haben, das wir unseren Hörern vermitteln wollen. Diese Acts klingen weniger nach TEN56., sondern eher nach düsteren Hip-Hop-Acts. Doch natürlich gibt es auch Heavy-Bands, die den Weg für den Sound, den wir produzieren, geebnet haben: MESHUGGAH, SWORN IN, usw. Die größte Inspiration war aber der Wunsch und das Bedürfnis, etwas anderes anzugehen als das, was vorher gemacht haben.“ Was die namentliche Klammer der gemeinsamen Aktivitäten anbelangt, hatte das Quintett zunächst aber andere Pläne: „Ein lustiger Fakt ist, dass ,Downer‘ zunächst der Name für die Band sein sollte, bis wir von der Anwältin eines Rappers mit einem ähnlichen Namen hörten und uns in letzter Minute in TEN56. umbenennen mussten. Im Nachhinein bin ich dankbar für diesen Schluckauf.“

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